Leidenschaft, Wehmut und Tragik im Groß-Gerauer Landratsamt

GROSS-GERAU - Es waren vor allem der erste und der dritte Satz aus Robert Schumanns Fantasie C-Dur Opus 17, bei denen es schien, als halte das Publikum beim dritten Abendkonzert im vollbesetzten Büchnersaal des Landratsamts den Atem an: Die Leidenschaft und Wehmut des ersten Satzes sowie die betont langsam gespielte tragische Tiefe des dritten bildeten zum Ende des Klavierabends mit Ingo Dannhorn (46) die krönenden Klangperlen eines herausragenden Musikerlebnisses.

Der Pianist, Preisträger internationaler Wettbewerbe, den etwa Gerhard Oppitz, bis 2013 Musikprofessor der Münchner Musikhochschule, zu den „bemerkenswertesten Pianisten seiner Generation“ zählt, spielte die Schumann-Fantasie ohne Notenvorlage mit schlafwandlerischer Souveränität, die den Empfindungsreichtum unsentimental hörbar machte: War die Fantasie des damals 29-jährigen Komponisten, erschienen 1839, als Ruhmesdenkmal für den 1827 verstorbenen Ludwig van Beethoven geplant, so geriet sie doch ihrem Wesen nach zu einer Liebeserklärung an Clara Wieck, Schumanns spätere Frau.

Ingo Dannhorn führte das Publikum mit Lesung aus dem Briefwechsel von Schumann und Wieck an das Werk heran, doch weist die Fantasie in ihrer Innigkeit weit darüber hinaus: Inmitten der vollkommenen, fast greifbaren Stille im Saal trafen die Leidenschaft, Dunkelheit und Zärtlichkeit dieser Musik mitten ins Herz. Dannhorn spielte das romantische Thema und die düsteren Akkordübergänge, diesen Taumel zwischen Hoffnung und Verzicht, in einer Weise, die an eine unsagbare Sehnsucht in jedem Menschen rührt.

Großer Applaus folgte hier wie freilich auch nach den fulminanten und bewegenden Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven, die im ersten Konzertteil vorausgingen. Unter dem Dichtermotto „Und ein liebend Herz erreichet, was ein liebend Herz geweiht“ stand das gesamte Konzert, wobei der Pianist auch die „Waldstein“-Sonate sowie die Sonate A-dur Opus 11 von Beethoven der Liebe zu einer fernen Geliebten zuordnete.

Liebessehnsucht und Liebestraum („In tragischer Weise durfte diese Liebe nie wahr werden“, so Dannhorn) erklangen in den Werken von 1803 und 1799 als zärtliche, nachdenkliche, von heiteren Tupfern durchsetzte und doch ins dramatisch Düstere sich wendende Gemälde. Diese großen Emotionen spielte Ingo Dannhorn so intensiv heraus, dass der Flügel unter seinen Händen gleichsam zum Orchester wurde.

Nach großem Beifall des Publikums, dem eine Zugabe folgte, dankten der Vorstand der Kreissparkasse (KSK) und Landrat Thomas Will dem Pianisten im Namen von Kreis und Geldinstitut, die nun zum zwölften Mal gemeinsam die Abendkonzertreihe ausrichten. Es sei famos, welch namhafte Künstler bei der Konzertreihe jährlich im Büchnersaal zu Gast seien, befanden viele Besucher.

„Mittlerweile ist es so, dass wir hochrangige Interpreten nicht mehr anzufragen brauchen, sondern dass sich viele bei uns bewerben. Die Konzertreihe hat weithin Renommee gewonnen“, merkten Karin Krämer vom KSK-Team und Kreispressesprecherin Angelica Taubel an. Besucher benannten als Plus im Sinn der kulturellen Teilhabe auch den günstigen Eintrittspreis (12 Euro), wobei die Buchung des Gesamtpakets (vier Konzerte 36 Euro) zudem Preisnachlass beinhalte.