Tageweise ein bisschen Normalität für Bad Königer Schüler
Wie die Carl-Weyprecht-Schule in der Odenwälder Kurstadt den ab heute in Hessen geltenden Wechselunterricht organisiert.
Von Jörg Schwinn
Lokalredakteur Odenwälder Echo
Fünft- und Sechstklässler sind im Zuge des landesweit geltenden Wechselmodells für den Unterricht auch an Bad Königs Carl-Weyprecht-Schule zurückgekehrt. Leiter Martin Burk weist mit einem 1,5 Meter langen Kantholz auf Abstandsregeln hin.
(Foto: Dirk Zengel)
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BAD KÖNIG - Diesen Montagmorgen beginnt Martin Burk an der großen Haltestelle vor der Bad Königer Carl-Weyprecht-Schule. Der Leiter der Integrierten Gesamtschule hat sich vorgenommen, die Anfahrt der Schulbusse zu überwachen und zeigt sich hinterher durchaus zufrieden, weil er „nicht das Horrorszenario“ erlebt, das er sich auch hätte vorstellen können. Stattdessen sieht er Busse, in denen nach wie vor ausreichend Platz ist, und Schüler, die auch in den Fahrzeugen ihren Mund-Nasen-Schutz tragen.
Für Burk ein erfreulicher Auftakt des Tages, der in der Corona-Pandemie eine erneute Veränderung der Situation an den hessischen Schulen mit sich bringt. Denn von jetzt an gilt Wechselunterricht für die Klassen eins bis sechs, deren Schüler nun in kleineren Gruppen abwechselnd in die Schule kommen oder daheim bleiben. Für die CWS als weiterführende Schule ab Klasse fünf bedeutet das „63 Kinder mehr im Haus“, berichtet der Schulleiter. Vorher waren von etwa 400 Schülern täglich 122 anwesend, weil für die Abschlussjahrgänge neun und zehn schon bisher Präsenzunterricht galt – wenn auch mit geteilten Klassen in zwei Sälen, um den nötigen Abstand einzuhalten. Für die Stufen sieben und acht bleibt es beim Lernen auf Distanz.
Bei den meisten Fünft- und Sechstklässlern, die er am Morgen begrüßt hat, herrscht Freude über die Rückkehr an die CWS, berichtet Burk. Das gilt, obwohl der Schulleiter sie darauf hingewiesen hat, dass nicht alles wie gewohnt laufen wird: Der Sportplatz etwa, in den Pausen ansonsten ein Anziehungspunkt, bleibt gesperrt. Und trotzdem: „Es ist schwer, sich daheim alles selbst beizubringen“, hat ihm eine Schülerin gesagt. Sie sei froh, dass „wir wieder Hilfe von der Schule haben“.
Die Carl-Weyprecht-Schule hat sich für das Modell des tageweisen Wechsels entschieden, „damit die Kinder wieder eine Struktur kriegen“, erläutert Burk. Heißt: Die Klassen sind in eine A- und eine B-Gruppe geteilt, festgelegt von den Lehrkräften, die nach Möglichkeit Freundschaften und Wohnorte berücksichtigt haben. Die Präsenztage ändern sich wochenweise: Ist eine Gruppe zunächst montags, mittwochs und freitags in der Schule, sind es in der nächsten Woche Dienstag und Donnerstag.
Im Klassenraum sitzen auf diese Weise jeweils nicht mehr als zehn bis zwölf Jungen und Mädchen. Und speziell in den Hauptfächern erleichtere dies die Abläufe: An den Tagen in der Schule wird der Stoff gemeinsam erarbeitet, am nächsten Tag folgt die darauf aufbauende „Übungsphase“ zu Hause. Natürlich, dessen ist sich der CWS-Leiter bewusst, können die Schüler angesichts der Situation „keinen modernen Unterricht“ erleben: „Sie müssen auf ihren Platz bleiben und haben eine Maske im Gesicht.“ Trotzdem sei dies allemal besser, „als die Kinder aus den Augen zu verlieren“. Das jedenfalls gelte aus pädagogischer Sicht, sagt Burk. Gleichzeitig blickt er mit einer gewissen Skepsis auf die Situation und die erhöhte Mobilität, die mit der Aufnahme des Wechselunterrichts verbunden ist: Schließlich sind nun die Virus-Mutationen als Unbekannte mit im Spiel. Optimismus gebe bei allen Unwägbarkeiten, dass die CWS bisher mit ihrem Hygienekonzept gut gefahren sei: Seit Pandemiebeginn vor einem Jahr seien drei Infektionsfälle bei Schülern und einer bei einer Lehrkraft festgestellt worden, ohne dass daraus weitere Ansteckungen entstanden seien, berichtet der Schulleiter. Und lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt.
Weil Burk zudem davon überzeugt ist, dass in einer „für uns alle belastenden Zeit“ ein bisschen Humor nicht schaden kann, ist er neuerdings auch mal mit einer 1,50 Meter langen Holzlatte in der Schule unterwegs. Nur um den Kindern und Jugendlichen die Abstandsvorgaben gelegentlich ganz plastisch vor Augen zu führen. Mit Blick auf die Gesamtsituation lasse sich sagen, dass es an der CWS im „Großen und Ganzen so läuft, wie es sich das Kultusministerium vorstellt“, konstatiert der Schulleiter.
Das gilt aus seiner Sicht auch für den Distanzunterricht – auch wenn der mitunter an technische Grenzen stoße und überdies in der Elternschaft recht unterschiedliche Vorstellungen darüber bestünden, was von Chat und Mail bis hin zu Stream und Videokonferenz überhaupt wünschenswert ist.
Was all die Entwicklungen und Einschränkungen der Corona-Zeit für Auswirkungen auf die Schüler haben werden, lasse sich jetzt ohnehin noch nicht sagen. Manch einem könne die zwangsweise erworbene Fähigkeit, sich selbst zu organisieren, vielleicht sogar zugutekommen, sagt Burk. Auf der anderen Seite besorgt ihn, dass Schule „als Ort der Sozialisation“ über längere Zeit wegfällt.