Wegen gestiegener Energiepreise bezeichnet der Herbergenverband die Situation in Erbach und Breuberg als angespannt. Doch eine Preiserhöhung für die Häuser ist schwierig.
Odenwaldkreis. Verreisen ist meist kein Schnäppchen. Eine Alternative für schmalere Budgets ist da schon immer die Jugendherberge gewesen. Nicht nur für klassische Urlauber, sondern auch für Backpacker, Familien und vor allem Schulklassen. Eine heimelige Unterkunft zu erschwinglichen Preisen: Ein Konzept, das auch im Odenwald in den Herbergen Erbach und Burg Breuberg jahrelang gut funktionierte. Aber nun durch Pandemie und Energiekrise von mehreren Seiten unter Druck gerät. Ein Blick zurück:
Nach den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 haben sich die Buchungen in Erbach und Breuberg in diesem Jahr wieder fast vollständig erholt. Der Landesverband Hessen des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) ist mit den zu erwartenden Jahresergebnissen zufrieden. „Die Belegung hat sich weitestgehend normalisiert. In diesem Jahr erwarten wir in Erbach etwa 20.500, in der Burg Breuberg etwa 22.500 Übernachtungen. Das sind das rund 1000 bzw. 1500 Übernachtungen weniger als 2019, aber jeweils rund 10.000 Mehrübernachtungen als 2021“, sagt Verbandssprecher Knut Stolle. Dass Corona im kommenden Winter ähnlich verheerende Auswirkungen auf den Betrieb hat wie in den ersten beiden Pandemiejahren, davon sei nicht auszugehen. Die Jugendherbergen sind laut Angaben des Verbands kein Pandemietreiber, das Hygienekonzept mit Abstandsregeln und einer Vielzahl an Hygienespendern greife.
Große Sorgen machen den Einrichtungen dagegen die hohe Inflation und Kostensteigerungen. Denn im Gegensatz zu privaten Hotels können diese nicht ohne Weiteres durch Preissteigerungen an die Kunden weitergegeben werden. Das hängt damit zusammen, dass die Jugendherbergen als gemeinnützige Betriebe eingestuft sind und dadurch in der Preisgestaltung nicht flexibel sind. „Die Preise für die Herbergen werden zentral über den Landesverband festgeschrieben. Die Häuser müssen sich gleichzeitig aber vollständig selbst finanzieren und dürfen keine nicht zweckgebundenen Rücklagen bilden“, sagt Stolle.
Um die gestiegenen Kosten zumindest zum Teil aufzufangen, verlangen beide Herbergen momentan einen sogenannten Inflationsausgleich. Dieser ist eine Sonderzahlung auf den eigentlich festgelegten Preis und liegt bei etwa acht bis zehn Prozent. 2023 soll die Inflation dann in der neuen Preisfestlegung berücksichtigt werden.
Zeitweise Schließung nicht undenkbar
Trotz dieses Inflationsausgleichs ist ein wirtschaftlicher Betrieb vor allem auf dem Breuberg wegen hoher Heizkosten nicht gesichert. „Die Burg Breuberg wird noch mit sehr alten Nachtspeicheröfen beheizt. Wir versuchen seit 2018 über unseren Vermieter, das Land Hessen, eine Verbesserung der Heizsituation zu erreichen, bislang leider erfolglos“, sagt Knut Stolle. „Da auf dem Strommarkt für Großabnehmer aktuell teils sogar deutlich schlechtere Konditionen angeboten werden als für Privatkunden, rechnen wir im Jahr 2023 mit einer um 200.000 Euro höheren Stromrechnung.“ Könnte es also zu einer zumindest zeitweisen Schließung der Breuberger Unterkunft kommen? Das sei nicht undenkbar. „Aufgrund der allgemein sehr angespannten Situation müssen wir überlegen, ob der Betrieb unter diesen Bedingungen zu verantworten ist.“
Besonders für Menschen mit niedrigerem Einkommen wäre die Schließung einer der beiden Odenwälder Jugendherbergen ein Schlag. Denn die Mehrheit aller Übernachtungen in Erbach und Breuberg entfallen auf Schulklassen und Familien. Im Vergleich zu den Hotels in der Umgebung, die für eine Nacht inklusive Halbpension mitunter dreistellige Beträge verlangen, sind die Jugendherbergen wesentlich günstiger.
Wir versuchen, immer den niedrigstmöglichen Preis an den Gast weiterzugeben und wollen auch Familien, für die zum Beispiel Familienhotels eventuell nicht bezahlbar sind, Urlaub zu ermöglichen.
So würde beispielsweise eine 54-köpfige Reisegruppe (zwei Schulklassen, vier Lehrer) für fünf Tage Halbpension in Erbach im November 7020 Euro zuzüglich 648 Euro Inflationsausgleich, also insgesamt 7668 Euro, zahlen (Breuberg: 7668 Euro plus 648 Euro Inflationsausgleich, gesamt 8316 Euro). Pro Person ergibt sich aus diesen Zahlen ein Preis zwischen 35 und 40 Euro pro Übernachtung.
„Wir versuchen, immer den niedrigstmöglichen Preis an den Gast weiterzugeben und wollen auch Familien, für die zum Beispiel Familienhotels eventuell nicht bezahlbar sind, Urlaub zu ermöglichen“, sagt Knut Stolle. Gleichzeitig kostendeckend zu arbeiten und den Erhalt der Jugendherbergen nicht zu gefährden, sei momentan ein Drahtseilakt. Ob dieser Drahtseilakt im kommenden Jahr gelingt und beide Herbergen offen bleiben, ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar.