Erbacher Messerstecher zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt
Der 50-Jährige hatte am 1. März an der Erbacher Bushaltestelle Werner von-Siemens-Straße in einem Streit einen 57-Jährigen ein Messer in den Rücken gestoßen. Nun wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Von Marc Wickel
Symbolfoto: dpa
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
DARMSTADT/ERBACH - Dreieinhalb Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und Einweisung in eine Entziehungsanstalt: So lautete am Freitag das Urteil des Darmstädter Landgerichts gegen einen Beerfelder.
Wie berichtet, hatte der 50-Jährige am 1. März gegen 14.50 Uhr an der Erbacher Bushaltestelle Werner-von-Siemens-Straße in einem Streit einem 57-Jährigen ein Messer in den Rücken gestoßen. Beide Männer hatten über 2,2 Promille. Mit dem Urteil blieb das Gericht - das beim Angeklagten keine Tötungsabsicht sah - zwischen den Anträgen von Anklage und Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte die Attacke als versuchten Totschlag gesehen und sechs Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung war von Notwehr oder gefährlicher Körperverletzung ausgegangen und hatte auf Freispruch oder eine Bewährungsstrafe plädiert. "Wir mussten uns nur das Video anschauen, das den ganzen Tatablauf zeigt", sagte der Vorsitzende Richter Volker Wagner in der Urteilsbegründung. Das Video stammt von einer Überwachungskamera in der Parfümerie an der Bushaltestelle. "Der Angeklagte sitzt mit dem Rücken zur Parfümerie", beschrieb der Richter. "Da steht wankend der Geschädigte vor ihm." Der Angeklagte sei es irgendwann leid gewesen. "Nach 24 Sekunden stößt er den Geschädigten von der Sitzbank und fixiert ihn mit beiden Knien." Der Angeklagte - nicht vorbestraft und eigentlich eher friedlich - habe einfach nicht mehr angemacht werden wollen, so Wagner: "Dann ging der Gaul mit ihm durch und er wollte es ihm ein für alle Mal zeigen. Und dann sieht man auch die Stichbewegung." "Absurd" nannte Wagner die Erklärung des Angeklagten, dass er dem 57-Jährigen in den Hintern habe "piksen" wollen. "Er hört aber dann auch auf zu stechen", stellte Wagner fest.<
Täter und Opfer sind Erbacher Drogen- und Trinkerszene zuzuordnen
Der Angeklagte habe den Geschädigten zunächst mit der linken Hand geschlagen, dann das Messer in die andere Hand genommen, um mit der Rechten weiter zu schlagen. "Natürlich ist der Angeklagte durch den Geschädigten provoziert worden", erinnerte Wagner an den Auftritt des Geschädigten vor Gericht. Da hatte dieser erklärt, dass er den Angeklagten immer wieder aufgezogen und geärgert habe. "Aber nicht so sehr, dass man Notwehr annehmen könne", erklärte Wagner, warum die Kammer nicht der Verteidigung gefolgt war.
Der Angeklagte und sein Opfer sind der Erbacher Drogen- und Trinkerszene zuordnen. Der Angeklagte hatte noch Reste von Cannabis, Kokain und Methadon im Blut, der Geschädigte war angetrunken. Und war auch mit mehr als zwei Promille zu seiner Zeugenaussage am ersten Verhandlungstag gekommen.
"Der Angeklagte ist kein böser Mensch", sagte Wagner, sonst wäre er mit seiner Alkohol- und Drogenabhängigkeit schon vorher aufgefallen. Weil aber nicht auszuschließen sei, dass er infolge seines Hangs zu Rauschmitteln erneut so in Erscheinung tritt, muss er in eine geschlossene Entziehungsanstalt gehen und bekommt keine Bewährungsstrafe. Einer, der bis zu seinem 50. Lebensjahr so gelebt habe, sei noch nicht soweit. "Die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten ist konkret", erinnerte der Richter an den psychiatrischen Gutachter. Der Angeklagte kann, wenn seine Therapie erfolgreich verlaufen sollte, auch auf Bewährung entlassen werden.