Ob klassische Musik, Ausstellungen oder Lesungen – die „Lichtmeile“ hat für jeden etwas zu bieten. Foto: Gerold
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MANNHEIM - „Ich lasse mich einfach mal treiben“, sagt die Wormserin Barbara Lotz-Sonek, während sie in einem Hinterhof-Gewölbekeller zu lateinamerikanischer Tanzmusik taktsicher mitschwoft. Sie sei zum ersten Mal auf der „Lichtmeile“, erzählt sie am Freitag, dem ersten Tag des Kulturfestivals in der Mannheimer Neckarstadt-West. Und sie findet: „Die Veranstaltung ist eine sehr schöne Idee.“ Besonders würden ihr die bunt beleuchteten Häuser gefallen, die der „Lichtmeile“ den Namen geben und die im ganzen Stadtteil zu finden sind.
Einfach mal treiben lassen. Das ist eine der Methoden, die die „Lichtmeile“-Besucher nutzen, um sich das umfangreiche Kulturangebot des Wochenendes anzuschauen. Mal einen Abstecher in die Kirche machen, wo klassische Musik Entspannung bringt, mal in eine verrauchte Kneipe eintauchen, wo Alt-Rocker das kühle Bier mit kräftigem Blues veredeln, oder ins Theater Oliv herabsteigen, in dessen Gewölbe unter anderem das Funk- und Jazz-Duo „Fear Josie“ seine Zuhörer verzückt. „Ein klasse Gitarrist“, findet dort der Mannheimer Stefan Frick.
Er gehört zu einer anderen Gruppe der „Lichtmeilen“-Wandler. Zu denen, die einfach mal irgendwo reinschauen und dort schlichtweg hängenbleiben. „Mir hat das so gut gefallen. Deshalb habe ich beschlossen, erst einmal hier zu bleiben“, erzählt er. Auf diese Art und Weise verpasst man sicherlich viele andere Höhepunkte, die die Veranstaltung zu bieten hat. Doch eine Location und ihr Programm dort voll und ganz zu genießen, hat auch etwas. „Vielleicht ziehe ich später noch ein bisschen durch den Stadtteil“, überlegt Stefan Frick, der sich zwischenzeitlich auf einem gemütlichen Sofa im Oliv niedergelassen hat. Es ist bereits 22 Uhr. Er hätte nur noch eine Stunde Zeit dazu. Ob er sich noch einmal aufrafft?
Auch dieses Jahr überzeugt die ungeheure Vielfalt der „Lichtmeile“. Am Freitag, als bei den „Neckarstädter Nächten“ Musik und Live-Bands im Vordergrund stehen, fällt die Wahl schwer, welcher der knapp 30 Programmpunkte der Beste ist. Und welche Methode, sich auf die Vielfalt einzulassen. Die kühle, teils regnerische Novembernacht treibt die Besucher gerne in die warmen Ecken, in die engen Lädchen und die trockenen Gotteshäuser. Die Außenbereiche der Hinterhöfe werden meist nur schnell für eine kurze Raucherpause genutzt. In den Straßen sind Menschen unterwegs, aber sie sind nicht voll.
„Es ist ungezwungen, locker, eine entspannte Atmosphäre. Es besteht kein Futterneid unter den Gastronomen. Man kann sein Bier überall mit hinnehmen“, antwortet der 53-jährige Tim Dahlem auf die Frage, was ihn denn besonders an der „Lichtmeile“ reizt. Der Neckarstädter dreht sich gerade eine Zigarette. Er habe sich als Musikfan bewusst den Freitag ausgesucht und werde gleich ins „Vigo“ ziehen, wo er sich die Band „The Daltons“ anhören will. Dahlem zählt zu einem dritten „Lichtmeilen“-Typ. Dem, der seinen Abend plant, der weiß, was er sehen möchte. Ob er den Samstag, wenn vor allem Ausstellungen geboten werden, oder den Sonntag mit seinen Lesungen noch mitnehme, weiß er noch nicht. „Das kommt darauf an, in welchem Zustand ich nach Hause komme“, sagt er lachend und deutet auf sein Bier.
Das Schöne an der „Lichtmeile“: Die Veranstaltungsorte sind selten überfüllt. Kein Gedränge, kein Geschubse. Und trotzdem herrscht überall Leben. Die Künstler sind motiviert, spielen, wenn’s sein muss, auch mal nur vor einer Handvoll Zuhörern – doch meist nicht lange. Oft bleiben viele Vorbeigehende stehen, lauschen und kommen zur Türe herein. Manche bleiben dann einen ganzen Abend, manche lassen sich weitertreiben, und manche haben noch etwas Bestimmtes vor.