Brand am Eulbacher Schloss in Michelstadt - Dach des Forsthauses steht in Flammen
Der Dachstuhl des historischen Forsthauses des Eulbacher Jagdschlosses in Michelstadt stand am Donnerstag in Flammen. Nach ersten Informationen könnte der Brand durch Renovierungsarbeiten ausgelöst worden sein. Für die Löscharbeiten musste im Einsatzgebiet die Bundesstraße 47 zeitweise gesperrt werden.
Von Sabine Richter
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MICHELSTADT - Lichterloh in Flammen steht der gesamte Dachstuhl des historischen Forsthauses hinter dem Eulbacher Jagdschloss. "Es ist ein Totalschaden", sagt der um Fassung ringende Hausherr, Eberhard Graf zu Erbach-Erbach, während er aus etwa 50 Meter Entfernung mit ansehen muss, wie an diesem Donnerstagnachmittag das Gebäude aus dem Jahr 1802 von Feuer und Löschwasser zerstört wird. Sichtlich geschockt verfolgen auch sein Sohn Konrad und weitere nahe stehende Personen die Katastrophe.
Ein beißender Geruch liegt in der Luft, grauer Qualm wabert vom Brandort weg über die Wiesen. Zum Glück ist es windstill, sodass das Jagdschloss selbst, aber auch der ausgetrocknete Wald drumherum mit dem Englischen Garten und dem Tierbestand von einem Übergreifen des Feuers verschont bleiben. "Verletzt ist niemand", sagt Kreisbrandinspektor Horst Friedrich. Nach ersten vorsichtigen Schätzungen des Polizeipräsidiums Südhessen dürfte der Schaden bei etwa zwei Millionen Euro liegen. Ein Raub der Flammen werden zudem einige historische Möbel, die in dem früher auch als Pferdestall genutzten Forsthaus abgestellt waren.
Nach ihrer Alarmierung um 13.05 Uhr haben rund hundert Einsatzkräfte zahlreicher Feuerwehren blitzschnell die Arbeit aufgenommen. "Bei unserem Eintreffen stand das Dachgeschoss schon in Flammen", sagt Friedrich. Trotz erster Löschversuche breitet sich der Brand schnell über die komplette, gerade erst restaurierte Dachfläche aus. Die Feuerwehrleute sprühen weiter von der Drehleiter aus Wasser auf die heißen Flächen: Es zischt laut, knisternd platzen rote Biberschwanz-Ziegel, aber immer wieder lodern Flammen aus der Dachluke und auf schwarzen Balken, die als verkohltes, zweistöckiges Gerippe in den blauen Himmel ragen.
Ein Raub der Flammen: das Eulbacher Jagdschloss. Foto: Ernst Schmerker
Tanklöschfahrzeuge fahren im Pendelverkehr herbei, um sauberes Wasser aus dem nahen bayrischen Dorf Boxbrunn herbeizuholen. Auch der See im Eulbacher Park ist angezapft: "Drei Kilometer Schläuche haben wir verlegt", berichtet der Erbacher Stadtbrandinspektor Jürgen Volk. Die Helfer von Feuerwehr und Polizei arbeiten konzentriert, aber keineswegs hektisch. Koordiniert wird der Einsatz vom Katastrophenschutz des Landes Hessen.
"Alle Gebäude sind weitgehend leer", sagt Eberhard Graf zu Erbach-Erbach mit Blick auf die Feuerstelle, "denn das gesamte Anwesen wird derzeit umfassend renoviert. Für das neue Jahr hatten wir mit der ganzen Familie den Umzug geplant." Die Sanierung des Forsthauses war bereits so gut wie abgeschlossen, wie die Reste des frisch gedeckten Daches, die in Teilen noch weißen Holzschindeln und die neuen Fenster erkennen lassen. Es waren die vielleicht letzten Arbeiten mit einem Gasbrenner an der Fassade des Gebäuderiegels, bei denen das Feuer ausgebrochen ist, vermutet die Polizei. Funkenflug hat wohl das Holzdach in Brand gesetzt.
Ein Raub der Flammen: das Eulbacher Jagdschloss. Foto: Ernst Schmerker
Die Feuerwehr löscht das Gebäude von allen Seiten. Foto: Ernst Schmerker
Foto: Einsatzreport Südhessen
Nur noch verkohlte Überreste sind vom Dachstuhl des ehemaligen Forsthauses am Eulbacher Schloss übrig geblieben. Foto: Einsatzreport Südhessen
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Gegen 17 Uhr meldet Jürgen Volk endlich: "Das Feuer ist aus." Aber der Einsatz geht noch weiter. "Jetzt haben Atemschutzgeräteträger die Fassade aufgemacht und schauen drinnen mit einer Wärmebildkamera, ob sie noch Glutnester finden."
Eberhard Graf zu Erbach-Erbach lässt durchblicken, dass er das Forsthaus wieder aufbauen will. Doch bevor er Genaueres sagt, will er die Untersuchungsergebnisse zu dem Brand abwarten. Immerhin zählt das nun zerstörte Forsthaus zu den ältesten Gebäudeteilen des Jagdschlosses Erbach, das 1771 auf dem Gelände des im Dreißigjährigen Krieg ausgestorbenen Dorfes Eulbach erbaut wurde. Ab 1800 richteten die Vorfahren des heutigen Grafen das inzwischen aufgestockte und ausgebaute Anwesen als gräflichen Sommersitz ein.
Für die Löscharbeiten am Donnerstagnachmittag hat die Polizei die Bundesstraße 47 im Bereich des Eulbacher Schlosses zeitweise voll gesperrt. Im Einsatz sind die Feuerwehren aus Michelstadt, Erbach, Bad König, Höchst, Lützelbach, Großheubach und Kleinheubach.
DAS JAGDSCHLOSS
Das Jagdschloss der Grafen von Erbach-Erbach ist 1771 auf dem Gebiet der Wüstung Eulbach gebaut worden, nachdem das Dorf Eulbach im Dreißigjährigen Krieg durch Brandschatzung und Pest ausgestorben war.
Zur Gesamtanlage gehören nach Auskunft der Denkmaltopografie für den Odenwaldkreis das Schloss, seine Nebengebäude samt Einfriedung, die ehemalige Hofjägerei, der Englische Garten mit dem Tierpark sowie die teilweise parkartig angeordneten umgebenden Wiesenflächen. Die Parkanlage wird von der Bundesstraße 47 durchquert.
Als erstes Gebäude ließ der damalige Graf Franz zu Erbach-Erbach 1771 ein einstöckiges, massives Jagdhaus errichten, das um 1800 in Fachwerk aufgestockt und fortan als gräflicher Sommersitz eingerichtet wurde. 1802 kamen das Forsthaus, Stallungen und ein großer Ökonomiehof mit der Hofjägerei hinzu, von dem sich Teile in dem heutigen Gasthof östlich des Schlosses erhalten haben. Graf Eberhard ließ 1846 das Jagdhaus in ein kleines Schloss mit Eckturmerkern ausbauen.