Sozialer Wohnungsbau noch mit einer „roten Null” möglich

Torsten Regenstein, Geschäftsführer der Gewobau Rüsselsheim, hält an den Plänen fest, im Quartier am Ostpark 120 Wohnungen zu bauen.

Die Gewobau Rüsselsheim will ihre Neubauprojekte trotz Krisenstimmung in den nächsten Jahren fortsetzen. Geschäftsführer Torsten Regenstein über die Herausforderungen.

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Herr Regenstein, die Baukosten und die Lebenshaltungskosten sind massiv angestiegen. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?

Ich bin jetzt seit fast 30 Jahren im Beruf, das habe ich noch nicht erlebt. Wir haben einen Anstieg der Baukosten innerhalb von zwei Jahren von rund 34 Prozent. Und dazu kommt eine Vervierfachung des Zinsniveaus, plus ein deutliches Abschmelzen der Förderkonditionen. Das zusammengenommen bringt die Branche in eine sehr prekäre Lage. Wenn Sie heute mit Baukosten von etwa 4500 bis 5500 Euro pro Quadratmeter agieren, dann müssten Sie eigentlich 20 Euro Miete pro Quadratmeter Wohnfläche nehmen, um überhaupt noch im frei finanzierten Bereich kostendeckend vermieten zu können. Das ist natürlich illusorisch.

Wird die Gewobau alle geplanten Bauprojekte umsetzen?

Derzeit werden alle begonnenen und für die nächsten zwei bis drei Jahre geplanten Projekte wie vorgesehen umgesetzt. Dazu kommen noch eine ganze Reihe größerer energetischer Sanierungen. Bei den aktuellen Rahmenbedingungen wird der Neubau allerdings kurz- und mittelfristig nicht wirtschaftlich sein. Das heißt, die Ausgaben für Zins und Tilgung sind höher als das, was wir mit den Mieten werden einnehmen können.

Sie halten trotz Baukrise an der Entwicklung des Quartiers am Ostpark fest. Wie geht es dort in den nächsten Jahren weiter?

Nach heutigem Stand der Dinge ist Planungsbeginn 2024 und Baubeginn 2025. Bevor wir mit den Hochbauarbeiten beginnen können, muss allerdings das Grundstück von der Stadt Rüsselsheim an uns übertragen werden, der Bebauungsplan muss rechtsgültig sein, und die Stadt muss die Erschließung durchgeführt haben. Wir gehen davon aus, dass das Viertel, das wir bauen, nach heutigem Kostenstand um die 40 Millionen Euro kosten wird. Auch das wird sich nur sehr langfristig rechnen.

Die neuen Wohnungen werden in Rüsselsheim dringend gebraucht. Wie groß ist die Nachfrage bei der Gewobau?

Die Zahl unserer Mietinteressenten ist stark gestiegen, zeitweise bis zu 2700, momentan sind es 1836. Es ist immer noch ein enormer Druck, aber die Kurve geht seit zwei, drei Jahren nach unten. Wir können etwa 400 Wohnungen pro Jahr neu vermieten, das entspricht rein rechnerisch einer Wartezeit von etwa viereinhalb Jahren. Etwa 41 Prozent der Mietinteressenten haben einen Anspruch auf eine öffentlich geförderte Wohnung.

Kann sozialer Wohnungsbau unter dem hohen Kostendruck überhaupt noch geleistet werden?

Wir bauen im Moment bei unseren Projekten durchschnittlich mit einem Förderanteil von 35 bis 40 Prozent. Geförderter Wohnungsbau ist derzeit noch mit einer „roten Null” möglich. Wohingegen der frei finanzierte Wohnungsbau aufgrund der nicht vorhandenen Fördermittel im energetischen Bereich mittlerweile zu sehr hohen Mieten führen würde. Das hat sich in den letzten drei, vier Jahren komplett umgekehrt.

Gibt es Möglichkeiten, die gestiegenen Baukosten zu kompensieren?

Wir sparen nicht an der Qualität. Wenn die Planer uns die Kostenberechnungen auf den Tisch legen, prüfen wir gemeinsam, wo wir die Planung vereinfachen und Kosten reduzieren können. Manche Vorstellungen der Architekten fallen dann dem Rotstift zum Opfer. So können wir je nach Projekt mal ein paar 100.000 Euro Luft rauslassen.

Was wäre so eine typische Sparmaßnahme?

Wir überlegen beispielsweise, ob wir einen teuren Keller oder eine Tiefgarage bauen müssen. Das Untergeschoss ist mit der teuerste Raum, weil er ausgehoben werden muss und der Aushub auf der Deponie entsorgt wird. Durch eine geschickte Planung können wir Kellerersatzräume auf der Wohnetage schaffen. Kosten sparen wir auch dadurch, dass wir keinen Generalunternehmer beauftragen, sondern ein Haus in Einzelgewerken ausschreiben. Das ist personell zwar sehr viel aufwendiger, aber günstiger, weil wir so keinen Zuschlag von 10 bis 25 Prozent an den Generalunternehmer zahlen müssen.

Haben die gestiegenen Kosten Auswirkungen auf die Bestandsgebäude?

Wenn wir bis 2045 klimaneutral sein wollen, haben wir keine Zeit abzuwarten. Um das Ziel erreichen zu können, werden wir unsere Sanierungsquote sogar deutlich erhöhen müssen. Wir befinden uns mit einem Investitionsvolumen von 35 bis 40 Millionen Euro im Jahr in einer Hochinvestitionsphase, und das wird in den nächsten Jahre auch so bleiben. Wir werden den Neubau aber in den nächsten zehn Jahren zugunsten der energetischen Sanierung etwas reduzieren.

Muss die Gewobau ihre Mieten erhöhen, um weiter wachsen zu können?

Die Mieter, die in einen Neubau einziehen, werden etwas höhere Mieten zahlen, weil sich die Baupreise verteuert haben. Unsere bestehenden Mieter sind von den Neubaukosten nicht betroffen, aber dafür von den um 14 Prozent gestiegenen Instandhaltungskosten. Wir werden deshalb auch die Mieten im Bestand erhöhen müssen.

Herr Regenstein, wagen Sie einen Blick in die Glaskugel. Wie wird sich der Markt entwickeln?

Ich rechne damit, dass sich die Baukosten nicht wesentlich reduzieren werden. Die Bauindustrie rechnet allein für dieses Jahr mit weiteren Kostensteigerungen von 13 Prozent. Baumaterialien sind knapp und wegen ihrer energieintensiven Erzeugung teurer geworden. Ich würde mir wünschen, dass wir nach diesem massiven Anstieg in eine Seitwärtsbewegung kommen. Zu den Zinsen: Ich gehe stark davon aus, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder zu einem leicht sinkenden Zinsniveau kommen werden, weil dann spätestens die klammen Staatskassen es erfordern, dass die EZB die Zinsen senkt.

Am 2. Juli ist Oberbürgermeisterwahl in Rüsselsheim. Welche Wünsche haben Sie an den neuen Rathauschef oder die neue Rathauschefin?

In erster Linie würde ich mir wünschen, dass die Person den Vorsitz im Aufsichtsrat der Gewobau übernimmt. Ich würde ihr empfehlen, von einer Gewinnabschöpfung bei der Gewobau für die Haushaltskonsolidierung abzusehen, da wir vor enormen investiven Herausforderungen stehen und das Geld brauchen. Jede Million Euro Ausschüttung führt zu vier bis fünf Millionen Euro geringeren Investitionen. Der Oberbürgermeister sollte zudem auf landespolitischer Ebene darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass die Förderbedingungen verbessert werden und dass wir Optimierungen bei den Bauvorschriften bekommen. Gut wäre auch, wenn die Stadt von zusätzlichen kommunalen Auflagen absehen würde, wenn es um den Bau und die Unterhaltung von Wohnungen geht.