In der Kunstgalerie am Büchnerhaus nahm Sylvia Schopf das Publikum am Sonntagabend auf eine abwechslungsreiche und ungewöhnliche Hör-Reise mit. Foto: Vollformat/Robert Heiler
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GODDELAU - Vielleicht wollte zum Abschluss des ersten sonnenverwöhnten Vorfrühlingswochenendes niemand mehr nochmals aus dem Haus. Oder waren Literaturfreunde nach zwei Tagen voller Lesungen bei der benachbarten Buchmesse im Ried einfach zu wortgesättigt? Aus welchen Gründen auch immer: Nur fünf Zuhörer fanden am frühen Sonntagabend den Weg in die Kunstgalerie am Büchnerhaus zur Lesung von Sylvia Schopf. Was schade war, denn die Frankfurter Autorin, Schauspielerin und Hörfunkmacherin nahm ihr gebannt lauschendes Publikum auf eine abwechslungsreiche und ungewöhnliche Hör-Reise mit, die von Frankfurt bis Westafrika und Frankreich führte.
Eine einzigartige Collage ist das Ergebnis
Sylvia Schopf las nicht einfach nur Auszüge aus ihrem Kriminalroman „Zeit für Rache“, sondern verwob die Textpassagen mit Tönen und Geräuschen von den Originalschauplätzen zu einer einzigartigen Collage. Straßenlärm und ein Goethe-Zitat entführten zum ersten, noch nahen Schauplatz des Krimis: Frankfurt am Main, das „was vielen nicht bekannt ist, nur eine kleine Großstadt ist“, merkte Schopf an. Hier geht es zügig ans Museumsufer und das Weltkulturen-Museum. Dort wird die attraktive Ethnologin Ilena Willecke-Berghaus vermisst, die gerade eine Ausstellung über „Macht und Magie in Afrika“ vorbereitet. Sie ist von einer Dienstreise nach Berlin, wo sie vom Museum für Ethnologie einen seltenen kongolesischen Jagdfetisch für die Ausstellung erhalten wollte, nicht zurückgekehrt, erfahren Hauptkommissar Christian Voss und seine Kollegin Marina Ewers vom stellvertretenden Museumsleiter Ebsdorf.
Die Zuhörer in der Kunstgalerie hörten genau wie die Besucher im Weltkulturen-Museum die „Protesttrommler“ vor dem Museum – Afrikaner, die rhythmisch gegen die geplante Ausstellung protestieren, weil sie eine Entweihung ihrer Kultobjekte befürchten, erläutert Ebsdorf den Polizeibeamten.
Kreuz und quer ging die kriminalistische Reise durch das Buch und die Kontinente, bei der die Autorin vielerlei Spuren und Verdächtige präsentierte. Da ist etwa der eifersüchtige Noch-Ehemann, der von Seitensprüngen seiner Frau überzeugt ist – und Charlotte Behring, Afrikaexpertin des Weltkulturen-Museums, der nicht zum ersten Mal die frühere Studienkollegin Ilena vor die Nase gesetzt wurde. Charlotte wird nach dem Verschwinden der Konkurrentin zur kommissarischen Leiterin der Ausstellung. Mit ihr und Sylvia Schopf reisten die Zuhörer „ganz umweltbewusst“ nach Burkina Faso und sahen vor dem inneren Auge unheilvolle Fetische vor Hotelzimmern liegen und Badezimmerspiegeln baumeln.
Stoff für das Buch auf Reisen gesammelt
Vor zehn Jahren habe sie das erste Mal Frankfurter Ethnologen zur Feldforschung in das westafrikanische Land begleitet und sei seitdem regelmäßig dort gewesen, hatte die Autorin schon zu Beginn der Lesung erklärt. Bei diesen Reisen sammelte sie nicht nur Stoff für ihren Krimi, sondern es entstanden auch Radiofeatures wie das über das Haus der verstoßenen Frauen, die der Hexerei angeklagt wurden. Auch das gab es am Sonntag zu hören als ein Beispiel, wie viel Macht Magie noch im Leben der Westafrikaner hat.
Zum leichten Entsetzen ihrer Zuhörer kündigte Schopf an, zum Ausklang der Lesung den Abschluss ihres Krimis lesen zu wollen – wer will schließlich schon vor der Zeit das Ende eines Krimis erfahren? Doch das Publikum konnte sich entspannen. Verraten wurde nur, dass die Ausstellung tatsächlich stattfindet und dass am Ende der Geschichte drei Tote zu beklagen sind.