Ostermarsch in Heidelberg

Der Ostermarsch setzte sich am Heidelberger Hauptbahnhof in Bewegung. Foto: Thorsten Gutschalk Foto: Thorsten Gutschalk
HEIDELBERG - Manche Teilnehmer hielten bunte Fahnen in die Höhe, einige Flaggen waren regenbogenfarben, auf den dunkelblauen Fahnen der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) zerbrechen zwei Hände ein Gewehr. „Es ist das erste Mal seit Langem, dass ich mal wieder auf einem Ostermarsch spiele“, freute sich der bekannte kurpfälzische Liedermacher Bernd Köhler. Auf der offenen Ladefläche eines kleinen weißen Transportfahrzeuges stimmte Köhler auf seiner Akustikgitarre treffende Stücke an wie „Ich bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne.“ Auf dem Vorplatz des Heidelberger Hauptbahnhofes begann der diesjährige Ostermarsch Rhein-Neckar.
Nach drei Eröffnungsreden setzte sich die überschaubare Besucherschaft in Bewegung und spazierte quer durch die Innenstadt zum Uniplatz. Den interessantesten Vortrag hielt zuvor Roland Schuster als Vertreter des Mannheimer Friedensplenums: In der Coleman-Kaserne des amerikanischen Militärs im Mannheimer Norden parken demnach 1200 Militärfahrzeuge, darunter 250 Panzer.
Doch die Stadt Mannheim dürfe, wie Redner Schuster warnte, nicht als Drehscheibe für schwelende Kriegsschauplätze dienen. Das Coleman-Areal am nördlichen Rand des Mannheimer Stadtteils Sandhofen sei mit 210 Hektar fünfmal so groß wie der Luisenpark. Im Anti-Kriegslied „Ich bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne“, das aus der Arbeiterbewegung von 1870 stammt, kommt die Zeile vor: „Man riss mich fort, hinein in die Kaserne, gefangen ward ich, wie ein Wild gejagt.“ Außerdem brachte Gitarrist Bernd Köhler die Nummer „Das Lied von der Moldau“ von Bertolt Brecht zu Gehör. Veranstaltet wurde der Ostermarsch vom Friedensbündnis Heidelberg und dem Friedensplenum Mannheim. Wie sich das Zwei-Prozent-Ziel des Verteidigungsbündnisses Nato auf das europäische und weltweite Geschehen auswirkt, darauf ging Thomas Wenzel, Vorsitzender des Kreisverbandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes Heidelberg Rhein-Neckar, in seiner eröffnenden Ansprache ein. „Die Mitgliedsländer der Nato, darunter Deutschland, haben vereinbart, die jährlichen Militärausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen“, bedauerte Gastredner Wenzel. „Für Deutschland würde dies eine Erhöhung von 37 auf über 60 Milliarden bedeuten.“ Doch Krieg dürfe kein Mittel der Politik sein.
Kritik an ungerechten Wirtschaftsstrukturen
„Der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnt die Erhöhung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent ab“, versicherte DGB-Sprecher Thomas Wenzel. Stattdessen fordere die Organisation eine verstärkte finanzielle Investition in soziale Projekte. „225 Leopard-2-Panzer sind 520 Kindertagesstätten. 140 Eurofighter sind 3200 Pflegeheime. 40 Kampfhubschrauber sind 2400 Sozialwohnungen“, rechnete Fachmann Wenzel den Ostermarschierern kenntnisreich vor.
Ursachen von Flucht und Vertreibung analysierte anschließend Festredner Joachim Guilliard vom Heidelberger Friedensbündnis. „In der Politik wird über Ursachen der Flüchtlingsbewegung selten gesprochen. Und wenn, dann nur oberflächlich“, kritisierte der studierte Physiker und Irak-Experte Joachim Guilliard. In diesem Zusammenhang sensibilisierte der Gastredner: Nicht bloß Krieg und politische Verfolgung seien Gründe für die Flüchtlingsbewegung, sondern ebenso ungerechte Wirtschaftsstrukturen in Entwicklungsländern. „Dabei gelangt nur ein kleiner Teil der über 65 Millionen Menschen, die auf der Flucht sind, nach Europa. Die meisten bleiben als Binnenvertriebene im Land, über 40 Millionen, oder haben in den Nachbarländern Zuflucht gefunden, über 20 Millionen“, schärfte Vortragsredner Joachim Guilliard das Bewusstsein dafür.