Mit einem szenischen Spiel im Michelstädter Kellereihof ist der Bienenmarkt gestartet. Bis Sonntag, 11. Juni, wird das Volksfest gefeiert.
MICHELSTADT. Mit einem guten Volksfest lassen sich selbst ernsten Zeiten ihre vergnügliche Seiten abgewinnen. In dieser Hinsicht einen Qualitätsbeweis für den Michelstädter Bienenmarkt abgeliefert haben dessen Macher, indem sie zum Festauftakt am Freitagabend ein in doppelter Hinsicht dunkles Kapitel der Stadtgeschichte in heiteres Licht rückten. Den Diebsturm nämlich umspielt nicht nur dessen frühere Funktion als Verlies mit Düsternis, sondern auch seine ungeklärte Baugeschichte. Und genau die thematisierte eine Laienspielgruppe, die geradezu für die sonnige Betrachtung eines nebulösen Sachverhalts prädestiniert war. Bespielten doch Fastnachter des Carneval-Clubs Rot-Weiß Steinbach gemeinsam mit ambitionierten Stadtbürgern nach Idee, Text und Regie des bekannten Büttenredners Udo Reubold den mit gut 250 Feierlustigen gefüllten Kellereihof.
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Dass die Michelstädter ihre Eröffnungszeremonie diesmal nicht wetterbedingt von dort in den geschlossenen Saal des Schenkenkellers verlegen musste, sondern im lichten Geviert davor feiern konnten, tat ein Übriges für die stimmungsaufhellende Wirkung der Gesamtkomposition. Ob es die Aussicht darauf war, die seltene Gäste vom Woog in den Odenwald geführt hatte, konnte während der Eröffnungsfeier zwar nicht abschließend geklärt werden. Doch gab Michelstadts Bürgermeister Stephan Kelbert bei der Begrüßung der Grünen-Spitzenpolitiker Jochen Partsch und Daniela Wagner zumindest im Hinblick auf Darmstadts Oberbürgermeister zu entsprechenden Mutmaßungen Anlass, indem er auf dessen aktuelle Probleme mit den Finanzen der Wissenschaftsstadt anspielte.
Dem zum Bienenmarkt fast schon naturgemäß strahlenden Gastgeber jedenfalls saß angesichts der günstigen Umstände der Schalk besonders im Nacken - und zwar so dick, dass er sich selbst öffentlich zur Ordnung rief: Er müsse aufpassen, dass nicht der innere Erbacher mit ihm durchgehe, bekannte der in der Kreisstadt aufgewachsene Kelbert, nachdem er dem diesjährigen Bienenmarkt-Klima das Prädikat "Wiesenmarkt-Wetter" zugeordnet hatte.
Doch zum Glück ist das frühere Konkurrenzdenken zwischen den beiden Nachbarstädten ja gegenseitiger Unterstützung mit gelegentlichen Frotzeleien gewichen, wie auch die musikalische Besetzung der Zeremonie unterstrich: Vereint doch die Marchingband "Happy Sound" nicht nur Michelstädter und Erbacher Instrumentalisten, sondern führt auch beide Städte im Namen. Wer würde da annahmen, dass der so begünstigte Bienenmarkt ob seiner Wetteranfälligkeit von den Kreisstädtern dereinst hartnäckig als Pitschefeschd (Pfützenfest) verspottet wurde. Dass "Happy Sound" einerseits eng mit dem Karneval verbunden, andererseits aber mehr als ein herkömmlicher Fanfarenzug ist, machte den Bienenmarkt-Auftakt endgültig zur beschwingten Angelegenheit. Kein Wunder, dass sich da auch die weiteren prominenten Gäste mit Landrat Frank Matiaske, der Bundestagsabgeordneten Patricia Lips, dem Kreistagsvorsitzenden Rüdiger Holschuh und Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann an der Spitze gut aufgelegt präsentierten, was dem ebenfalls angekündigte MdB Dr. Jens Zimmermann zumindest anfangs wegen einer Tieflage versagt blieb: Den Wagen des Abgeordneten hatte auf der Anfahrt ein Platter erwischt, wie Gastgeber Kelbert in einem weiteren Glanzlicht seines Anekdotenfeuerwerks preisgab, neben dem die notwendige Ernsthaftigkeit dennoch nicht verloren ging. Die etwa kam zur Geltung, als sich der Bürgermeister zweisprachig an die Gäste aus der Partnerstadt Rumilly wandte, um mit Blick auf globale und europäische Unwägbarkeiten den Wert einer festen deutsch-französischen Freundschaft zu betonen.