Windenergieplaner hält 70 bis 80 Rotoren für realistisch

Fragen zur Umsetzung der Energiewende besprach das Podium, zu dem die Grünen nach Michelstadt eingeladen hatten (von links): Moderator Marc Pfeiffer, Jürgen Simon, Sascha Gutzeit, Angela Dorn, Lothar Petry und Dirk Bernd.Foto: Manfred Giebenhain  Foto: Manfred Giebenhain
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Die Grünen haben eingeladen und gekommen sind mehr als 60 Personen, um die Statements der fünf Experten auf dem Podium zu hören und ihre Fragen zur Umsetzung der...

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MICHELSTADT. Die Grünen haben eingeladen und gekommen sind mehr als 60 Personen, um die Statements der fünf Experten auf dem Podium zu hören und ihre Fragen zur Umsetzung der Energiewende loszuwerden. Im Publikum saßen keineswegs nur Parteimitglieder oder Wähler der Ökopartei; so war allen von vornherein klar, dass spätestens beim Thema Windkraftanlagen im Odenwald die Meinungen auseinandergehen und die Emotionen nicht ausbleiben werden.

Moderator Marc Pfeiffer aus Ludwigshafen verstand es, störende Zwischenrufe einzugrenzen und das Mitteilungsbedürfnis aus den Reihen der Zuhörer so zu steuern, dass Fragen weder abgewürgt noch Koreferate gehalten wurden.

Die Botschaft der Veranstalter klang unmissverständlich, und für die grüne Landtagsabgeordnete Angela Dorn aus Marburg war es ein Leichtes, auf den Begrüßungsworten der beiden Kreissprecher Jonas Schönefeld und Petra Neubert (beide Michelstadt) aufzubauen. Bei der Energiewende handle es sich um ein „Menschheitsprojekt“, so Schönefeld; es blieben maximal noch 30 Jahre, um die schlimmsten Folgen der Erderwärmung zu verhindern. Für Dorn stand damit außer Frage, dass in Südhessen der Odenwald mit drei Prozent der Fläche einen höheren Beitrag am Ausbau der Windkraft zu tragen habe als die weniger geeigneten Ballungsräume. Rasch mündete die Diskussion in der Frage, wie viele Rotoren für Mensch und Natur verträglich sind.

Regionalplanung zum zweiten Mal offengelegt

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„500 bis 600 Anlagen sind bar jeder Realität“, bemühte sich der Windenergieplaner und Geschäftsführer der Heppenheimer 3P Energieplan GmbH, Jürgen Simon, um eine Versachlichung der Regionalplanung, die gerade in die zweite Offenlage gegangen ist. Damit wies er die in dieser Zeitung vom früheren Odenwälder Landrat Horst Schnur bekannt gewordene Zahl als völlig übertrieben zurück (Interview vom 22. April „Eine Achse ohne Windräder“). Wie viele Rotoren einmal wirklich in den Wäldern des Odenwaldkreises ihren Beitrag zur Energiewende leisten werden – darauf wollte sich unter Hinweis auf das komplizierte Planungsrecht niemand festlegen. „70 bis 80 ist eine realistische Zahl“, so Simon.

Weder an Kreis- noch Landesgrenzen orientieren mochten sich etliche kritische Betrachter der Entwicklung, die am Beispiel der Nichtbeteiligung von Mossautal am Standort Stillfüssel oder im bayerisch-hessischen Grenzraum um Vielbrunn und Boxbrunn eine „Umzingelung“ befürchten. Rotmilan, Schwarzstorch, Mopsfledermaus oder Mäusebussard: Dirk Bernd aus Lindenfels beobachtet im Namen des Bundes für Naturschutz intensiv die Populationen seltener Tierarten und bezweifelt, dass Artenschutzbestimmungen im Genehmigungsverfahren ausreichend berücksichtigt und auferlegte Abschaltzeiten eingehalten und kontrolliert werden.

Auch Dorn bedauerte es, dass der gemeinsame Flächennutzungsplan der 15 Kreiskommunen nicht zum Zuge gekommen ist. Abgelehnt worden sei die Planung schließlich sogar wegen Mängeln beim Artenschutz.

In der Diskussion etwas zu kurz kamen die Themen Energieeffizienz und -einsparung, für die Professor Lothar Petry (Darmstadt) vom Fachgebiet Regenerative Energien an der Hochschule Darmstadt eine Lanze brach. Auch Sascha Gutzeit vom Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Wirtschaft (RKW) Hessen GmbH in Eschborn richtete den Fokus auf das Einsparpotenzial im Energieverbrauch. Er meinte, Druck aus der kontroversen Diskussion um Windkraftanlagen könnte ein gemeinsames Ziel nehmen: Jene 30 Prozent einsparen, die über Atom- und Kohlestrom erzeugt werden.