Der wohnortnahe Mediziner ist im Odenwald keine Selbstverständlichkeit mehr. Brombachtal hat eine Praxis-Schließung bisher abwenden können. Doch nun ist eine neue Hürde zu nehmen.
BROMBACHTAL. Ein Arzt sollte zum Dorfleben dazu gehören. Doch im Odenwald wird vielerorts um den lokalen Mediziner gebangt. Denn als solcher zu überleben, wird offenbar immer schwerer. „Allein heute Morgen zwischen 8 und 12 Uhr habe ich schon 42 Patienten gesehen“, berichtet der im Brombachtaler Ortsteil Kirchbrombach tätige Mediziner Dr. Thomas Bäcker im ECHO-Gespräch. Er sucht nach Kollegen, die mit ihm zusammenarbeiten möchten, und nach einem möglichen Nachfolger für die Praxis, wenn er in sieben Jahren in den Ruhestand geht. Finden wird er die aber nur, falls er eine topmoderne, schicke Praxis vorweisen kann.
Um das leisten zu können, bittet er die Gemeinde Brombachtal um eine Fortsetzung der finanziellen Förderung, die sie in der Vergangenheit schon geleistet hatte und die nun ausgelaufen ist: 50.000 Euro, verteilt auf fünf Jahre. Das Parlament hat über dieses Thema inzwischen beraten, aber noch keine Entscheidung getroffen. Etwas mehr Klarheit erhofft man sich von einer interfraktionellen Sitzung am 17. Oktober.
„Bis vor fünf Jahren habe ich hier mit drei Kollegen gearbeitet“, sagt Bäcker, dann gingen die anderen beiden in den Ruhestand. Heute versorgt der nun 58-Jährige die Kranken gemeinsam mit der Assistenzärztin Dr. Kathrin Préalle, die derzeit ihre Facharztausbildung macht, im kommenden Jahr fertig wird und anschließend in Teilzeit weiterarbeiten möchte. Da wäre weitere Verstärkung willkommen, sagt Bäcker.
Praxis wurde durch finanzielle Unterstützung modernisiert
In den vergangenen fünf Jahren hat er die Praxis dank der bisherigen Finanzspritzen der Gemeinde auf Vordermann gebracht. Sie präsentiert sich jetzt hell und modern – so, wie es die Patienten, aber auch Kollegen mögen, wie Bäcker sagt. Die Innenausstattung wurde in Abstimmung mit dem Vermieter erneuert, die diagnostischen Geräte präsentieren sich auf aktuellem Stand. „Da sind die 50.000 Euro der vergangenen fünf Jahre reingeflossen“, so Bäcker. Jetzt steht die Digitalisierung an, denn verlangt sei eine EDV-Technik wie im deutlich größeren Ärztezentrum in Bad König. „Aber wir sind hier nur zu zweit. Das ist also eine Riesen-Investition.“
Weil in Kirchbrombach aber „überdurchschnittlich viele Menschen medizinisch versorgt werden und wir einen Zehn-Stunden-Tag haben“, würde Bäcker gern zwei weitere Kollegen ins Team holen, mit denen er auch bereits Gespräche geführt hat: „Für diese Beiden und die Zukunft dieser Praxis müssen wir die Infrastruktur erhalten.“ Die von ihm beantragte Fortführung der finanziellen Förderung sei ausnahmslos für Investitionen in die medizinische Versorgung vor Ort verplant. „Keinesfalls möchte ich mir das Geld privat in die Tasche stecken. Wir verdienen nichts daran“, betont Bäcker.
Hausärzte vor Ort weiterhin wichtig
Dass die Praxis für Brombachtal wichtig ist, steht außer Frage: „Die Menschen werden älter, der Aufwand größer“, sagt der Arzt. Und es könnten noch deutlich mehr ältere Menschen hinzukommen, denn der Betreiber eines Seniorenheims hat Interesse bekundet, in Brombachtal eine solche Einrichtung zu bauen. Die entsprechende Nachfrage bestätigt Bürgermeister Andreas Koch (CDU) im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch in der jüngsten Gemeindevertretersitzung hatte er berichtet, dass dafür ein Grundstück gesucht würde, das 2500 bis 4000 Quadratmeter groß ist. Diese „Voranfrage einer Entwicklungsgesellschaft“ beziehe sich auch auf die gute Infrastruktur im Ort, zu der eben die bestehende Arztpraxis zähle.
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„Irgendwie sind wir in deren Korridor gefallen“, sagt Koch. Er verspricht sich davon nicht zuletzt eine Betreuungsmöglichkeit für Senioren aus der eigenen Gemeinde, aber auch zusätzliche, wohnortnahe Arbeitsplätze. Allerdings brauche der Betreiber eine zeitnahe Antwort, so Koch. Auch mit Blick darauf sei die Zukunft der Arztpraxis von Bedeutung. Im Parlament sei man jedoch geteilter Meinung, ob die Förderung für den Mediziner notwendig sei. Manche finden außerdem, dass andere Unternehmer dann ebenfalls eine Finanzspritze beanspruchen könnten.
Nachfolger wird dringend gesucht
Gleichwohl sei allen klar geworden, dass der Zuschuss „einen Impuls gibt, um weitere Ärzte hinzuzugewinnen. Schließlich sind wir alle sehr froh, Dr. Bäcker zu haben. Und ein Nachfolger wird dringend gebraucht“, so Koch. In der interfraktionellen Sitzung sollen nun Wege gesucht werden, wie auch der Odenwaldkreis an einer Förderung beteiligt werden könnte. Und es wird beraten, welche Formen der Finanzhilfe sonst noch in Betracht kommen könnten.
Leichter wird es jedenfalls nicht, das wissen alle Beteiligten. „So einen wie mich gibt es in zehn Jahren nicht mehr“, sagt Bäcker, „der Hausarzt stirbt aus“. Sollte sein Werben um Nachfolger aber Erfolg haben, könnten künftig immerhin zwei bis drei Kollegen sich die Arbeit in Brombachtal teilen. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.
Von Sabine Richter