Seit 24 Jahren gibt es die „Kinderhilfe Gomel“, die bedürftigen Kindern aus dem seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 verstrahlten weißrussischen Gebiet...
CRUMSTADT. Seit 24 Jahren gibt es die „Kinderhilfe Gomel“, die bedürftigen Kindern aus dem seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 verstrahlten weißrussischen Gebiet Erholung in Südhessen bieten will. So lange ist auch Margarete Krasusky bereits dabei. „Damals war das eine neu entstandene Arbeitsgruppe, die per Anzeige einen ehrenamtlichen Dolmetscher suchte“, erzählt Krasusky, die seit sechs Jahren Vorsitzende des vor zehn Jahren eingetragenen Vereins ist. Die Russlanddeutsche, die mit ihren Eltern 1989 nach Deutschland gekommen war, ging zum ersten Infoabend – und blieb. „Ich habe im ersten Jahr nur als Dolmetscherin teilgenommen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich gesagt habe, ich möchte weitermachen und bin aktives Mitglied der Arbeitsgruppe geworden“, berichtet sie.
Dolmetschen bleibt dennoch eine wichtige Aufgabe für die Vorsitzende, können doch die Viertklässler der „Schule 38“ aus Gomel meist nur Russisch, und auch die begleitenden Lehrerinnen oft nur zusätzlich Englisch. So ist Krasusky wie bei dem jüngsten Aufenthalt der Kinder aus Gomel bei allen Ausflügen und Treffen dabei und per Handy rund um die Uhr für die Gastfamilien zu erreichen. Selbst Kinder aufnehmen kann die Berufstätige, die in Frankfurt ein Reisebüro betreibt, allerdings nicht.
Die erste Woche in Südhessen verbringen die weißrussischen Grundschüler nach der strapaziösen Anreise erst einmal in Maria Einsiedel, dann geht es am Wochenende für die nächsten zwei Wochen in die Gastfamilien. Dank Sponsoren gibt es auch gemeinsame Ausflüge wie zur Lochmühle, in den Luisenpark nach Mannheim und in den Frankfurter Zoo. „Es ist so schön zu sehen, wie die Kinder aufblühen“, sagt Krasusky.
Weil die Initiative zur Gründung der Kinderhilfe Gomel von Lehrerinnen der Pestalozzischule Büttelborn ausging, hat der Verein dort seinen Sitz. Doch die Mitglieder und Gastfamilien kommen aus der ganzen näheren Umgebung, viele von ihnen wie Krasusky aus Riedstadt, aber auch aus Stockstadt, Weiterstadt und Darmstadt, erzählt die Vorsitzende. Sie ist auf der ständigen Suche nach neuen Gastfamilien. Denn es gilt das einfache Prinzip, dass nur so viele Kinder aus dem Gebiet um die zweitgrößte weißrussische Stadt aufgenommen werden können, wie es Plätze in Gastfamilien gibt.
Dieses Jahr kamen 25 Kinder
„Dieses Jahr war toll, weil wir vier neue Familien hatten und 25 Kinder kommen konnten. Trotzdem mussten wir Absagen aussprechen, weil es 32 Bewerbungen gab“, berichtet Krasusky. Richtig bitter sei es im Vorjahr gewesen, als es nur 16 Plätze, aber 40 Bewerber gab. „Das sind richtig harte Entscheidungen, die wir dann treffen müssen“, seufzt Krasusky. Auswahlkriterium ist in jedem Fall die Bedürftigkeit der Familien, die aus eigenen Kräften keinen Auslandsaufenthalt ihrer Kinder finanzieren könnten.
Jedes Jahr fährt die Crumstädterin mit einigen Mitgliedern nach Gomel, um den nächsten Besuch vorzubereiten. „Es ist tief bewegend, wie warmherzig wir jedes Mal begrüßt werden. Wir werden sogar auf der Straße erkannt“, erzählt sie und zeigt auf ein Kissen mit Bildern, das Freundinnen aus Gomel ihr geschenkt haben. Nicht nur sie hat unter den Lehrerinnen dort gute Freunde gefunden – viele Gastfamilien haben enge Bindungen zu früheren Gastkindern, die heute selbst Eltern sind.
Von Anke Mosch