Sonntag,
09.07.2017 - 09:10
3 min
Räume der Tafel in Groß-Gerau komplett zerstört

Von Susanne Wildmeister
Lokalredakteurin Groß-Gerau Echo, Ried Echo

Die Gebäude des Mehrgenerationehauses und der Groß-Gerauer Tafel werden in der Nacht auf Sonntag Opfer eines Großbrandes. Foto: Alexander Heimann
GROSS-GERAU - Ein Großbrand hat in der Nacht zum Sonntag die Räume der Tafel komplett zerstört. Das Mehrgenerationenhaus der Diakonie neben der Groß-Gerauer Nordkirche ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Gegen 1.20 Uhr war die Feuerwehr alarmiert worden. Als die ersten Fahrzeuge an der Einsatzstelle in der Danziger Straße ankamen, wurde das ganze Ausmaß schnell sichtbar: Das unbewohnte Gebäude stand bereits lichterloh in Flammen. Über Sirene wurde nachalarmiert, zusätzlich wurde Unterstützung aus der Nachbarschaft angefordert. Rund 120 Feuerwehrleute aus dem gesamten Kreisgebiet kämpften gegen das Feuer an.
"Unser Hauptaugenmerk lag darauf, dass das Kirchengebäude erhalten bleibt", schilderte Susanne Nold, Pressesprecherin der Groß-Gerauer Feuerwehr. Dies ist den Einsatzkräften gelungen. Während das Mehrgenerationenhaus, in dem unter anderem auch Begegnungscafé, Sozialkaufhaus und Tagespflegestützpunkt untergebracht waren, nicht gerettet werden konnte, blieben umstehende Gebäude verschont.
Noch bis gegen 13.30 Uhr am Sonntagmittag waren Feuerwehrleute mit Nacharbeiten beschäftigt. Unter anderem wurden Glutnester gelöscht und einsturzgefährdete Teile des Daches abgerissen. Hierbei habe man zusätzlich auf die Unterstützung der Berufsfeuerwehr Darmstadt zurückgreifen können, so Nold. Ebenfalls im Einsatz waren Polizei, DRK und THW.
Zur Brandursache gibt es bislang keine Informationen. Die Brandursachenermittler der Polizeidirektion Groß-Gerau werden an diesem Montag die Arbeit aufnehmen. Auch die Höhe des Schadens soll durch Sachverständige noch geklärt werden. Er dürfte in die Hundertausende gehen.
Die "schreckliche Nachricht" erreichte Lucian Lazar, Leiter des Diakonischen Werks Groß-Gerau/Rüsselsheim, am Sonntag in Bayern. "Das ist ein enormer Schlag für uns", sagte er am Telefon, während er auf der Heimfahrt im Stau stand. Lazar zeigte sich betroffen vom Ausmaß des Schadens. Dieser lasse sich für die Diakonie nicht allein in Geld beziffern.
Mit Spenden und Unterstützung aus der Bevölkerung war das Gebäude zu einem lebendigen Treffpunkt, unter anderem für Bedürftige und Asylsuchende, ausgebaut worden. "Es hatten sich hier so viele Angebote etabliert." Unter anderem fanden Nähkurse oder interkulturelles Kochen statt. Noch vor wenigen Tagen hatten hier Flüchtlingsfrauen in der Küche gemeinsam Rezepte aus ihrer Heimat zubereitet.
MEHRGENERATIONENHAUS
Komplett ausgebrannt ist das Mehrgenerationenhaus des Diakonischen Werks Groß-Gerau/Rüsselsheim in der Danziger Straße. Darin befanden sich die Räume von Tafel und Sozialkaufhaus auf rund 250 Quadratmetern sowie das Begegnungscafé auf rund 100 Quadratmetern.
Rund 40 Ehrenamtliche gehören neben 2,5 hauptamtlichen Kräften zum Team der Tafel, die wöchentlich immer donnerstags rund 80 bis 90 Haushalte aus Groß-Gerau und benachbarten Orten mit Lebensmitteln versorgt. Insgesamt machen rund 500 berechtigte Personen vom Angebot der Groß-Gerauer Tafel Gebrauch.
Eine begehbare Kühlzelle war das Herzstück der Tafel, "ebenfalls eine Spende", erklärt Lazar. Ohne Kühlgeräte ist die Lebensmittelausgabe vorerst nicht möglich. Wie es weitergehen soll, ist noch vollkommen offen. Eines kann Lucian Lazar allerdings schon wenige Stunden nach dem Brand mit Gewissheit sagen: "Wir brauchen dringend Unterstützung für den Wiederaufbau der Tafel". Von zentraler Bedeutung ist neben der Beschaffung von Kühlmöglichkeiten eine räumliche Lösung.
Als Provisorium könnte womöglich das nach der Fusion von Nord- und Stadtkirche leer stehende Kirchengebäude genutzt werden. Der Umbau des früheren Gotteshauses in ein Diakoniezentrum mit Büros und Wohnungen ist ohnehin demnächst geplant. Diese Idee hatte auch Klaus Engelberty, Bereichsleiter Diakonie Mitte und Koordinator der Tafel. Engelberty, der zurzeit im Urlaub ist, zeigte sich am Sonntag "geschockt". Die soziale Begegnungsstätte sei über Jahre mit großem Engagement aufgebaut worden, nach dem Brand müsse man wieder von vorn beginnen.