Amin, Kairos-Projekt, Café International: Der Tag der dreifachen Mutter Annika Wengenroth muss mehr als 24 Stunden haben, denn sie bekommt alles unter einen Hut. Die...
HAIGER. Amin, Kairos-Projekt, Café International: Der Tag der dreifachen Mutter Annika Wengenroth muss mehr als 24 Stunden haben, denn sie bekommt alles unter einen Hut. Die 43-Jährige aus Haiger hat sich deshalb den Titel "Hessens Helden" verdient, der ihr und ihrem Ehemann Benedikt eine Einladung zu Starkoch Johann Lafer bescherte.
Diese Einladung des Hessischen Rundfunks hatte bei der Pädagogin, die "ganz nebenbei" auch berufstätig ist, zu einem Zwiespalt geführt: "Ich fühle mich geehrt, aber es ist schwierig, weil es auch andere machen in Haiger." Unter den Kandidaten für die Mitfahrt nach Frankfurt war auch die Familienhebamme Karin Hornecker aus Rehe, die Wengenroth bei hr4 vorgeschlagen hatte.
Letztendlich entschied sie sich für ihren Ehemann: "Der hat es auch verdient, denn er hält mir den Rücken frei." Als Erinnerung an das Lafer-Menü bleibt neben dem guten Essen der Kontakt zu anderen Gästen: "Ich habe interessante Menschen kennengelernt."
Karin Hornecker und Annika Wengenroth eint, dass sie mit vielen Flüchtlingsfamilien in Kontakt kommen. Die 43-Jährige hat zunächst für die Bewohner am Haigerer Obertor Deutschunterricht gegeben. "Man sieht dann, wo Hilfe notwendig ist", hat sie bei diesen Stunden erfahren.
Als sie 2015 vom "Arbeitskreis Migration & Integration" (Amin) hörte, war ihr klar: "Ich muss da helfen." Kontakt zu Familien "liegt mir schwer am Herzen, speziell zu Kindern". Dabei bindet die Lehrerin an der Rehbergschule in Herborn ihre drei Kinder mit in ihre ehrenamtliche Arbeit ein. Notfalls wird mit Händen und Füßen gesprochen, wobei sie festgestellt hat: "In vielen Familien sind die Kleinsten die Dolmetscher, weil sie die deutsche Sprache schnell lernen." Und Annika Wengenroth ist sich sicher: "Bei den Kindern wird die Integration gelingen."
Auch wenn Verständigung immer besser wird, reicht es nicht aus, um spezielle Hilfe zu erhalten. Termine von Schwangeren beim Frauenarzt, Kontakt bei der Caritas wegen Fördermittel - die Probleme sind vielfältig und ohne die Hilfe von Menschen wie Annika Wengenroth nicht zu bewältigen. Sie spricht hier von einer "sehr intensiven Zeit".
In einem Fall ist sie dreimal mit einer Schwangeren, die bei ihrem dritten Kind Probleme hatten, vorsorglich ins Krankenhaus gefahren. Als es dann im virten Anlauf so weit war, war sie ebenfalls dabei, während der werdende Vater auf die beiden Kinder aufpasste. Die dreifache Mutter konnte dann eine Geburt von der anderen Seite betrachten und das Neugeborene abnabeln und als Erste in den Armen halten. "Das war die größtmögliche Anerkennung und ein großer Vertrauensbeweis", blickt die 43-Jährige auf dieses Erlebnis zurück. Auch hält sie Kontakt zu vielen ihrer ehemaligen Schützlinge. Im Frühjahr hat sie sogar eine Familie, die sie früher betreute, in Hamburg besucht.
Sie rückt die Vorstellung zurecht, dass die Flüchtlingsfamilien, die Gemeinschaftsunterkünfte wie das am Haigerer Obertor verlassen, aus der Betreuung verschwinden. "Wenn die eine eigene Wohnung haben, sind die ja nicht weg. Die Probleme sind dann größer als vorher, sodass die Leute weiter einen Ansprechpartner brauchen. Mit den ganzen Briefen klarzukommen, ist schwierig". Als Beispiel nennt die die GEZ-Gebühren, mit denen die Flüchtlinge in der Unterkunft noch nichts zu tun haben. "Wir brauchen noch mehr Hilfe, denn es hört ja nicht auf, sondern geht weiter und ist ein jahrelanger Prozess." Und niemand wisse, ob eine neue Flüchtlingswelle auf Deutschland zukomme. Sie berichtet von einer Familie mit zehn Kindern, für die in der Kernstadt eine Wohnung gesucht wird: "Wenn die irgendwo auf dem Dorf wohnen, wie kaufen die ohne Auto ein?"
Weil Annika Wengenroth festgestellt hat, dass viele Interessierte eine Hemmschwelle haben, in die Unterkunft am Obertor zu kommen, hat sie zusammen mit Birgit Knebel das "Café International" in den Räumen von "lebensWERT" am Haigerer Marktplatz gegründet.
Im Café "einfach nach Annika fragen"
Dort ist Kontakt an neutraler Stelle möglich. "Da dürfen gerne mehr Einheimische kommen", lädt "Hessens Heldin" für samstags zwischen 16 und 19.30 Uhr ein. Wer helfen will, soll dann dort "einfach nach Annika fragen".
Als wäre das Engagement im Amin und im "Café International" nicht genug, ist Annika Wengenroth auch im Kairos-Projekt aktiv, bei dem die FeG Haiger sehr engagiert ist. In diesem Projekt geht es um "Kirche mit Menschen aus aller Welt".