Kreistag geht BI-Petition gegen Windkraft ein Stück zu weit

Bewegung in die südhessischen Gremien gebracht haben die Gegner einer intensiven Bebauung des Odenwalds mit Windrädern (hier Udo Bergfeld und Vera Krug, Mitte, bei der Übergabe von 21 000 Unterschriften an Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid, rechts, in der jüngsten Regionalversammlung in Frankfurt). Die veränderte Situation ist nun aktuell im Odenwälder Kreistag erörtert worden, der sich auf ÜWG-Initiative ebenfalls kritisch positioniert hatte. Foto: Udo Bergfeld

Odenwälder Regionalparlament schließt sich der von 21 000 Menschen unterstützten und dem RP vorgelegten Eingabe gegen Windräder im Odenwald nicht an

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ERBACH. Rund 21 000 Menschen hatten sich bis Ende vergangener Woche der Petition „Rettet die Schwarzstörche! Rettet den Naturpark Odenwald!“ von regionalen Bürgerinitiativen gegen Windkraft angeschlossen; die genutzte Plattform „change.org“ nennt inzwischen sogar 22 833 Unterstützer. Seine Adressatin erreicht hat die (Un-) Willensbekundung ebenfalls schon: Vertreter der BI übergaben die Sammlung am Rande der jüngsten Sitzung der Regionalversammlung in Frankfurt an Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid.

Auch der Odenwälder Kreistag möge sich dieser Petition anschließen, heißt es in einem Antrag der ÜWG, über den das Parlament bei seiner Sitzung in Erbach nun diskutierte, aber letztlich nicht abstimmte. Die Überparteilichen, auf deren Initiative schon die jüngste Kreistags-Sondersitzung samt eigener Resolution zurückgegangen war, zogen diesen Teil ihrer Vorlage – wie bereits kurz berichtet – zurück. Zuvor hatte insbesondere die SPD signalisiert, dass sie nicht zustimmen werde.

ÜWG zieht Teil ihres Antrags zurück

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Die zentrale Begründung dafür lieferte Fraktionsvorsitzender Raoul Giebenhain: Zwar hat sich der Kreistag vergangene Woche mit breiter Mehrheit gegen die Stimmen der Grünen gegen eine übermäßige Bebauung der Region mit Windkraftanlagen ausgesprochen, wie sie aus seiner Sicht eine Realisierung des Teilplans Erneuerbare Energien (TPEE) zum Regionalplan Südhessen mit sich bringen würde. Gleichzeitig aber hat das Parlament den gemeinsamen Odenwälder Flächennutzungsplan, der die Ansiedlung von Rotoren auf bestimmte Bereiche konzentrieren und begrenzen soll, als Maßstab für den noch verkraftbaren Umfang des Windradausbaus in der Region benannt.

Konsequenterweise könne keine Petition mitgetragen werden, die einen „windkraftfreien Unesco Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald“ fordert: „Das passt nicht zu unserer Linie“, gab Giebenhain zu bedenken, auch wenn Anliegen wie die Rettung des Schwarzstorchs wichtig seien. Für die CDU betonte Harald Buschmann seine grundsätzliche Sympathie für das Ansinnen der Bürgerinitiativen, zumal auch die Christdemokraten „am liebsten keine weiteren Windräder im Kreis“ wollten. Der Realismus gebiete es aber, auf den Odenwälder FNP als „das kleinste Übel“ zu setzen. Dr. Alwin Weber (FDP) wies außerdem darauf hin, dass die BI-Resolution ja bereits übergeben und es für den Kreistag eigentlich zu spät sei, sich noch anzuschließen.

Für die Grünen stand eine Unterstützung der Vorlage ohnehin nicht zur Debatte: Für sie zielt der Ansatz, Windkraft einzuschränken oder zu verhindern, in die falsche Richtung. Daher hatten sie bereits gegen die an das Land gerichtete Resolution des Kreistags gestimmt. „Es wird keine Nulllösung geben“, betonte Horst Kowarsch nun noch einmal. Gerade erst habe der Verwaltungsgerichtshof in Kassel geurteilt, dass auch ein Naturpark-Siegel dem Bau von Windkraftanlagen nicht grundsätzlich entgegenstehe.

Die Grünen blieben denn auch einzige parlamentarische Kraft, die den ersten Teil des ÜWG-Antrags anlehnte, dem bei Enthaltung der Linken SPD, CDU, FDP und AfD zustimmten. Danach soll der Kreis seine Kommunen fachlich, organisatorisch und finanziell dabei unterstützen, ihre Planungskompetenz im Bereich Erneuerbare Energien und speziell Windkraft auszuüben.

Hintergrund: Der gemeinsame FNP hat bisher keine Gültigkeit erlangt; dem TPEE der Regionalversammlung wollen die Odenwälder bei einer unveränderten Verabschiedung mit einer Normenkontrollklage entgegentreten. Weil es bis dahin mit Einzelanträgen und Genehmigungsverfahren für Windräder weitergehen dürfte, setzen Kommunen und Kreis auf fachliche Zusammenarbeit und Koordination im Umgang mit den Bauvorhaben. Aus Sicht der Kreisverwaltung sei dieses Anliegen erfüllbar, so Landrat Frank Matiaske. Er hatte zuvor beim Einbringen des Haushalts darauf verwiesen, dass dieser dank neu erlangter finanzieller Spielräume auch wieder „politische Signale“ zulasse. Eines davon ist die Bereitstellung von 100 000 Euro, die auch für die Klage gegen den TPEE genutzt werden können.