Selbsthilfetag: Gruppen aus dem Kreis stellen sich auf dem...

Beim Selbsthilfetag auf dem Groß-Gerauer Sandböhl misst Gerhard Schäfer (rechts) von der Diabetiker-Selbsthilfegruppe  Groß-Gerau den Insulinwert von Dieter Maurer. An dem Informationstag haben rund ein Dutzend Gruppen teilgenommen. Foto: Vollformat/Alexander Heimann  Foto: Vollformat/Alexander Heimann

„Auf vielen Händen ist keine Last zu schwer“: Der Satz pointiert, worum es den rund 50 Selbsthilfegruppen im Kreis geht. Als sich am Samstag ein gutes Dutzend davon sowie...

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GROSS-GERAU. „Auf vielen Händen ist keine Last zu schwer“: Der Satz pointiert, worum es den rund 50 Selbsthilfegruppen im Kreis geht. Als sich am Samstag ein gutes Dutzend davon sowie kooperierende, soziale und karitative Organisationen auf dem Groß-Gerauer Sandböhl präsentierten, waren die ermunternden Worte auf Papiertaschentüchern der Seelsorge in Notfällen (SIN) zu lesen. Und doch schienen sie maßgeschneidert für alle, die unter Pavillons ihre Gruppe vorstellten – unter anderem die Diabetiker-Selbsthilfegruppe, die Alkohol- und Suchtselbsthilfe (ASS), die Psycholotsen oder die Angehörigengruppe psychisch Kranker.

„Gemeinsam statt einsam“ lautete das Motto, denn wer seine Probleme mit anderen in ähnlicher Lage teilt, hat einen wichtigen Schritt zum Gesundwerden getan. Landrat Thomas Will (SPD), Schirmherr des ersten Selbsthilfetags, sagte: „Selbst – das meint, nicht auf die Hilfe zu warten, sondern Probleme aktiv anzupacken. Wer seine Erfahrung teilt, hilft sich und anderen.“ Selbsthilfe und Ehrenamt seien wichtige Säulen unserer Zivilgesellschaft, so Will: „Unbezahlbar, doch von hohem Wert.“

Deutschlandweit engagieren sich drei Millionen Menschen

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Charly Wambold und seine Trommler hatten den Selbsthilfetag eröffnet, hatten Besucher „herbeigetrommelt“, wie es Groß-Geraus Bürgermeister Erhard Walther (CDU) sagte. „Jeden Tag tragen in Ehrenamt und Selbsthilfe Menschen dazu bei, dass wir Solidarität leben. 80 000 Selbsthilfegruppen gibt es deutschlandweit, drei Millionen Menschen engagieren sich.“ Besonders freute sich Annemarie Duscha über den ersten Selbsthilfetag, organisiert sie doch für die Paritätische Projekte gGmbH mit Sitz in Dreieich seit einem Jahr in ihrem Büro im Landratsamt Fortbildungen und bringt die Vernetzung der sozialen Einrichtungen und Initiativen sowie Neugründungen von Selbsthilfegruppen voran. „Selbsthilfegruppen sind immer häufiger eine Option, sich Unterstützung zu suchen. Das Besondere: Alle Teilnehmenden kennen die Situation aus eigenem Erleben“, sagte sie.

Derzeit würden für den Kreis Groß-Gerau sogenannte „In-Gang-Setzer“ geschult, die Selbsthilfegruppen in der Aufbauphase begleiten sollen, so Annemarie Duscha. „Es zeigt sich: Aller Anfang ist schwer.“ Während des ersten Jahres des Selbsthilfebüros im Kreis habe es schon Neugründungen gegeben, berichtete sie – eine Gruppe für Schilddrüsenerkrankungen, eine für Menschen mit Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie), eine Gruppe für Menschen mit Trennungsschmerz sowie die Selbsthilfegruppe „Jung und Parkinson“. Viele Engagierte betonten: „Dass man durch die eigene Offenheit anderen helfen kann, macht stark.“

Während der Verein „Auszeit“ Rädchen und Roller für Kinder bereitstellte, gingen Erwachsene von Stand zu Stand: Bei der Kreisvereinigung Lebenshilfe, in der Angehörige von Menschen mit Behinderung aktiv sind, hielten Freunde einen Plausch, Gerhard Schäfer von der Diabetes-Selbsthilfegruppe bot Blutzuckerspiegelmessungen an. „Zehn Prozent der deutschen Bevölkerung sind Diabetiker, 2500 dürften es in der Kreisstadt sein“, so Gerhard Schäfer. Bei der Angehörigengruppe psychisch Kranker berichteten Eltern davon, dass das Thema seelische Erkrankung noch immer tabuisiert werde. Intensive Gespräche gab es an vielen Pavillons – indes: Mancher hätte sich mehr Besucher gewünscht.

„Wen’s nicht betrifft, der kommt nicht, den interessiert es halt nicht“, merkte Karin Balkmann vom Nähkreis der Diakonie an.

Als die psychiatrieerfahrene Theatergruppe „Habbat“ aus Heidelberg auf der Freiluftbühne auftrat, blieben Passanten stehen.