„Handyempfang in 1,7 km“: So kam es zum Schild im Odenwald
In Breuberg macht ein Anwohner seinem Ärger über das fehlende Mobilfunknetz in einer Protestaktion Luft. Wie es dazu kam und warum das Schild lange unentdeckt blieb.
Von Lars Leitsch
Volontär
Ein Schild im Stile eines Fahrradwegweisers macht am Marktplatz von Wald-Amorbach auf den schlechten Handyempfang aufmerksam. Am Ortseingang hatte der anonyme Schildaufsteller ein weiteres Schild aufgestellt. Das wurde mittlerweile geklaut.
(Fotos: privat)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
BREUBERG - Ein ganzes Dorf im Odenwald hat keinen Handyempfang. Und damit das auch jeder weiß, steht auf dem Marktplatz im Breuberger Stadtteil Wald-Amorbach nun ein Schild, das darauf hinweist. Fünf Balken und der Schriftzug „Handyempfang“ deuten im Stile eines Fahrradwegweisers auf die nächstgelegene Möglichkeit, einen mobilen Anruf zu tätigen. Seit April steht das Schild in der Dorfmitte – zunächst, ohne viel Aufsehen zu erregen.
Dieser Inhalt stammt aus einer externen Quelle, der Sie aktiv zugestimmt haben. Ihre Zustimmung ist 24 Stunden gültig. Sollten Sie Ihre Zustimmung vorher widerrufen möchten, können Sie dies jederzeit über den Cookie-Widerruf anpassen.
Doch auf was oder wen geht die außergewöhnliche Hinweistafel zurück? Einem Anwohner war die Mobilfunk-Abgeschiedenheit Wald-Amorbachs zu bunt geworden. Um seinem Ärger Luft zu machen, ersann er eine kreative Lösung, fertigte das Schild und stelle es am Marktplatz auf. „Ich wollte einfach darauf aufmerksam machen, dass es bei uns keinen Handyempfang gibt“, sagt der Urheber im Gespräch mit dieser Zeitung. Er möchte anonym bleiben. Eigentlich sei die Aktion nur ein Aprilscherz gewesen, mit dem er etwas provozieren wollte. Ein zweites Schild hatte er am Ortseingang aufgestellt. Dort mit dem Schriftzug „Funkloch“. Das wurde mittlerweile geklaut.
Wald-Amorbach kann man getrost als Dorf bezeichnen. Zwischen Wiesen, Kühen und alten Höfen lebt es sich gut, man kennt sich in der Dorfgemeinschaft. Wäre da nicht das eine Übel, das die Lebensqualität massiv einschränkt: Es gibt keinen Mobilfunk-Empfang. Zumindest meistens nicht. Und wenn doch, dann nur ganz schwach.
Wald-Amorbach ist einer dieser weißen Flecken, deren Beseitigung das Land Hessen offiziell auf seiner Agenda stehen hat. Doch bisher hält sich das klassische Funkloch hartnäckig. Die Stadt Breuberg hatte sich daher bereits 2021 für ein Förderprogramm beworben , dass einen eigenen Sendemast in das kleine Odenwälder Örtchen bringen sollte. Seitdem ist über ein Jahr vergangen. Einen Sendemast gibt es immer noch nicht, ebenso wenig wie Handyempfang.
Bei Schneeregen in der Nacht aufgehängt
Der Aufsteller erinnert sich an den Tag der Schilderaktion: „In der Nacht zum 1. April habe ich die beiden Schilder bei Schneeregen aufgehängt“, sagt er hörbar amüsiert am Telefon. Dass zumindest das eine Schild so lange hängen würde, habe er damals nicht für möglich gehalten. Er vermutet jetzt, dass die Einwohner Wald-Amorbachs gar nicht so genau auf die Schilder im Ort achten. Schließlich würden sie sich ja auskennen. Und von jenen, die es doch gesehen haben, wisse der Schilderaufsteller, dass sie die Aktion gut finden. Sie trifft schließlich einen Nerv in der Dorfgemeinschaft.
Dass das Schild nun doch noch Berühmtheit erlangt, liegt, wie könnte es in der heutigen Zeit anders sein, an den sozialen Medien. Ein Twitter-User aus Darmstadt hatte es zufällig entdeckt und mit seinen Followern auf der Plattform geteilt. Darunter schrieb er: „Im Odenwald nimmt man es mit Humor.“ Das ist auch bis in der Dorf-Whatsapp-Gruppe „Schwarzes Brett“ vorgedrungen, in der das Schild geteilt wurde.
Die Anonymität des Schildaufhängers hat übrigens zwei Gründe. Zum einen befürchtet er Ärger, da die Schilder offiziellen Verkehrsschildern sehr ähnlich sehen. Zum anderen plant er bereits weitere Aktionen. „Wenn die Leute wüssten, wer die Schilder aufstellt, hätte es nicht mehr diesen schönen Charakter“, findet er.
Und so bleibt die Spannung, welche Aktion sich der anonyme Schilderaufsteller von Wald-Amorbach als Nächstes ausdenkt. In der Dorf-Whatsapp-Gruppe „Schwarzes Brett“ wird dann sicherlich eifrig gerätselt, wer der anonyme Schilderaufsteller ist.
— Johannesvertler
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 03.08.2022 um 13:31 Uhr publiziert.