Die Ausweitung des Nachtflugverbots für den Frankfurter Flughafen ist Thema einer Diskussionsveranstaltung im Walldorfer Rathaus gewesen, zu der rund 100 Bürger gekommen sind. Archivfoto: Hans Dieter Erlenbach
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MÖRFELDEN-WALLDORF - Um das Nachtflugverbot von der Mediationsnacht (23 bis 5 Uhr) auf die gesetzliche Nacht (22 bis 6 Uhr) auszuweiten, braucht es die Bereitschaft des Flughafenbetreibers Fraport. Und gegen die deutliche Zunahme der verspäteten Landungen gibt es derzeit kaum eine Handhabe. Das ist das Ergebnis einer engagiert geführten Fluglärmdiskussion am Donnerstagabend im Walldorfer Rathaus, an der etwa 100 Besucher teilgenommen haben.
Thomas Norgall, Umweltreferent des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) und die Fluglärmschutzbeauftragte der hessischen Landesregierung, Regine Barth, machten den Menschen wenig Hoffnung, an der aktuellen Situation etwas ändern zu können. Im Gegenteil: Der Flughafen kann seine Kapazität von derzeit etwa 450 000 Flugbewegungen auf 701 000 Flugbewegungen pro Jahr sogar noch ausweiten. Denn das ist im höchstrichterlich bestätigten Planfeststellungsbeschluss so festgelegt.
Ärger wegen Ryanair
Genauso wie das Nachtflugverbot und die Möglichkeit, in Ausnahmefällen nach 23 Uhr noch zu landen oder zu starten. Im vergangenen Jahr ist das rund 1150 mal passiert. Und es könnte noch deutlich mehr werden, denn der Planfeststellungsbeschluss lässt bis zu 7,5 verspätete Starts und Landungen im Jahresdurchschnitt zu. Derzeit sind es aber nur etwa 2,1. Auch hier ist noch Luft nach oben, ohne dass Sanktionen greifen könnten.
AUSNAHMEN
Der Planfeststellungsbeschluss zum Flughafenausbau lässt Ausnahmen für verspätete Starts und Landungen zwischen 23 Uhr und Mitternacht zu. Nach Mitternacht nur in Notfällen.
Ausnahmen gibt es zum Beispiel bei besonderen Wetterereignissen. So dürfen nach heftigen Gewittern oder starken Schneefällen, die tagsüber den Flughafenbetrieb beeinträchtigt haben, die betroffenen Flugzeuge, die normalerweise vor 23 Uhr gestartet oder gelandet wären, auch nach 23 Uhr noch starten und landen. Verspätete Landungen sind auch dann möglich, wenn es am Abflug-Flughafen zu Verspätungen gekommen ist.
Alle nach Mitternacht ankommenden Flugzeuge werden zu anderen Flughäfen umgeleitet. (ha)
Regine Barth zeigt die weitgehende Hilflosigkeit gegenüber der aktuellen Situation auf. Der Ärger entzündet sich derzeit besonders an dem Billigflieger Ryanair, der, seit er in Frankfurt startet und landet, für die meisten Verspätungsflüge verantwortlich ist. Ryanair ist nicht nachzuweisen, dass diese Verspätungen durch die Flugplangestaltung entstehen. Denn nur dann wären sie sanktionsfähig. Immerhin liegen inzwischen zwei Fälle beim Darmstädter Regierungspräsidium zur Prüfung, denn auffallend sind häufige Verspätungen von Flügen aus Barcelona und London-Stansted. Wäre hier der Flugplan zu eng getaktet, könnten Bußgelder verhängt werden. Ein Verfahren, das sich laut Regine Barth wohl lange hinziehen wird.
Die Fluglärmschutzbeauftragte setzt eher auf Gespräche und darauf, Problemdruck aufzubauen. „Wir machen, was wir können“, versicherte Barth.
Für Thomas Norgall ist ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr „die zentrale Forderung beim Lärmschutz“. Klar sei auch, dass dieses Ziel politisch nicht zu erreichen sei. Norgall setzt vielmehr auf den Fraport-Aufsichtsrat, in dem viele Gewerkschaftsvertreter säßen. Sie müsse man für das Nachtflugverbot gewinnen, um im Aufsichtsrat Druck zu machen. Er weiß aber auch: „Das werden wir so schnell nicht erreichen, die Hemmnisse sind gewaltig, es wird ein harter und dorniger Weg“. Norgall forderte, Fluggesellschaften, die permanent nach 23 Uhr landen, müsse die Start- und Landeerlaubnis in Frankfurt entzogen werden. Momentan testeten die Billigflieger ihre Grenzen aus. In der teilweise hitzig geführten Diskussion wurde immer wieder die Politik zum Handeln aufgefordert. Barth kündigte an, noch vor der Sommerpause werde eine Lärmobergrenze festgezurrt, die 1,8 Dezibel unter dem im Planfeststellungsbeschluss errechneten Fluglärm liege. Allerdings gerechnet auf 701 000 Flugbewegungen und deshalb sogar noch höher, als der derzeitige Lärm bei rund 450 000 Flugbewegungen. Norgall forderte, die Lärmobergrenze müsse einklagbar sein. Bisher ist sie lediglich ein unverbindlicher Richtwert.
Regine Barth zerstreute die Meinung einiger Diskussionsteilnehmer, Fraport wachse durch Billigflieger. Das derzeitige Wachstum generiere sich vor allem durch die Lufthansa und nicht durch Ryanair.
Das Fazit der Diskussion: Fraport alleine kann auf Rechte aus dem Planfeststellungsbeschluss verzichten und müsste, wie damals das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr, ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr von sich aus beantragten. Fraportchef Stefan Schulte geht aber eher den anderen Weg. Er fordert immer wieder Lockerungen des Nachtflugverbots.