Erziehermangel führt zu langer Warteliste in den Kitas

Platzmangel bei der Kinderbetreuung war am Donnerstag Thema in der Stadthalle. Simone Chlebek von der Familieninitiative führte als Moderatorin durch den Abend. Links im Bild Erster Stadtrat Burkhard Ziegler. Foto: Vollformat/Sebastian Schwappacher

Bei einer Dialogveranstaltung von Familieninitiative und Stadt Mörfelden-Walldorf machen 120 Eltern, die auf einen Platz für ihre Kinder warten, ihrer Verärgerung Luft

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MÖRFELDEN-WALLDORF. Kindergartenplätze sind mehr als knapp und das Sozialamt führt eine lange Warteliste. Unter Eltern – zumal wenn das eigene Kind noch keinen Platz hat – ist der Engpass ein großes Thema. Denn wie soll man den Wiedereinstieg in den Beruf planen, wenn die Betreuungsfrage offen ist?

Als Reaktion gründete sich eine Familieninitiative, die zuletzt in regem Austausch mit Verwaltung und Ersten Stadtrat Burkhard Ziegler (FW) stand. Bei einer Dialogveranstaltung von Stadt und Initiative am Donnerstagabend war der Zuspruch entsprechend groß. Rund 120 Besucher kamen in die Walldorfer Stadthalle und hatten ausgiebig Gelegenheit, Fragen zu stellen und ihrem Ärger Luft zu machen.

„Ich kann ihre Wut gut verstehen“, sagte Burkhard Ziegler. Er wisse aber auch, dass Verständnis allein, nicht helfe. Immer wieder erklärte der Sozialdezernent, die Verwaltungsabläufe, den rechtlichen Rahmen und vor allem die angespannte Lage in den Kitas. Seit etwa eineinhalb Jahren sehe man sich mit einer neuen Situation konfrontiert und komme mit dem Einstellen von Fachpersonal nicht hinterher, war zu erfahren. Bundesweit fehlten auf absehbare Zeit eine halbe Million Erzieher. In den vergangenen Jahren habe man zwar Einrichtungen ausgebaut, nun fehle es aber am Personal, so Ziegler.

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Für bessere Stimmung sorgten die Schilderungen nicht, in entsprechend angespannte Elterngesichter blickt man. Dabei wiederholte sich eine Frage der Besucher: Wann kann die Stadt sagen, ob und zu welchem Zeitpunkt man mit einem Platz rechnen kann. Denn den Vätern und Müttern ging es nicht zuletzt um eine verlässliche Planung.

Von Verwaltungsseite müsse dafür mehr unternommen werden, forderte Moderatorin Simone Chlebek von der Familieninitiative. Etwa, indem Eltern klar gesagt werden, auf welchem Wartelistenplatz sie stehen und intensiver nach neuen Erziehern gesucht werde.

„Wir versuchen alles, was geht“, machte die zuständige Abteilungsleiterin Marion Schrader deutlich. So habe man früh die Bezahlung für Erzieher angehoben, die Anzahl der Auszubildenden verdoppelt und den Beruf für Quereinsteiger attraktiver gemacht.

Problematisch sei, dass die Ausbildung relativ lange dauere und selbst bezahlt werden müsse, ergänzte der Erste Stadtrat. Dazu komme, dass Bund und Land nicht ausreichend unterstützten. Vielmehr habe die Landesregierung mit der eingeführten Beitragsfreiheit den Druck noch erhöht, so der Erste Stadtrat. „Es wurde der zweite vor dem ersten Schritt gemacht“. Besser wäre es gewesen, erst durch Anpassungen der Ausbildung für mehr Fachkräfte zu sorgen.

Um Fachkräfte besser anwerben zu können, möchte die Verwaltung den Betreuungsschlüssel deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen halten. Denn das sei für Erzieher ein wichtiges Kriterium, da sie nur so ihre Arbeit richtig machen könnten, betonte Burkhard Ziegler. Auch sorge ein besserer Personalschlüssel dafür, dass Kitas nicht sofort geschlossen werden müssen, wenn Erzieher ausfallen.

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Dem stimmte eine anwesende Erzieherin zu, die klar machte, dass niemand zu dritt mit 50 Kindern arbeiten wolle und könne. Wenn Eltern wirklich etwas verändern wollten, müssten sie zusammen mit Erziehern protestieren. Dafür brauche es einen langen Atem, der über die Kindergartenzeit des eigenen Nachwuchses hinausgehen müsse, so die Erzieherin.

„Je größer der Druck auf uns, desto mehr muss der Standard gesenkt werden“, so Burkhard Ziegler. Der Erste Stadtrat nahm sich mehr als zwei Stunden Zeit für Sorgen und Nöte der Eltern. Dabei zeigte sich, wie vielschichtig das Platzproblem ist und dass eine Lösung nicht allein im Rathaus gefunden werden kann.

Von Sebastian Schwappacher