Volles Haus bei der Bürgerversammlung in Michelstadts Odenwaldhalle. Foto: Hans-Dieter Schmidt
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MICHELSTADT - Den gemeinsamen Flächennutzungsplan der seinerzeit noch 15 Odenwälder Kommunen zur Windkraft hat das RP Darmstadt abgelehnt, einen gültigen Regionalplan gibt es nicht. So darf nach Baugesetz im Grundsatz jeder ein Windrad bauen, wo er will – vereinfacht formuliert. Das gilt zunächst auch für die im Würzberger Gewann Mies (allerdings Bestandteil des gemeinsamen FNP) geplanten fünf Anlagen, die Energiegenossenschaft Odenwald (EGO) und Versorger Entega errichten möchten. Beide wollen die Genehmigung im April beantragen, rechnen mit einem positiven Entscheid spätestens im Oktober; der Windpark soll im Herbst 2019 in Betrieb gehen.
Zuvor muss allerdings das Michelstädter Parlament seine Zustimmung geben, denn die Stadt ist Verpächter einer Waldparzelle als WKA-Standort. Zusammen mit etwa 30 anderen Besitzern kleiner Areale könnte sie also einen finanziellen Nutzen aus ihrem Gelände ziehen. Diese Abstimmung, ebenfalls im April, dürfte spannend werden, wie bei einer zum Thema Windpark Würzberg einberufenen Bürgerversammlung in der Odenwaldhalle deutlich wurde.
Bürgermeister Kelbert beschwört die Energiewende
Stadtverordneter Georg Walther (CDU) leitete die Versammlung, und für fachliche Stellungnahmen standen Florian Voigt (Landesenergieagentur Hessen) ebenso zur Verfügung wie Julian Schindler und Matthias Send (Entega) sowie Christian Breunig und Thomas Mergenthaler (EGO). Zunächst erläuterten sie das Projekt, für das schon Ausschreibungen laufen. Bürgermeister Stephan Kelbert betonte, seine Stadt stehe zur Energiewende, und die Windkraft sei ein Teil davon. Er bedauerte aber, dass es derzeit keine Rechtssicherheit gebe.
Volles Haus bei der Bürgerversammlung in Michelstadts Odenwaldhalle. Foto: Hans-Dieter Schmidt Foto: Hans-Dieter Schmidt
Aus Sicht der Projektierer könnten auch in der Gemarkung Mies bei Würzberg mittelfristig die Bagger für den Bau von Windkraftanlagen anrücken (Bild vom Felgenwald bei Vielbrunn). Eine Bürgerversammlung offenbarte freilich viel Kritik an dem Projekt. Foto: Joaquim Ferreira Foto: Joaquim Ferreira
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Eine recht große Gruppe von Bürgern war aus Würzberg gekommen, außerdem Mitglieder zahlreicher regionaler Initiativen gegen die Windkraftansiedlung. Schnell entwickelte sich ein reges Frage- und Antwortspiel. Dabei ging es um die Kosten eines solchen Windrades (fünf Millionen Euro), außerdem führten die Bürger den zu befürchtenden Wertverfall ihrer Immobilien ebenso an wie gesundheitliche Gefahren. Peter Geisinger von der Initiative „Vernunftkraft Odenwald“ (Hassenroth) argumentierte, die Planungen basierten auf der veralteten TA Lärm (Technische Anleitung Lärmschutz); vorgerechnet wurde auch, dass nach Fläche 350 Windkraftanlagen im Odenwald möglich seien. 59 seien fertig, 30 in Planung.
SCHALL UND OPTIK
Eine Mitarbeiterin des Tierschutzvereins informierte am Rande der Bürgerversammlung über die Befürchtung, dass sich die Infraschall-Emmissionen der geplanten Windkraftanlagen auch auf die Vierbeiner im Würzberger Tierheim negativ auswirken könnten.
Weil von vielen Stellen im Raum Erbach-Michelstadt der deutlich niedrigere HR-Sendeturm zu sehen ist, gab es spöttisches Gelächter im Publikum für den folgenden Hinweis vom Podium, dass die Windräder im Tal ja nur von wenigen Punkten aus sichtbar seien. (hds)
Bettina Magsam wohnt in Würzberg und nahm ausführlich Stellung. Sie ging auf die Vorzüge des Ortes als Wohnplatz ein, auf die gute technische Versorgung, sei es durch Verkehrs- oder Breitbandanbindung, verwies auf die Vorzüge der Natur und auf die von Kelbert häufig bestätigte Qualität des Höhendorfes.
Die Natur war auch Thema etlicher anderer Sprecher, die kritisierten, dass gerade ein Europäisches Vogelschutzgebiet als Standort herhalten soll. Dass die Windräder am Rande des Gebietes errichtet werden sollen, wie von den Verantwortlichen betont, sei nicht wahr, lautete ein Vorwurf: Die über 240 Meter hohen Anlagen sollten mitten in dem Gebiet aufgestellt werden. Offenbar kümmere es niemanden, dass dort etliche Rotmilane lebten, ein Schwarzstorchpaar nachgewiesen und auch die weitere Vogelwelt vielfältig sei.
Die Vertreter von EGO, Entega und Energieagentur hatten durchaus einen schweren Stand, mussten sich im Einzelfall sogar gegen Vorhaltungen verwahren, konnten aber nicht alle Argumente entkräften. Grund waren neben vielen Emotionen sicherlich fachlich qualifizierte Einlassungen der Projektgegner, die nicht einfach abgetan werden konnten.
Schüler des Gymnasiums beteiligten sich mit Wortmeldungen für Wind- statt Atomkraft. Auch einige Michelstädter Parlamentarier kommentierten die Diskussion, wobei eine gewisse Verunsicherung erkennbar war. Kelbert betonte in seinem Schlusswort, das Vertrauen der Stadtverordneten in übergeordnete Behörden sei beschädigt. Ein verträgliches Maß werde angestrebt. Er sehe nicht, dass die Windräder all das zerstören, was Bettina Magsam ausgeführt hatte.