MANNHEIM - Das Wetter am Nachmittag ist blendend. Eher wie Mitte August als Mitte Oktober. Deshalb hat Fadja Ehlail kurzerhand entschieden, ihren Yoga-Workshop ins Freie zu verlegen. Gemeinsam mit Daniel Kauer, Elena Popova und zirka 30 ehrenamtlichen Helfern veranstaltet sie das Festival. Also tragen die etwa 25 Teilnehmer ihre Matten kurzerhand auf den Parkplatz hinter dem Trommelpalast. Wem der Betonboden zu hart ist, legt einfach zwei Matten übereinander. „Shake it, move it, bounce“ hat Fadja Ehlail, seit fünf Jahren Yogalehrerin, ihren Workshop genannt. Damit verbindet sie Hip-Hop und R’n’B mit Yoga. Denn Sonnengruß zur Musik von 50 Cent – das ist mal was anderes. Und genau darum geht es an diesen drei Tagen.
Yoga-Festivals finden mittlerweile in vielen deutschen Großstädten statt. Das Suntime in Mannheim richtet sich jedoch nicht nur an Yogajünger, sondern auch an Kunst- und Musikliebhaber. Denn neben den Yoga-Workshops gibt es an allen drei Festivaltagen Konzerte von Bands aus der Region. Man wolle die Yogawelt aufbrechen, verschiedene Dinge miteinander verbinden, erzählte Daniel Kauer, Musiker und Yogalehrer, im Vorfeld. So sind auch die meisten Workshops gestrickt. Wie bei Ehlails Hip-Hop-Tanz-Yoga – das aber trotz aller Herumtanzerei und Springen über die Matten ganz schön anstrengend ist – wird Yoga mit anderen Elementen gemischt, beispielsweise mit Kampfsportarten wie Budokon oder Capoeira.
Besonders interessant ist die Einführung ins Acro-Yoga, eine Mischung aus Akrobatik und Yoga, von Frank Beckerle und Connie Rennow. Dabei wird gezeigt, dass es weniger auf Kraft als auf Körperbeherrschung und Technik ankommt, wenn man seinen Partner auf den Füßen balanciert. Auch das Wohlbefinden wird nicht vergessen: So gibt es Workshops mit Thai-Massage, Atemtechnik und Meditation.
Die ehemalige Industriehalle, in der sich heute eine Trommelschule befindet, ist der ideale Ort für die Veranstaltung. Während in drei Räumen oder im Freien die Workshops stattfinden, spielen auf der Bühne immer wieder Bands. Da gibt es Folkmusik mit Jonabird, Harfe und Elektronik mit The Klangschrund Effect oder eine Trommelsession. Auf der begrünten Galerie gibt es eine Ruheplatz und eine Massagezone.
Im Hauptraum ist eine kleiner Markt aufgebaut, auf dem Schmuck, Bücher, Naturkosmetik, Honig, vegane Naschereien und Yogazubehör verkauft werden. Die Wände sind mit großen Bildern dekoriert, viele davon zeigen menschliche Körper in verschiedenen Yogaposen. Sie stammen von Timo Tamm, der auch kleinere Exponate an seinem Stand anbietet. „Ich mache selbst Yoga und kenne die Veranstalter“, erzählt er. „Sie haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen.“ Tamm ist außerdem der Beweis, dass auch immer mehr Männer Yoga praktizieren. „Die Atmosphäre ist wirklich toll“, betont Yoga-Neuling Nadja Scheuermann. Nach der Teilnahme an mehreren Workshops möchte sie in jedem Fall Yoga in ihr Fitness-Programm integrieren.
Ein Festivalhöhepunkt war der Auftritt von Jahnava alias Katrin Heinzmann und ihrer Gruppe. Mit Harmonium, Gitarre und Bass singen sie Mantras. Auf der Mrdanga (Trommelinstrument) begleitet sie außerdem der indische Priester Krishnananda. Die Partyzeit am Abend eröffnet dann die Band NuJuice mit ihrem Improtronic. Das ist live-improvisierte elektronische Musik. Da füllt sich die Tanzfläche schnell.
Allerdings ist die Strategie, auch yogafremde Besucher auf das Festival zu bringen, nicht ganz aufgegangen. Man habe zwar auf mehr Gäste gehofft, erklärt Fadja Ehlail. „Doch die Menschen, die gekommen sind, haben sehr viel Spaß und ich bin überwältigt von der tollen Stimmung.“ Bleibt also zu hoffen, dass es 2018 wieder ein Suntime gibt, denn gerade solche privat organisierten Festivals mit regionalen Künstlern können das Mannheimer Stadtleben bereichern – einen besonderen Charme haben sie in jedem Fall.