DER IDEALKURS
Die Abflugrouten vom Frankfurter Flughafen sind so gestaltet, dass der Idealkurs der Flugzeuge möglichst über unbewohntes Gebiet führt. Allerdings weichen manche Piloten teils erheblich von diesem Idealkurs ab. Genauere Navigation soll dies künftig verhindern.
LANGEN/NAUHEIM/TREBUR - Piloten sollen beim Abflug vom Frankfurter Flughafen besser die Spur halten können. Diesem Ziel dient ein gemeinsames Projekt von Flugsicherung, Flughafenbetreiber Fraport und Deutscher Lufthansa. Mithilfe eines neuen Navigationsverfahrens soll so der Fluglärm in Flughafennähe gemindert werden. Insbesondere Nauheim und Trebur leiden besonders unter der bisher üblichen breiten Streuung beim Abflug nach Süden.
Wie die Deutsche Flugsicherung am Freitag mitteilte, wird die Präzisionsnavigation im Luftverkehr damit auf eine neue, in Deutschland bisher unerreichte Qualitätsstufe gehoben. Das Verfahren sei am 20. Juli beim Start eines Lufthansa-Großraumjets vom Typ Boeing 747-8 erstmals zum Einsatz gekommen, berichtete Kristina Kelek von der Flugsicherung. Perspektivisch solle es auf weiteren Abflugstrecken von Frankfurt aus angewendet werden, fügte sie hinzu. Der Rhein-Main-Flughafen ist der erste in Deutschland, der dieses moderne Navigationsabflugverfahren nutzt. Dessen Einsatz geht nach den Worten Keleks auch auf die Initiative der Lärmschutzbeauftragten des Landes Hessen, Regine Barth, zurück, die Abweichungen identifiziert und beanstandet hatte.
Das Verfahren RNP (Required Navigation Performance) ermöglicht es entsprechend ausgerüsteten Jets, mithilfe der Satellitennavigation (GPS) sogenannte Radius-to-fix-Kurven (RF-Legs) zu fliegen. Piloten, die dieses Verfahren anwenden, befliegen dabei in hoher Präzision eine Kreisbahn, die von der Flugsicherung anhand eines festgelegten Radius, ausgehend von einem fixen Punkt, definiert ist. Damit können Flugzeuge ihre vorgegebene Ideallinie im Kurvenflug mit kontinuierlich gleichem Abstand zum Referenzpunkt einhalten. Die Flugsicherung rechnet damit, dass dies fühlbare positive Auswirkungen auf die Lärmbelastung der Menschen im Rhein-Main-Gebiet haben wird. Wie groß dieser Effekt sein werde, könne derzeit noch nicht mit hinreichender Sicherheit geschätzt werden, sagte Kelek. Daher soll in den kommenden Monaten ein Probebetrieb mit einem umfangreichen Monitoring für zuverlässige Messergebnisse sorgen. Das Monitoring erfolgt nach Angaben der Flugsicherung gemeinsam mit dem Umwelt- und Nachbarschaftshaus in Kelsterbach.
Simulationen haben ergeben, dass Flugzeuge mit dem neuen Verfahren selbst unter schwierigen Wind- und Wetterbedingungen die Flugwege genauer abfliegen können. Die Flugsicherung testet das Präzisionssystem jetzt ein halbes Jahr auf der sogenannten Südumfliegung auf seine Genauigkeit.
Von der angestrebten höheren Spurgenauigkeit der Abflüge profitieren können beispielsweise südliche Teile Nauheims, die Orte Trebur, Nackenheim und Bodenheim sowie einzelne Mainzer Vororte, die gegenwärtig noch aufgrund erlaubter Abweichungen von der Ideallinie bei der Nutzung der konventionellen Abflugroute überflogen werden.
Damit die Präzisionskurven überhaupt geflogen werden können, müssen Flugzeuge mit moderner Satellitennavigationstechnik ausgerüstet sein. Gegenwärtig wird nur ein Teil der von Frankfurt abfliegenden Flugzeuge das Verfahren anwenden können. Die Lufthansa hingegen hat nach eigenen Angaben bereits nahezu ihre gesamte Flotte mit der speziellen Technik ausgerüstet.