Jan Wilms gibt Literaturtipps in Michelstadt

Jan Wilm, der 2019 für zwei Monate in Michelstadt als Stadtschreiber lebte, versteht es, spannende und hintergründige Literatur vorzustellen. Foto: Kulturamt Michelstadt

Der ehemalige Stadtschreiber der Odenwaldstadt stellt aus Anlass der Buchmesse in der Buchhandlung Schindelhauer einige Bücher vor.

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MICHELSTADT. (kpa). Zeit für ein gutes Buch ist gut investierte Zeit. Dies trifft nicht nur in den Tagen der Frankfurter Buchmesse zu. Man sollte sich also Zeit nehmen, was sich gleich bei etlichen Titeln lohnen dürfte, die der frühere Stadtschreiber Jan Wilm (2019) auf Einladung des städtischen Kulturamts jetzt im Stadtmuseum vorgestellt hat. Nach 2021 war es die zweite Veranstaltung dieser Art, die in Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Buchhandlung Schindelhauer ausgerichtet wurde und mit rund 40 Besuchern ein Drittel mehr an Zuhörern angesprochen hat als im vergangenen Jahr, berichtet jetzt das Kulturamt.

Sehr gerne sei er nach Michelstadt zurückgekehrt, so Wilm, der nach einer kurzen Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Tobias Robischon und Frauke Schindelhauer-Kaufmann den Einstieg mit seiner Hommage an den vor zwei Jahren verstorbenen Schriftsteller Ror Wolf nahm. Die beschriebenen persönlichen Begegnungen stehen für ein wertschätzendes, freundschaftliches Verhältnis. Es gehe weit über das Erinnern hinaus, so Wilm, angetrieben habe ihn der Gedanke „Ich möchte nicht über ihn, sondern von ihm schreiben.“ Mitgebracht hat Wilm auch seinen 2019 erschienenen Roman „Winterjahr“. Vertreten ist er auch in der Sammlung „Neue Schule. Prosa für die nächste Generation“, die Leander Steinkopf herausgegeben hat. Deutlich macht er in seinem Beitrag: „Ich schreibe gegen den Tod an. Das Leben ist meine Freundin.“ Schließlich kam der Autor, Übersetzer und Literaturkritiker beim Gastland Spanien der diesjährigen Buchmesse an. Wer die neuere spanische Geschichte und Gesellschaft verstehen will, sollte die Spanien-Trilogie „Der lange Marsch“, „Der Fall von Madrid“ und „Alte Freunde“ sich nicht entgehen lassen. Ausgehend vom spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) prägte die Franco-Diktatur bis zu dessen Tod 1975 die gesellschaftlichen Verhältnisse und teilte das Land quer durch Familien in zwei Lager.

Ebenfalls neu auf dem Markt ist „Ein Mann sein“ der amerikanischen Schriftstellerin Nicole Krauss. „Wie viele Männer hält ein Frauenleben aus?“, lautet ihre provokante Frage, die zu Beginn verrät, was Frauen so alles von Männern zugemutet wird. In ihren Storys geht es um jene Momente im Leben von Frauen, in denen die Kräfte von Sex, Macht, Liebe und Gewalt kollidieren.

Wie eine junge Lehrerin der Enge und den Zwängen eines fiktiven Dorfs in der kanadischen Provinz entfliehen will, davon handelt „Eine Laune Gottes“. In ihrem zweiten von fünf Manawaka-Romanen erzählt die 1987 verstorbene kanadische Schriftstellerin Margaret Laurence eine bewegende Liebesgeschichte, die aus reinem Kalkül ihren Anfang genommen hat.

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Wer „eine zärtliche Sprache und zynischen Humor“ liebt, werde von diesem Buch begeistert sein, versprach Wilm. Andrej Kurkow ist ein in Russland geborener ukrainischer Schriftsteller, der mit „Graue Bienen“ und der Neuerscheinung „Samson und Nadjeschda“ in der Liste der Empfehlungen gleich zwei Mal vertreten ist. In seinem neuen Buch komme der absurde Humor besonders gut zur Geltung, machte Wilm Lust auf die Erzählung, die in die Zeit der Russischen Revolution von 1918 zurückreicht. Absurd deswegen: Ein abgeschlagenes Ohr, das der Protagonist in einer Blechbüchse aufbewahrt, findet im Kampf als Abhörgerät Verwendung.

Mit einem Jack-Reacher-Roman, der den Titel „Die Hyänen“ trägt, entführt Lee Child den Leser in die Welt der amerikanischen Unterwelt, in die der Hauptdarsteller unfreiwillig gerät.