Mit einem Protestmarsch zum Wasserwerk beim Vielbrunner Sportlatz haben nun mehr als 100 Bürger gegen den Bau von Windrädern in der nahen Gemarkung Felgenwald demonstriert. Sie machten damit darauf aufmerksam, dass auch dieses Projekt ein Wasserversorgungssystem gefährdet.
Von Gabriele Lermann
Mit einem Protestzug vom Michelstädter Stadtteil Vielbrunn in Richtung Felgenwald haben mehr als 100 Bürger gegen den Bau von Windrädern in dieser Gemarkung demonstriert. Foto: Gabriele Lermann
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VIELBRUNN - Mit einem Protestmarsch zum Wasserwerk beim Vielbrunner Sportlatz haben nun mehr als 100 Bürger gegen den Bau von Windrädern in der nahen Gemarkung Felgenwald demonstriert. Sie machten damit darauf aufmerksam, dass auch dieses Projekt ein Wasserversorgungssystem gefährdet.
Wie berichtet, erregt eine ähnliche Konfliktsituation am Kahlberg zwischen Mossautal und Fürth seit Monaten öffentliches Aufsehen. Analog dazu ist auch in Vielbrunn eine Klage gegen bereits erteiltes Baurecht für Windräder anhängig. Die angefochtene Genehmigung gilt für zwei Anlagen, weitere zwei sind beantragt.
In Anbetracht dessen zur Kundgebung aufgerufen hatte die Bürgerinitiative (BI) Zukunft Vielbrunn. "Verloren ist noch nichts", gab sich BI-Sprecher Hans-Joachim Büchs kämpferisch. Ausführlich erläuterte er, warum Kritiker weiterer Windräder-Bauten auf Odenwald-Höhenzügen in den Anlagen eine Gefahr fürs Trinkwasser sehen: Der Boden im Odenwald ist dergestalt beschaffen, dass in der Tiefe auf einer Humus-Deckschicht von zwei bis maximal vier Metern zerklüfteter und poröser Sandstein folgt. Da für ein Windrad fünf Meter tief ausgeschachtet werde, beeinträchtige dies nicht nur die Filterwirkung aufs Regenwasser, sondern bedrohe auch die Sandsteinschichten mit nicht absehbaren Auswirkungen. Dem Risiko von Verschmutzungen ausgesetzt werden solle damit das Trinkwasser für Vielbrunn und Würzberg, aber auch das für die Bad Königer Stadtteile Kimbach und Momart.
THEMA BRANDSCHUTZ
Die Kundgebung gegen Windräder im Vielbrunner Felgenwald hat als neues Thema den Brandschutz aufs Tapet gebracht. Pro Anlage können 2000 bis 3000 Liter Öl brennen, dazu kommen Fett- und Kühlstoffe. Ein sinnvoller Einsatz im Brandfall benötige 800 Liter pro Minute, das sei mit Tanklöschfahrzeugen nicht erreichbar., erklärte der als Feuerwehrmann tätige Hiltersklinger BI-Sprecher Michael Karb. Bislang weigerten sich die jeweiligen Projektierer, ausreichend Löschreservoirs anzulegen. Für den Kahlberg habe die Bürgerinitiative eine automatische Löschanlage für 200 000 Euro pro Windrad gefordert. Die Projektierer klagten derzeit gegen diese Auflage. Eine Übersicht zu Betrieb, Bau, Genehmigung und Planung von Windrädern findet sich im Internet beim Regierungspräsidium im Darmstadt, https://rp-darmstadt.hessen.de.
Als zusätzliche Gefahr nannte Büchs die Munitions-Altlasten im Dreieck zwischen Boxbrunn, Gönz und Vielbrunn, die vor allem den Windrad-Standort an der Einfahrt zum Sansenhof beträfen. Durch massive Aushübe könnten Fremdstoffe ins Trinkwasser gelangen. "Der Michelstädter Bürgermeister Stefan Kelbert und Landrat Frank Matiaske sehen das Ganze leider recht locker", bekundete Büchs seine Unzufriedenheit mit dem Engagement der führenden Lokal- und Kreispolitiker gegen die Bauvorbereitungen. "Wir fordern von der Stadt Michelstadt und vom Kreis, das Einzugsgebiet des Felgenwalds als Trinkwasserschutzgebiet auszuweisen. Denn wir beziehen unser Trinkwasser von hier", formulierte er seine Schlussfolgerung.
Planungsfehler von Windräder-Projektierern und Behörden gegenüber dem Gut Trinkwassers prangerte auch Michael Karb, Sprecher der BI Kahlberg in Mossautal und Fürth, an. "Trinkwasserquellen werden in den Gutachten schlicht übersehen, wir mussten ein zweites Gutachten einklagen."Die BI Kahlberg konnte einen Baustopp bis Ende Juni erwirken, wie es weiter geht, ist noch offen. "Ohne Bürgerengagement geht gar nichts, wir sollten uns mit unterstützenden Politikern zusammenschließen."
Prominente Unterstützung erhielten die Vielbrunner Demonstranten vom Heppenheimer Matthias Wilkes (CDU). Als ehemaliger Landrat des Kreises Bergstraße und früherer Vorsitzender des Unesco-Geo-Naturparks Bergstraße/Odenwald verfügt er nicht nur über politischen, sondern auch über fachlichen Hintergrund. "Ich bin sehr froh, meinen Landkreis ohne Windkraftstandort übergeben zu haben", betonte Wilkes. "Wir setzten auf den Ausbau der Wanderwege, bieten Mountainbikestrecken von rund 1000 Kilometern", zeigte der Gastsprecher die nach seiner Überzeugung richtige Nutzung der Natur auf. "Unsere Landschaft ist das kostbarste Gut unserer Region. Das dürfen wir unseren Nachkommen nicht durch Windräder zerstören."
Ein Zusammenschluss von vielen Verbündeten könne auch im Odenwaldkreis die Stärke schaffen, die eine Durchsetzung der Bevölkerungs-Interessen gegen die politische Planung ermögliche, ermutigte Wilkes. Anschließend demonstrierten die Redner, wie eine Wassernotversorgung für die Bürger aussieht. Auf ihrem Protestweg entlang der Vorrangflächen wurden die Teilnehmer von einem Sportflieger hoch über dem Wald begleitet, der mit seiner Flughöhe die Höhe der geplanten 217-Meter-Anlagen anzeigte.