40 Menschen ohne Wohnung sollen am Rand des Mörfelder Gewerbegebiets Süd eine vorläufige Bleibe finden.
MÖRFELDEN-WALLDORF. Rund 130 Menschen in der Doppelstadt sind aktuell von Obdachlosigkeit betroffen, davon mehr als 30 Kinder – das sind fast viermal so viele wie noch vor neun Jahren. Auf einem städtischen Grundstück in der Siemensstraße/Raiffeisenstraße in Mörfelden entsteht derzeit eine Wohnanlage, die bis zu 40 Betroffenen eine vorübergehende Heimat bieten soll.
Bei sengender Hitze wurden am Dienstag die Bauelemente mit großem Gerät und Manneskraft aneinander montiert. Was vielerorts, wo Raum fehlt, etwa für die Kinderbetreuung, eine Schnelllösung ist, ist auch hier das Mittel der Wahl: Wohncontainer. Zehn Wochen von der Fertigstellung in der Fabrik und dem Ausbau dauert es bis zum Bezug. Drei Zimmer, Küche, Bad, rund 60 Quadratmeter Wohnfläche je Einheit entstehen derzeit im Gewerbegebiet Mörfelden. Mitte August, so der Zeithorizont, sollen die neuen Bewohner in die acht Containerwohnungen einziehen.
Obdachlosigkeit, so der Tenor beim Pressegespräch mit Ämtern und Verwaltungsspitze, habe heute ein neues Gesicht. „Das Bild vom älteren, trinkenden Mann deckt sich kaum noch mit aktuellen Problemen“, erläutert Heimo Boschert, Leiter des Wohnungsamts. Hinter der Pauschalbezeichnung Obdachloser verbergen sich Einzelschicksale unterschiedlichster Natur. Finanzielle Engpässe, Scheidung, ohne eine räumliche Trennung vollziehen zu können, Arbeitslosigkeit, alleinerziehend mit Kind. Lag die durchschnittliche Verweildauer Betroffener in einer städtischen Unterkunft vor einigen Jahren bei drei bis sechs Monaten, sind es heute zwei bis drei Jahre.
Auch anerkannte Flüchtlinge mit Familiennachzug sollen bei der Wohnungsvergabe berücksichtigt werden. Allen ist eines gemeinsam: Auf dem Wohnungsmarkt gibt es für sie keine bezahlbare Bleibe. „Es handelt sich um Bürger unserer Stadt, und wir sind in der Pflicht zu helfen“, sagte Erster Stadtrat Burkhard Ziegler (Freie Wähler).
675 000 Euro nimmt die Stadt für den Ankauf der Wohncontainer in die Hand – die Kosten, so Ziegler, könnten über die Mieteinnahmen refinanziert werden. Weitere 125 000 Euro sind für die nötige Infrastruktur in der kleinen Siedlung am Rande des Gewerbegebiets vorgesehen (Parkplätze, Fahrradständer, Grünfläche). Die Unterkünfte sollen dort nicht von Dauer sein, so Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD), zumal Wohnen im Gewerbegebiet nicht zulässig sei: „Und wir wollen natürlich keine sozialen Brennpunkte schaffen.“
Schon vor Längerem war klar, dass die Stadt am Rande ihrer Kapazität ist. „Alle unsere Unterkünfte sind so vollgestopft, dass die Kinder keine Hausaufgaben machen können“, so Boschert. Auf gut ein Dutzend Standorte sind Betroffene verteilt. Nun soll mit den neuen Wohneinheiten Entspannung geschaffen werden. „Jeder hat ein Recht auf neun Quadratmeter“, lautet die rechtliche Grundlage.
Aus 32 Containermodulen wurden je vier zu einer Wohnung zusammengefügt – das Ensemble ist zweigeschossig. Belegt wird nach einer Prioritätenliste: Härtefälle, etwa häusliche Gewalt, haben Vorrang. Auch sozialpädagogische Begleitung ist vorgesehen. Boschert: Die Kinder sollen zur Schule und zum Kindergarten gehen.“ In der Zahl von 130 obdachlosen Bürgern verbergen sich circa 35 Kinder und Jugendliche zwischen einem und 17 Jahren. „Krisenintervention Erwachsene“ – hinter diesem Begriff verbirgt sich die Arbeit einer Verwaltungsmitarbeiterin, die sich explizit um diese Menschen kümmert.