Verwenden statt verschwenden

Jill Breutmann (links) und Sabrina Dingeldei begutachten die Waren, die sie von einem Supermarkt für „Share & Save“ bekommen haben. Foto: Arne Schumacher

Im Odenwald hat sich die Gruppe „Share & Save“ gegründet, die Lebensmittel verwertet und verteilt, die eigentlich im Müll gelandet wären, weil sie abgelaufen oder...

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ODENWALD. Die Kisten stapeln sich mit Paprika, Salatköpfen und losen Salatblättern, Zitronen, Schalen mit Himbeeren. Daneben eine Kühltasche mit Salatcups und geschnittenem Obst, in anderen Kisten reihen sich die Cornflakes-Packungen und Kekse aneinander. Etwa zwölf solcher Kisten stehen vor dem Haus von Jill Breutmann. Zwölf Kisten Lebensmittel, die eigentlich für die Mülltonne gedacht waren, weil ihr Inhalt das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat oder einfach nicht mehr dem Anspruch der Supermarkt-Kunden entspricht. Zwölf Kisten Lebensmittel, die Jill Breutmann und ihre Mitstreiterinnen von „Share & Save“ gerettet haben.

Seit etwas über einen Monat gibt es Share & Save im Bergsträßer Odenwald, und mittlerweile haben sich fast 40 Mitstreiter, meist Frauen, angeschlossen, um gegen die Verschwendung anzukämpfen. Das Motto: „Verwenden statt verschwenden“. „Es ist im Werden. Der Antrag ist schon beim Registeramt und dann sind wir hoffentlich bald ein eingetragener Verein“, sagt Jill Breutmann, die Gründerin von „Share & Save“.

Das Prinzip ist auf den ersten Blick einfach: Insgesamt 36 Mitglieder sammeln überschüssige Lebensmittel und andere Konsumgüter kostenlos und so gut wie täglich bei den kooperierenden Betrieben wie Supermärkten und Bäckern ein. Wieder zuhause, schicken die Abholer ein Foto ihrer „Beute“ in die jeweiligen Gruppen bei WhatsApp und ab dann können die Gruppenmitglieder bei den Abholern vorbeikommen und sich nehmen, was sie brauchen.

An diesem Abend holen Jill Breutmann und Sabrina Dingeldei Lebensmittel bei einem Supermarkt in Rimbach ab. Noch an der Laderampe sortieren die zwei Frauen die nicht mehr verwertbaren Artikel aus. Das Netz mit den Zitronen wird aufgemacht und die eine verschimmelte Frucht weggeworfen, wegen der das ganze Netz beinahe im Müll gelandet wäre. Die anderen Zitronen sind aber noch verwendbar. Auch die losen Salatblätter, die schon einen leicht braunen Rand haben, nehmen die Frauen mit. „Die kommen in eine eigene Kiste. Wir haben auch viele Abholer wie Bauern- und Gnadenhöfe oder Tierheime“, sagt Jill Breutmann. Dort werden die verwelkten Blätter zum Tierfutter. „Bei uns wird so gut wie alles verwendet und nichts weggeworfen.“

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Genau das ist der Grund, warum alle mitmachen: Der Kampf gegen die Verschwendung. „Einer alleine kommt nicht dagegen an, deshalb machen wir das als Team“, sagt Jill Breutmann. Und ist begeistert über den Zuspruch: „Das rennt, es kommen so viele dazu – sei es über Facebook oder WhatsApp-Gruppen.“ Und auch die WhatsApp-Gruppen der Mitglieder wachsen, jeweils zwischen 30 und 70 Personen etwa, je nach Wohnort werden dadurch regelmäßig informiert.

„Es ist schlimm, wenn man erfährt wie viele Tonnen Lebensmittel in Deutschland weggeworfen werden“, sagt etwa Abholerin Iris. Ihre „Share & Save“-Mitstreiterin Melanie ergänzt: „Es ist traurig, dass Ware in dem Zustand überhaupt weggeworfen wird.“ Ein Grund, warum beispielsweise Sabine sich an dieser Art von Foodsharing beteiligt ist es, um Menschen bedienen zu können, die etwa nicht zur Tafel können. Auf diese Art sollen die Lebensmittel sinnvoll verteilt werden.

„Ich bin der Meinung, dieses Mindesthaltbarkeitsdatum ist ein Thema für sich. Das ist eine Garantie für die Hersteller, das heißt aber nicht, dass es nicht mehr genießbar ist“, sagt Katharina, von Beginn an bei „Share & Save“ dabei. „Man sollte keine Scheu haben, die Sachen aufzumachen und zu gucken, ob sie noch gut sind.“ Die Läden hätten die Vorgaben, an die sie sich halten müssen. Die Leute seien so erzogen, in den Läden alles frisch zu haben und das zu jeder Zeit.

Bisher sind etwa 17 Läden auf den Abhollisten der Vereinsmitglieder, manche davon werden täglich angefahren und zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Etwa sechs bis sieben Abholungen am Tag. Und darunter sind Filialen von Supermärkten, Bäcker, ein Reformhaus, große und kleine Läden. „Es ist teilweise Knochenarbeit“, sagt Jill Breutmann. Oft sind es viele Kisten zu schleppen, für die 33 Frauen und drei Männer bei „Share & Save“.

Ein nächstes Projekt könnte ein sogenannter Verteiler-Schrank werden. Nur ein Standort fehlt noch.