Der „Engel der Kulturen“ rollt von Mörfelden nach Walldorf. Mit dem Kunstprojekt setzen sich Gregor Merten und Carmen Dietrich für einen interreligiösen Dialog und die Stärkung der Demokratie ein. Foto: Vollformat/Sebastian Schwappacher
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MÖRFELDEN-WALLDORF - Am Ende standen Vertreter jüdischer und muslimischer Glaubensrichtungen eingehakt auf dem Walldorfer Bahnhofsvorplatz und verfolgten die Abschlusszeremonie des Kunst- und Politikprojekts „Engel der Kulturen“. Rund drei Stunden lief die Aktion da schon, auf dem Vorplatz stärkten sich Teilnehmer mit Bratwurst, Kuchen, türkischen Gerichten und Spezialitäten aus Pakistan.
So entstand genau die Atmosphäre, die das Künstlerehepaar Gregor Merten und Carmen Dietrich mit seiner Aktion schaffen möchte: Friedlich vereint, im Dialog der Kulturen gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fundamentalismus.
Um sich dafür einzusetzen, sind Merten und Dietrich weltweit unterwegs und bringen die unterschiedlichsten Menschen zusammen und in Bewegung. In Mörfelden ging es vor dem alten Rathaus los, von wo aus ihre runde Skulptur bis nach Walldorf gerollt wurde. In dem etwa eineinhalb Meter großem Ring sind die Symbole von Islam, Juden- sowie Christentum angedeutet und erzeugen die Silhouette eines Engels.
UM WAS GEHT ES?
Das Kunstprojekt „Engel der Kulturen“ läuft seit 2008. Mittlerweile hat das Künstlerehepaar Gregor Merten und Carmen Dietrich mehr als 110 Städte besucht, darunter Istanbul, Belgrad und Brüssel. In allen Städten wurde Wert auf die Einbeziehung der jungen Generation gelegt. Auch in Mörfelden-Walldorf spazierten zahlreiche Kinder und Jugendliche mit. (ses)
Der Engel ist eher zufällig entstanden, erzählte Dietrich, die der Wunsch nach mehr Zusammenhalt antreibt. Dem stehe aber das Erstarken von Antisemitismus, Rechtsextremismus und nationalistischen Einstellungen entgegen. Und aus Angst vor Wahlerfolgen von Extremisten rücke auch die gesellschaftliche Mitte nach rechts, stellte die Künstlerin fest.
Friedlich vereint gegen Antisemitismus
Im Vorfeld der Aktion legten sich daher Anette Keim und Kristin Flach-Köhler als Leiterinnen des Integrationsbüros und des evangelischen Zentrums für interkulturelle Bildung ins Zeug, um möglichst viele Religionsgemeinschaften, Vereine, Schulen und Initiativen einzubeziehen. Die Mühe hat sich gelohnt, rund 30 Institutionen begleiteten den „Engel der Kulturen“ auf seinem Weg. Los ging es mit dem evangelischen Posaunenchor auf dem Dalles, wo Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) ein Wandobjekt enthüllte. Anschließend zogen rund 80 Spaziergänger Richtung Walldorf. Unterwegs warteten an sechs Stationen Gedichte, Musik oder Vorträge.
Am Bahnhof war für ein entspanntes Abschlussfest gesorgt, in dessen Rahmen die Kunstaktion zu Ende ging. Doch zuerst rückten Vertreter verschiedener Religionen zum Friedensgebet zusammen. Anschließend verlegte Mertens auf dem Bahnhofsplatz eine Metallplatte mit dem Symbol des „Engels der Kulturen“.
Als nächstes ist das Künstlerpaar nach Wuppertal eingeladen, und für die dortige Aktion wurde in Walldorf gleich die nächste Metallplatte mit einem Schneidbrenner angefertigt.
Die Künstler legen Wert drauf, viele Menschen einzubeziehen. So rollten Spaziergänger die Skulptur und fertigen an den Station Sandbilder des Engels. Von einem „wunderbar gelungenen Tag“, sprach Dietrich tief berührt angesichts des großen Engagements und der guten Resonanz.
Der Dialog zwischen Kulturen und Religionsgemeinschaften wird in Mörfelden-Walldorf auch nach dem Kunstprojekt nicht aufhören. So sind bereits weitere Veranstaltungen für September in Planung, kündigten Keim und Flach-Köhler an.