Mit Handicap mitten im Leben

Eine Schippe zugelegt haben viele für das Ziel, im Erbacher Stadtteil Erlenbach eine Heimstätte für Behinderte mit angegliedertem Urlaubsdomizil zu schaffen. Dementsprechend stark fiel der Andrang zum ersten Spatenstich aus.Foto: Dirk Zengel  Foto: Dirk Zengel
© Foto: Dirk Zengel

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge haben am Freitag zahlreiche Anwohner sowie Vertreter von Stadt und Kreis den Auftakt zu einer Zeitenwende für den Erbacher...

Anzeige

ERLENBACH. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge haben am Freitag zahlreiche Anwohner sowie Vertreter von Stadt und Kreis den Auftakt zu einer Zeitenwende für den Erbacher Stadtteil Erlenbach gefeiert. Denn wie auch Landrat Frank Matiaske und Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann bestätigten, hätten die Bevölkerung und ihre Repräsentanten das Dorf gern weiter als jenen bedeutenden Gastronomie-Standort gesehen, der es mit dem renommierten Hotel-Restaurant „Erlenhof“ jahrzehntelang war.

Glücklich sind alle demgegenüber darüber, dass Erlenbach nach der altersbedingten Betriebsaufgabe des Wirte-Ehepaars Elle und Heinz Heilmann dank der Stiftung Nieder-Ram-städter Diakonie und des Unterstützungsvereins Christopherus eine erste Adresse bleibt – künftig mit einer Piloteinrichtung für die Integration gehandicapter Frauen und Männer.

Fertigstellung im vierten Quartal 2018

Anzeige

Gefeiert worden ist am Freitag nämlich der Spatenstich für das Projekt Erlenhof 2.0, das die Diakonie bis zum vierten Quartal 2018 fertiggestellt haben will. Die Investitionen sind auf drei Millionen Euro taxiert.

Die Besonderheit des hier angepackten Modells besteht darin, dass es für Behinderte nicht nur eine dauerhafte Heimat, sondern auch eine Möglichkeit für Ferienaufenthalte schaffen soll. Mit der Verwirklichung dieses zweiten Aspekts erfüllt sich ein zentrales Vereinsziel des Unterstützungsvereins und seiner Vorsitzenden Elke Elisabeth Mühlhäuser. Die Christopherus-Gruppe hat dafür nicht nur jahrzehntelang geackert, sondern sie unterstützt den Bau des Urlaubsanwesens innerhalb des Gesamtprojekts auch mit Übernahme von 50 Prozent der Baukosten.

Insgesamt errichtet die Nieder-Ramstädter Diakonie anstelle des im vorigen Jahr abgebrochenen Hotel-Restaurants ein Hofensemble aus vier Gebäuden. Drei davon bilden in U-Form den Trakt für dauerhaftes Wohnen und Leben, der 17 Frauen und Männern eine Heimat geben soll, der vierte ordnet sich als Ferienhaus zu.

Dieses „Sonnenscheinhaus Christophorus“ soll in zwei Geschossen bis zu zwölf Gäste aufnehmen. Es soll dabei nicht ausschließlich für Schützlinge der Nieder-Ramstädter Diakonie und Behinderte zur Verfügung stehen, sondern bei freien Kapazitäten auch als allgemeine Touristenunterkunft gebucht werden können. Die Bewirtung übernimmt die Nieder-Ramstädter Diakonie und schlägt damit eine weitere Brücke zwischen behinderten Menschen und deren Zeitgenossen ohne Handicaps. Verbunden sind Ferien- und Dauerwohntrakt barrierefrei durch einen offenen Laubengang, der Innenhof soll als Bezugs- und Treffpunkt für alle dienen. „Die zweigeschossigen Wohnhäuser werden in unterschiedlichen Wohngrößen aufgeteilt. Neben Ein-Zimmer-Apartments und Wohnungen für zwei Personen wird es auch Wohngruppen für drei bis fünf Personen geben“, beschrieb Diakonie-Vorstand Walter Diehl.

Für die Bewohner werden durchgehend drei bis vier Kräfte mit Pflege- oder Betreuungsqualifikation zur Seite stehen. Landrat Frank Matiaske gab sich optimistisch, dass in Erlenbach ein „gelungenes Beispiel für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ wachse.

Anzeige

Bürgermeister Harald Buschmann wertete das Vorhaben als Zeichen für den Willen, den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Elke Elisabeth Mühlhäuser sieht vor allem durch den zusätzlichen Freizeitwert das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung „praktisch erlebbar gemacht“, wie sie erklärte. Die Vorzüge von Konzept und baulicher Umsetzung lobte auch Pfarrer Andreas Höfeld. In den Blick rückten auch noch einmal Elle und Heinz Heilmann, für die der Abbruch ihres 60 Jahre alten und vom Bauernhof zum Hotel weiterentwickelten Betrieb einen Einschnitt bedeutete.