Bürgerinitiative gegen Windräder bei Vielbrunn sorgt sich um Trinkwasser
Von Manfred Giebenhain
Es tut sich was in der Gemarkung Felgenwald bei den Michelstädter Stadtteilen Vielbrunn und Würzberg: Blick auf die bereits eingeschlagene Schneise von Norden her, die unweit der Zufahrtsstraße zum Sansenhof liegt; im Hintergrund der aufgeschüttete Hügel, in dessen Nähe das zweite Windrad aufgestellt werden soll. Das jüngste Windrad dreht sich nahe des Vielbrunner Weilers Bremhof. Fotos: Schiek/ Giebenhain
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VIELBRUNN/WÜRZBERG - Eine Entscheidung über die Klage der Stadt Michelstadt gegen den Bau von zwei Windrädern in der Gemarkung Felgenwald bei den Stadtteilen Vielbrunn und Würzberg steht noch aus. Während die Vorbereitungen der Projektierer voranschreiten, fordert die „Initiative Zukunft Vielbrunn“ den sofortigen Baustopp. Ihrer Ansicht nach wurde im Genehmigungsverfahren gegen Belange des Grundwasserschutzes verstoßen.
Wurde bei der Genehmigung des Windparks Felgenwald I durch das Regierungspräsidium Darmstadt (RP) vom 5. Dezember 2016 etwas Wichtiges vergessen? Hans-Joachim Büchs, einer der Sprecher der lokalen Bürgerinitiative, ist im Besitz der hydrogeologischen Stellungnahme vom 19. August 2016, die das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) mit Sitz in Wiesbaden im Auftrag des RP erstellt hat. Die Empfehlung von Inga Schlösser-Kluger fällt dort eindeutig aus: „Es ist eine Einzelfallprüfung erforderlich.“ Die HLNUG-Mitarbeiterin kommt in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der betreffende Standort auf Schutzgebietsflächen liegt und daher „als kritisch zu betrachten“ sei. Folglich sollte „eine Ausnahmegenehmigung von den Verboten der Schutzgebietsverordnung für diese Anlagen beantragt werden“. Dazu ist es aber nicht gekommen.
Nähe zu Quelle als besondere Bedrohung
Konkret wird die Nähe des Rotoren-Standorts zu jener Quelle angesprochen, welche die Haushalte von Vielbrunn und Würzberg seit mehr als zehn Jahren mit Trinkwasser versorgt. Bereits das erste der beiden Windräder liegt am Rand des kritischen Bereichs von einem Kilometer Entfernung zum Wasserwerk. Sorgen um ihre Quelle machen sich Einwohner aus beiden Ortschaften aber besonders wegen der Fließrichtung des Wassers. Nach Schlösser-Kluger ist beim Standort Felgenwald von einem „Grundwasseranstrom“ hin zur Quelle auszugehen.
SCHNEISE IM WALD KÜNDET VON ROTOREN-BAU
Bisher wurden am WKA-Standort Felgenwald I nur Bäume gefällt, was zu einer Schneise im Wald auf einer Entfernung von etwa hundert Metern parallel zur Landesstraße 3349 zwischen dem aufgeschütteten Hügel und der Zufahrt zum Sansenhof geführt hat. Bei der ersten Genehmigung des Windparks dort, datiert mit Februar 2016, durch das Darmstädter Regierungspräsidium (RP) spielten Boden- und Wasserschutz noch keine Rolle.
In der zweiten Genehmigung von Dezember 2016, mit der die Rotorenhöhe auf 217 Meter angehoben wurde, sei wahrscheinlich auch nur auf sein Drängen hin die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium eingeschaltet worden, meint Hans-Joachim Büchs von der „Initiative Zukunft Vielbrunn“. (mg)
Dazu Büchs: „Nach intensiven Recherchen unseres eingeschalteten Geologen liegt laut alten Gutachten, die den genehmigenden Behörden eigentlich vorliegen sollten, der Tiefbrunnen Vielbrunn in einer 600 Meter breiten, Nordwest/Südost verlaufenden Störungszone, die – wenn man die damaligen Daten gen Südosten extrapoliert – wohl auch den geplanten Windräder-Standort durchquert. Somit ist der wissenschaftliche Nachweis erbracht, dass eine direkte hydrogeologische Verbindung zwischen Rotoren und Tiefbrunnen nicht ausgeschlossen werden kann, ja sogar wahrscheinlich ist.“ Sobald mit den Bauarbeiten erst einmal begonnen sein wird, wächst die Sorge um die Trinkwasserqualität im Fall einer Verunreinigung des Waldbodens. Nahrung erhielt diese Befürchtung durch den Vorfall am WKA-Standort Greiner Eck (Neckarsteinach), wo dieser Tage ein Baufahrzeug Motorenöl verloren hatte. Auf den Felgenwald übertragen, spiele die Bodenbeschaffenheit eine nicht zu unterschätzende Rolle, so BI-Sprecher Hans-Joachim Büchs. Bekannt sei, dass sich in Fließrichtung des Grundwassers zur Quelle hin mehrere Störungslinien (brüchige Klüfte) im Sandsteinuntergrund befinden, die bis zu 400 Meter tief reichen. Die eindeutige Empfehlung des HLNUG, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, ziele exakt auf solche Schwachpunkte ab.
Nun will Büchs vom zuständigen RP-Sachbearbeiter wissen, weshalb die kritischen Passagen des HLNUG-Gutachtens hausintern nicht in seine Stellungnahme an die genehmigende Abteilung eingeflossen sind. Beschieden wurde eine uneingeschränkte Genehmigung mit sofortigem Vollzug. „Durch Ihr Versäumnis stehen wir jetzt vor einem großen Problem“, so Büchs. Er fordert dazu auf, besagte Einzelfallprüfung unverzüglich nachzuholen, noch bevor die obere Deckschicht des Waldbodens angetastet wird.
Bereits bei einer Rodung, worunter das Ausheben der Baumwurzeln zu verstehen ist, werde etwa drei Meter tief in den Boden eingegriffen. Werden dann die Fundamente für die Rotoren gesetzt, greifen die Baumaschinen fünf Meter und tiefer ein und stoßen dabei auf die brüchige Buntsandsteinschicht, begründet Büchs die Forderung der BI nach einem Baustopp.