Das Jahr 2018 war bisher nur im Januar normal. Nur im ersten Monat erfüllte sich das, was der jahrelange Durchschnittswert versprach: Rund drei Viertel Betriebsrichtung 25....
RAUNHEIM. Das Jahr 2018 war bisher nur im Januar normal. Nur im ersten Monat erfüllte sich das, was der jahrelange Durchschnittswert versprach: Rund drei Viertel Betriebsrichtung 25. Das bedeutet: An drei Viertel der täglichen und nächtlichen Betriebsstunden des Frankfurter Flughafens keine Landungen über Raunheim und Flörsheim.
Ansonsten fiel 2018 komplett aus dem Rahmen. Kein einziger Monat kam mehr in seiner Gesamtheit an das langjährige Mittel heran. Stattdessen Betriebsrichtung 07, mit Wind aus Osten und Anflügen über Raunheim, verbunden mit infernalischem Dauerlärm in bisher ungekanntem Ausmaß. „Was wir in 2018 erleben, ist eine so ausgeprägte Ostwetterlage, dass es uns die Schlappen auszieht“, sagt Bürgermeister Thomas Jühe (SPD), der auch Vorsitzender der Fluglärmkommission am Flughafen ist. Es ist nämlich das Wetter, genauer gesagt der Wind, der für die Situation verantwortlich ist. Bläst der aus Richtung Osten, wird von Westen her gelandet – über Raunheim. Schlimmster Monat war der Mai, als die Stadt an nur einem Fünftel der Betriebsstunden von Überflügen verschont blieb. Und wenn es einmal kein Ostwind war, dann waren es wechselnde Winde, die die Flugsicherung davon abhielten, die Betriebsrichtung zu drehen, so Jühe. Und wenn es einmal für kurze Zeit windstill war, stand die nächste Ostwetterlage schon vor der Tür, sodass auch hier die Betriebsrichtung nicht verändert wurde. Die aktuellen Verkehrsmengen am Frankfurter Flughafen machten es grundsätzlich schwierig, die Betriebsrichtung für nur kurze Intervalle zu drehen, erläutert Jühe im Gespräch mit dieser Zeitung. Dies gelte aber für beide Anflugrichtungen.
Die Stadt will die auffällige Häufung nun zum Anlass nehmen, sich die Betriebsrichtungsverteilung in den vergangenen fünf Jahren genau anzuschauen, so Jühe. Eine Tendenz zu mehr Anflügen über Raunheim sei aber schon länger zu beobachten. „Es gibt eine signifikante Vermehrung der Betriebsrichtung 07“, sagte Jühe. Eine diskutierte aber nicht bewiesene These sehe die Ursache im Klimawandel und Veränderungen der Windverhältnisse auf der Nordhalbkugel.
Die direkten Folgen kann Jühe an den Befindlichkeiten der Raunheimer Bevölkerung ablesen. „In diesem Jahr habe ich so viel Verzweiflung erlebt, wie in den 19 Jahren nicht, in denen ich im Amt bin“, so Jühe im Gespräch mit dieser Zeitung.
„Mittlerweile beschweren sich auch Bevölkerungsteile, die bisher all das hingenommen haben, also Flughafenbeschäftigte oder Leute, die tagsüber nicht in der Stadt sind“, sagt Jühe. Das Ergebnis des hohen Anteils an Ostbetrieb sei „,mehr Lärm als in allen Prognosen.“ Die Verbesserung für Raunheim, die die Eröffnung der Landebahn Nordwest gebracht habe, sei in diesem Jahr nicht mehr zu spüren gewesen. Neben der Wetterlage seien es auch die vielen Nachtflüge und die Bauarbeiten am Bahnensystem des Flughafens gewesen, die für weitere Belastungen gesorgt hätten. Dringendes Ziel müsse es deshalb sein, wieder Lärmgerechtigkeit herzustellen, fordert Jühe. Der Anstieg der Betriebsrichtung 07 sei nicht länger zu ignorieren. „Es geht nur darum, die Lärmbelastung wieder dahin zu bringen, wo sie schon einmal war.“ Dies könne entweder durch die Erhöhung der Rückenwindkomponente erfolgen oder durch eine deutlich strengere Anwendung der bestehenden Fünf-Knoten-Regel. Die besagt, dass auch bei Rückenwind bis zu fünf Knoten gelandet werden kann. Eine Regelung, die bei leichten Ostwind dennoch Landungen von Osten her ermöglichen und Raunheim und Flörsheim entlasten soll. Sollte die Lärmreduzierung mit der konsequenten Anwendung der Rückenwindkomponente nicht erreicht werden, müsse darüber gesprochen werden, diese von fünf auf sieben Knoten zu erhöhen, so Jühe.