Bürgerinitiative Lausböhl in Dornberg zweifelt an...

Matthias Drodt vor den Verladegleisen am Dornberger Bahnhof. Foto: Vollformat/Heimann

Matthias Drodt steht am Dornberger Bahnhof, blickt auf die fünf Verladegleise. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Zwischen den Schwellen sprießen Gräser, über...

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DORNBERG. Matthias Drodt steht am Dornberger Bahnhof, blickt auf die fünf Verladegleise. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Zwischen den Schwellen sprießen Gräser, über einem Gleis wuchert Gebüsch. Züge sind dort schon lang nicht mehr gefahren. Um das festzustellen, muss man kein Experte sein.

Die Gleise aber spielen eine zentrale Rolle bei dem Thema, das im vorigen Jahr die politische Debatte in Groß-Gerau wie kein zweites geprägt hat: die Erweiterung der Kfz-Aufstellfläche am Lausböhl in Dornberg. Wer von der leicht erhöhten Warte des Bahnhofs aufs Areal der Firma ARS Altmann Automobillogistik schaut, sieht ein pickepacke volles Gelände. Das Unternehmen will daher seinen 5500 Stellplätzen auf einer Fläche von 1,6 Hektar 600 zusätzliche hinzufügen. Im Stadtparlament votierten CDU, Grüne, Kombi und FDP im November dafür, SPD, Bürgerliste und Linke/Offene Liste dagegen.

Ob es eine Zustimmung für den Bebauungsplan geben würde, hing lange am seidenen Faden. Vor allem die Grünen schwankten. Erst die Zusicherung, dass der Gleisanschluss reaktiviert werden soll, sicherte die Mehrheit für das Projekt.

Matthias Drodt gehört zur Bürgerinitiative (BI) Lausböhl, die sich 2015 formiert hat und gegen die Erweiterung wehrt. Sie wirft dem Unternehmen vor, Versprechungen nicht einzuhalten. Schon vor dem Offenlegungsbeschluss sei fälschlicherweise erklärt worden, der Bahnanschluss werde genutzt, sagt der Fünfzigjährige, der bei der Bahn im IT-Management arbeitet. Seine Frau Beate (48) formuliert es so: "Für mich heißt die Konsequenz: Sage nicht die Wahrheit, dann komme ich durch."

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Die BI beruft sich auf Aussagen, dass im ersten Quartal 2017 die ersten Autos mit der Bahn angeliefert werden sollten. So ist es auch berichtet worden. Das Unternehmen hält dagegen, dass es diese zeitliche Festlegung nicht gegeben habe. Auch Groß-Geraus Bürgermeister Stefan Sauer (CDU) hat dies nicht im Ohr. "Von November bis zum ersten Quartal wäre sehr knapp", sagt er. Als Groß-Gerau den Bahnhof umgestaltet habe, hätten Betriebspausen mit mehr als einem Jahr Vorlauf beantragt werden müssen.

Zweifel am Willen der Spedition, Verkehr auf die Schiene zu verlagern, hält Sauer für ungerechtfertigt. "Das Interesse ist wirklich groß." Die Stadt habe sich eigens in die Gespräche mit der Bahn eingeklinkt, damit es am Ende nicht heiße, es sei nichts zu machen gewesen. Altmann betont, der Bahn im Dezember 2016 ein Verladekonzept vorgelegt und die Gleise bereits für den aktuellen Fahrplan bestellt zu haben. Zum Vorschlag, die Gleise fest zu mieten, liege noch keine abschließende Stellungnahme der DB Netz AG vor. Allerdings gebe es die Zusage, dass die Gleise mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 zur Verfügung stünden. Groß-Geraus Bürgermeister hält das für eine erfreuliche Nachricht. "Uns geht es damit gut."

Matthias Drodt und seine Mitstreiter fühlen sich angesichts der geplanten Erweiterung weit weniger wohl. Altmann rechnet damit, innerhalb der nächsten zwei Monate die Baugenehmigung zu erhalten - und dann soll es auch losgehen. Für Drodt, der aus den Fenstern seines Hauses auf das Parkhaus blickt, das der Altmann-Vorgänger Strasser einst vom Münchner Flughafen erworben hat, bedeutet dies, dass der Parkplatz bis auf 90 Meter an sein Grundstück heranrücken wird. Die Lage am Feldrand sei privilegiert, dass wisse er, sagt Drodt. Bedenken haben er und seine Nachbarn aber, dass der Lärm zunehme, Beleuchtung störe und die Entwässerung nicht richtig geregelt werde. Bei der Anlieferung der Autos mit Lastern befänden sich weniger als die acht auf den Hängern, mit denen in den Gutachten gerechnet werde.

Drodt und seine Frau beklagen den Verlust landwirtschaftlicher Fläche, hätten ein mobiles Parkhaus weiterer Versiegelung vorgezogen. Altmann hat das seit Anfang der achtziger Jahre im Flächennutzungsplan für Gewerbe vorgesehene Areal indes schon vor mehr als einem Jahrzehnt gekauft - und das wohl kaum mit der Absicht, dort ein Biotop anzulegen.

Die Anwohner stören sich auch daran, dass Autolaster im Halteverbot stehen und Fahrer schon mal ihre Notdurft im Freien verrichten. Bürgermeister Sauer sieht die Lage bei Weitem nicht so dramatisch. Bis jetzt habe es keine Beschwerde gegeben, dass Busse nicht durchkämen. "Wir haben da keinen Stress." Mit der Erweiterung werde sich die Lage entspannen. Und Altmann beteuert, dass Fahrer die zusätzlich aufgestellten Toiletten- und Aufenthaltscontainer an sieben Tagen in der Woche selbstredend rund um die Uhr nutzen könnten. Im Übrigen suche man noch händeringend nach einem Gelände, auf dem man bei starker Frequentierung Lastwagen abstellen könne.

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Was die Verladegleise angeht, glaubt Drodt nicht an eine intensive Nutzung. Bei den kurzen Gleisstücken müsse zu viel rangiert werden, die Personalkosten bei der Entladung seien zu hoch. Die Spedition betont, mit 3000 Autotransportwaggons das größte private Eisenbahnunternehmen Europas zu sein. Wie die Autos angeliefert werden, entscheide zwar der Kunde, doch sei ein Bahnanteil von 30 Prozent am Gesamtvolumen realistisch. Die Ansichten prallen also aufeinander. Wer recht hat, wird sich im nächsten Jahr zeigen.