Friedrich Bohl spricht in Bad König über deutsche Wiedervereinigung
Teils amüsant, teils nachdenklich resümierte der Zeitzeuge, wie er die Wiedervereinigung erlebte. Es sei nicht selbstverständlich, so Bohl, dass die Wiedervereinigung so friedlich verlaufen sei.
Von Lea Menges
Friedrich Bohl (links) ist zur Zeit der deutschen Wiedervereinigung Chef des Bundeskanzleramts gewesen. Auf Einladung der CDU Bad König – Bernhard Geist (rechts) ist Vorsitzender des Stadtverbandes – spricht er in Bad König darüber, wie er diese Zeit erlebt hat.
(Foto: Dirk Zengel)
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BAD KÖNIG - Mit Geschichte aus erster Hand haben die CDU Bad König und die Frauenunion Odenwaldkreis den Tag der deutschen Einheit gefeiert. Denn als Gast gewonnen hatten sie Friedrich Bohl, zur Zeit der Wiedervereinigung Chef des Bundeskanzleramts von Helmut Kohl. Teils amüsant, teils nachdenklich resümierte der Protagonist, wie er die Wiedervereinigung erlebte.
Es sei nicht selbstverständlich, so Bohl, dass die Wiedervereinigung so friedlich verlaufen sei. In seiner Rede rekapitulierte der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts zunächst jene Ereignisse, die heute aus keinem deutschen Geschichtsbuch wegzudenken sind: die Kommunalwahl in der DDR, die Montagsdemonstrationen und die Belagerung der Prager Botschaft. Als Ungarn am 10. September 1989 die Grenze zu Österreich öffnete, über die DDR-Bürger in den Westen gelangen konnten, war Bohl ganz nah dran am Geschehen. „Der Anblick der DDR-Flüchtlinge am Grenzzaun geht mir heute noch nahe“, gab er zu, sagte aber: „Zu diesem Zeitpunkt war noch nichts vom Mauerfall zu spüren.“
Zwei Monate später sah das schon anders aus: Als Günter Schabowski am 9. November die neuen Ausreise-Regelungen der DDR verlas, die noch in derselben Nacht zum Fall der Mauer führten, saß Bohl gerade im Bundestag – in einer Sitzung zum Vereinsförderungsgesetz. Der damalige Redner bekam zwar eine Tickermeldung zu den revolutionären Ereignissen, die er auch verlas. Zuerst brachte er aber seine Rede zu Ende. „Die Deutschen lassen sich eben nicht so schnell aus der Ruhe bringen“, fügte Bohl schmunzelnd an.
Bohls Anekdoten ließen die bekannten Ereignisse aus dem Jahr 1989 in einem neuen Licht erscheinen. Auch seine Erzählungen über Helmut Kohl kamen bei den Zuhörern gut an. So betonte der Politiker immer wieder Kohls Entschlossenheit, Deutschland zu einen, beispielsweise als Kohl den sowjetischen Regierungschef Gorbatschow in einem Telefonat überzeugte, keine Panzer auffahren zu lassen. „Ich fühle mich wie ein Bauer, der ein Gewitter herannahen sieht,“ soll Kohl gesagt haben. Im bildlichen Sinne heißt das: erst mal alles zügig in die trockene Scheune bringen und anschließend sortieren; im politischen Sinne betonte Kohl damit die Dringlichkeit, die Wiedervereinigung herbeizuführen, solange diese noch möglich war.
1988, ein Jahr vor dem Fall der innerdeutschen Mauer, besichtigte Bohl mit seinem damals 16-jährigen Sohn das Brandenburger Tor und versprach ihm: „Eines Tages gehen wir durch dieses Tor“. Sein Sohn zeigte sich damals amüsiert und bezweifelte, dass sein Vater das noch miterleben würde. Doch Bohl war sich sicher: „Irgendeiner aus der Bohl-Familie wird einmal durch dieses Tor laufen – weil die Freiheit immer siegt.“
Starker Wille des Volkes hat sich durchgesetzt
Und die Freiheit hat gesiegt. Das verdanke man laut Bohl vor allem Europa, der damaligen Politik, aber auch dem starken Willen des Volkes, der sich letztendlich durchgesetzt hat. „Wir in Deutschland haben Glück gehabt,“ mahnte der Politiker, denn 73 Jahre Frieden, „das hat es in der deutschen Geschichte noch nie gegeben“.
Um diesen Status quo aufrechtzuerhalten, müsse dem Tag der deutschen Einheit auch in Zukunft eine hohe Bedeutung zugeschrieben werden.