Das Trebur Open Air in Kleinformat sorgt mit mitreißenden Bands, Feierfreude und familiärer Stimmung für Begeisterung bei Jung und Alt.
TREBUR. Wer am Freitagabend vor der Freiluftbühne stand, konnte sich der Magie des Psychedelic- und Bluesrock der niederländischen Band „DeWolff“ nicht entziehen. Im Farbgewitter der Lichtorgel tanzten junge und ältere Besucher beim Trebur Open Air (TOA) begeistert und folgten dem schnurrenden Sound der Gitarre von Pablo van de Poel auf eine Reise ins Land der Emotionen.
Der Boden vibrierte, Keyboarder Robin Piso ließ mit Hall und Schall sanft oder wild die Tastatur sprechen und das Publikum hob ab. Am Schlagzeug gab Luka van de Poel den Rhythmus vor und Pablo, nicht nur Gitarrist, sondern auch Sänger, rief enthusiastisch aus: „Oh, Baby – Trebur Open Ä-hä-ä-är“. Jubel, Beifall, Jauchzen – und weiter ging der Flug, der manchen zurückversetzte in die Zeit von Deep Purple und Led Zeppelin. Pärchen schmusten, junge Leute machten Handyfotos vom Trip der Classic-Psychedelic-Rock-Fans. „Hallo, Prinzessin“, eröffnete ein junger Mann den Flirt mit einer Tänzerin vor der Bühne.
Weit weg schien die Bedrückung der Corona-Pandemie, die diesmal nur ein TOA in Kleinformat erlaubte. 700 statt der gewohnten 7000 Gäste waren – getestet, geimpft, genesen – gekommen, reduziert war das „TOAzip“ auf zwei statt drei Tage und die Zahl lokaler, bundesweit und international bekannter Bands war auf zehn reduziert.
Dennoch: Wenn auch vor Getränke- und Imbissbuden wie überall dort, wo es eng wurde, das Tragen der Maske geboten war und Sitzbänke wie Liegestühle Gruppengrößen und Abstände quasi schon vorgaben – auf dem gesamten Areal hinterm Freibad dominierte riesige Freude, „dass überhaupt was ging“, wie Stefan Kasseckert vom Organisationsteam sagte.
2020 hatte das TOA wegen Corona komplett ausfallen müssen, nun lebte es wieder auf, atmete den Geist der Freiheit, und war – wie seit dem ersten Festival 1993 – erfüllt vom einzigartigen Spirit der generationenübergreifenden Gemeinschaft und Lebensfreude.
„Ich war 16 Jahre, als es das erste TOA gab. Und bin bis heute dabei“, sagte Dirk Höcker, einer der „Oldies“. Mario Andreya ergänzte: „Fünf Mark Eintritt kostete es damals.“ Und: „Die TOA-Gemeinschaft ist toll. Jährlich, wenn wir uns wiedertreffen, fühlt es sich an, als sei nichts gewesen.“
70 Helfer waren diesmal ehrenamtlich dabei. Kasseckert: „Es ist das Familiäre, was das TOA ausmacht. Ich lauf’ übers Gelände und kenne jeden. Auch wer nicht mehr in Trebur wohnt, kehrt zum TOA hierher zurück.“ Zudem sei längst auch die junge Generation mit im Boot: „Viele haben kleine Kinder oder schon erwachsene Kinder, die zum Orga-Team gehören“, so Kasseckert.
Zur Erinnerung: 2019 erhielt das TOA-Team den Kulturförderpreis des Kreises für eines der wichtigsten nicht kommerziellen Festivals Hessens.
Rundum stromerten Kinder umher, foppten ihre Eltern oder tanzten mit. Die Kleinen trugen Ohrenschützer, denn der Sound der Bands war intensiv und weithin zu hören. So auch auf dem Campingareal, einer romantisch wilden Wiese, fußläufig erreichbar. 200 Gäste übernachteten dort: Wer feiern wollte, verzichtete weise auf die nächtliche Heimfahrt im Auto.
„Es ist so großartig hier, ein besonderes Feeling“, sagte ein Camper mit Rastazöpfen, der mit Freunden vorm Zelt saß. Neben den zehn Bands und Musikern der beiden Festivalabende – brillant etwa die Punkband „Elfmorgen“ („Alle springen mit und keiner bleibt zurück“) oder die aus Österreich angereiste Indie-Popband „Buntspecht“ mit Schmäh und Poesie („Du wickelst meine Haare wie die Welt um deine Finger“) waren die Gäste auch zum „Story-Telling“ auf offener Bühne eingeladen oder Kinder zum Häkeln mit Ilse, während Angela Kleider aus alten Stoffen anbot. Viel gefragt war der Hessische Caipirinha, gemixt mit Ebbelwoi statt mit Cachaca: Allerorten saßen Leute plaudernd zusammen – Freunde ebenso wie jene, die es jetzt wurden. „So viele glückliche Menschen überall“, freute sich Stefan Kasseckert.
Am Samstag gab’s Regen, doch barfuß oder in getupften Gummistiefeln, mit Capes, Hüten und guter Laune tat dies der Stimmung keinen Abbruch. Das Programm startete mit gefühlvollen Liedern der Singer-Songwriterin Fee. Als dann die belgische Band „Naft“ mit Brass-Dance-Music auf Saxofonen und Trompeten folgte, wurde ausgelassen getanzt und der Sog der Feierfreude riss alle mit.