Extremwetter macht auch den Kanälen zu schaffen. Wie der Mainzer Wirtschaftsbetrieb mit Trockenheit und Starkregen umgeht und was nicht im Klo hinuntergespült werden sollte.
MAINZ. 11,3 Millimeter Regen in einem Monat. Der Juli war einer der trockensten Monate der letzten Jahre. Noch trockener: der bisherige August. Überirdisch sieht man die Folgen klar und deutlich: Braun-gelbe Wiesen, Bäume werfen Blätter ab, der Rhein führt ein an manchen Stellen historisches Niedrigwasser. Doch die Trockenheit hat auch Folgen, wo man sie weder sehen noch erwarten würde: in der Kanalisation.
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"Das Spülwasser fehlt", erklärt Torsten Bonnen, Betriebsleiter der Abteilung Vier des Wirtschaftsbetriebs Mainz. Diese ist zuständig für die Abwasserreinigung und Netzeinrichtung, also auch für die Kanäle. Durch die fehlenden Niederschläge kann der Schmutz und Unrat in den Kanälen nicht gut abfließen und setzt sich dort fest. "Der Schmutz ist biologisch aktiv, es bilden sich Gase", sagt Bonnen. Anders erklärt: Es stinkt. Zudem entsteht auch Säure, die die Kanalwände angreift und im schlimmsten Fall beschädigen kann.
Belastung durch Trockenheit und Starkregen
Was bei zu vielen Ablagerungen passieren kann, sieht man des Öfteren in England: In Fällen in London und Birmingham haben sich Exkremente, Toilettenpapier, Fett und vieles mehr, was den Weg durch die Toilettenschüssel fand, zu einem Berg zusammengeklumpt. 130 und 300 Tonnen wogen die Fettklöße. Die Verstopfungen im Kanal abzubauen, dauerte Monate. Kann das auch in Mainz passieren? "Man kann nie etwas ausschließen, aber eigentlich nicht", meint Torsten Bonnen. Der Wirtschaftsbetrieb hat eine eigene Abteilung, die sich darum kümmert: Mit sechs Saugwagen ist man unterwegs und spült die Kanäle. Allerdings warnt Bonnen: "Je trockener es ist, desto mehr wird das Netz belastet."
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Generell gibt es zwei Arten von Kanalisation: Trenn- und Mischkanäle. Bei Trennkanälen gibt es separat Rohre für Schmutzwasser und für Regenwasser. Dadurch sind die Rohe jeweils kleiner, es muss nicht so stark gespült werden. Von der Trockenheit am meisten betroffen ist die andere Art: Mischkanalisation führt alles zusammen ab, deswegen braucht es große Rohre. Rohre, die nicht so einfach gespült werden können und in denen sich Schmutz absetzen kann. Gerade in der Innenstadt gibt es diese Kanalisation. Neubaugebiete würden meist als Trennkanäle geplant werden. Doch diese machen nur da Sinn, wo das kaum verschmutzte normale Regenwasser auch in die Natur, beispielsweise in Bäche, abgeleitet werden kann.
Extreme Trockenperioden sind Ereignisse, die der Klimawandel mit sich bringt, und die in den nächsten Jahren noch stärker werden dürften. Andersherum sind auch extreme Niederschläge Teil der Auswirkungen der Erderwärmung. Wie kommt die Kanalisation in Mainz damit zurecht? "Bei starkem Regen nach so einer Trockenperiode wird der ganze Schmutz direkt mitgerissen", sagt Torsten Bonnen. "Da fährt die Kläranlage dann schon auf einem hohen Level."
Kommen so starke Verschmutzungen dann in einem Rutsch, könne das die Pumpen zusetzen. Im Extremfall würde das gesamte Pumpwerk lahmgelegt. Damit das nicht passiert, ist die Rufstelle des Wirtschaftsbetriebs rund um die Uhr besetzt. Bei Ausfällen geht eine elektronische Meldung an den Mitarbeiter, der zur Not dann auch nachts die Pumpe wieder instand setzt.
Wie man als Bürger helfen kann
Kanäle umbauen, um für die Zukunft vorzusorgen, müsse man nicht, meint Bonnen. Dennoch ist stetig etwas im Um- oder Neubau: Etwa das neue Regenrückhaltebecken in Ebersheim, das 2017 gebaut wurde. Es kann Regenmassen fassen, die statistisch nur alle fünf Jahre vorkommen. Insgesamt etwa 80 "Sonderbauwerke" gibt es im Stadtgebiet, die die Kanalisation unterstützen. Dazu gehören auch die Pumpstationen und Wehranlagen.
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Wie man als Bürger dem Wirtschaftsbetrieb helfen kann, weiß Torsten Bonnen genau: Nichts ins Klo werfen, was nicht ins Klo gehört. "Gerade reißfeste Feuchttücher nicht", sagt Bonnen. Auch Kondome, heißes Fett oder Spültücher gehören nicht in die Kanalisation. Je mehr davon in die Kanäle komme, desto öfter müssten diese auch gereinigt werden - was im Endeffekt wieder von den Bürgern getragen werde. Einen zweiten Ratschlag hat Bonnen auch noch: nicht immer nur die Spartaste der Klospülung benutzen. "Trinkwasser ist ein wertvolles Gut. Aber beim großen Geschäft kann auch mal die große Taste gedrückt werden." Nur so nämlich können die Schmutzstoffe richtig weggespült werden. Bonnen hofft auf die Mitarbeit der Bürger: "Niemand will in seinem Keller Abwasser stehen haben."