Freitag,
23.08.2019 - 23:00
3 min
Verkehrsader plötzlich blockiert
Von Harald Berlinhof

LUDWIGSHAFEN - Gestern um die Mittagszeit - weder im morgendlichen noch im nachmittäglichen Berufsverkehr - war ein Vorgeschmack auf das zu bekommen, was auf die Pendler zwischen Mannheim und Ludwigshafen in den nächsten vier bis fünf Wochen zukommen wird. Die Auffahrt zur Kurt-Schumacher-Brücke war bereits ab Mannheim-Fahrlach ein einziger Stau. Was vielleicht auch daran gelegen haben mag, dass noch nicht alle mitbekommen haben, dass die Hochstraße Süd in Ludwigshafen als Fortsetzung der Rheinbrücke auf Ludwigshafener Seite komplett zwischen Brückenabfahrt und der Abfahrt zur Heinigstraße seit Donnerstag gesperrt ist.
Bei einer Routineuntersuchung der Brückenträger, die in ihrer Form an Pilze erinnern und deshalb auch so genannt werden, waren Risse von bis zu 1,5 Millimetern Breite im Beton von Pilz 12 festgestellt worden. Die Stadtverwaltung sah sich zum Handeln gezwungen und ließ die Hochstraße komplett sperren. Ein absolutes Halteverbot entlang der Dammstraße unterhalb des betroffenen Brückenteils wurde angeordnet und die Parkplätze direkt unterhalb des betroffenen Pilz-Bauwerks geschlossen. Der Schienenverkehr unter der Hochstraße kann unverändert fortgeführt werden. Es bestehe zwar keine unmittelbare Einsturzgefahr, es handele sich mehr um eine vorsorgliche Maßnahme. "Risse sind immer bedenklich. Aber wir wissen nicht, wie schwerwiegend sie sind. Wir wissen es einfach nicht. Deshalb müssen wir die Berechnungen abwarten. Sicherheit geht vor", sagte Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck dazu gestern auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz.
Es ist Pilz Nummer 12 an der Dammstraße, der die statische Bedenklichkeit aufweist. Noch einmal hatten Experten am gestrigen Morgen die Pilzkonstruktion im Inneren begutachtet. Man kam zu dem Ergebnis, dass neue statische Berechnungen nötig werden und dass man, bis diese in vier oder fünf Wochen vorliegen, kein Sicherheitsrisiko eingehen will. Eine Sperrung der Hochstraße, die wegen ihrer Trägerkonstruktion umgangssprachlich auch Pilzstraße genannt wird, galt für den Lkw-Verkehr bereits seit einiger Zeit. Die Pilzstraße wurde 1959 gebaut und ist damit der älteste Teil der Hochstraße Süd. Sie besteht aus zehn Teilbauwerken, die jeweils auf zwei bis drei Einzelstützen, den "Pilzen" liegen.
GENERVTE PENDLER
Genervte Pendler berichteten schon am ersten Tag der Sperrung von ein bis zwei Stunden längeren HeimfahrtenKurz nach der Straßenschließung am Donnerstag war der Rückstau im Feierabendverkehr nach Mannheim so groß, dass selbst ein Tunnel auf Mannheimer Seite gesperrt werden musste, weil die Gefahr wegen der Abgase für länger stehende Autofahrer zu groß geworden war. (gol)
"Wir sind uns bewusst, welche Bedeutung die Rheinquerungen in Ludwigshafen auch für den überörtlichen Verkehr haben", betonte die Oberbürgermeisterin. Aber das Risiko erschien offenbar zu groß. "Das war kein Entschluss, der uns leicht gefallen ist, auch weil wir die Bedeutung der Straßenverbindung für die gesamte Wirtschaftsmobilität in der Region kennen."
Die Hochstraße Süd werde seit geraumer Zeit mit monatlichen Nachmessungen im Auge behalten. "Wenn sich die Statik an einem der Pilze ändert, muss das zur Sperrung führen", so Steinruck. "Wir rufen jetzt alle Autonutzer auf, möglichst andere Verkehrsmittel oder die Ausweichrouten zu benutzen", so Steinruck. "Gestern morgen hat das relativ gut funktioniert, auch weil mit Hinweisschildern bereits Ausweichmöglichkeiten aufgezeigt wurden. Auch die Wirtschaft hat sich engagiert und für viele Arbeitnehmer die Möglichkeit einer vorübergehenden Home-Office-Tätigkeit angeboten", so Steinruck.
Als Ausweichrouten werden die beiden Autobahnbrücken bei Frankenthal im Norden der Stadt oder bei Speyer südlich von Ludwigshafen empfohlen. Auch ein Ausweichen über die zweite Rheinbrücke, die Kurt-Schumacher-Brücke, und damit die Hochstraße Nord (B 44) funktioniert gegenwärtig noch. Doch auch die Hochstraße Nord steht zur Sanierung an und die Planungen stehen. Bedenklich sei bei der letztgenannten Ausweichroute, dass eine zusätzliche Mehrbelastung der Hochstraße Nord deren restliche Lebensdauer weiter verkürzen könnte. Man will deshalb auch die Hochstraße Nord ab jetzt engmaschiger untersuchen. Aber man werde bei dem Zeitplan für die Sanierung der Hochstraße Nord bleiben, betonte Steinruck, auch wenn die Hochstraße Süd als Ausweichroute während der Bauarbeiten an der Hochstraße Nord vorgesehen war. "Wir als Stadt sind mit dem Umbau der beiden Hochstraßen finanziell überfordert. Wir stehen deshalb in Verhandlungen mit Land und Bund", erklärt die Oberbürgermeisterin.