Anhörung zu Tanklager-Erweiterungsplänen im Umweltausschuss des Kreistags: Größere Tanks, weniger Lkw-Fahrten?
GERNSHEIM/GROSS-GERAU - Mit der Aussicht auf Verminderung von Tanklaster-Fahrten wirbt die Firma Solvadis für ihre Pläne zur Erweiterung des Tanklagers im Gernsheimer Hafen. Vertreter der Anwohner-Initiative „Bürger in Acht“ fürchten dagegen um ihre Gesundheit und Sicherheit, sollte die Kapazität des Lagers wie vorgesehen um 70 Prozent erhöht werden. Bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Kreistags zu Solvadis legten beide Seiten am Dienstagabend in sachlicher Form ihre Argumente dar.
Der Kreistag hatte sich im Juni in einer Resolution gegen die Erweiterungspläne von Solvadis ausgesprochen. Erster Kreisbeigeordneter Walter Astheimer (Grüne) deutete am Dienstag an, dass die Stellungnahme des Kreises im Genehmigungsprozess ähnlich ausfallen werde. Mehrere Redner betonten jedoch, dass die behördliche Entscheidung über die Genehmigung nach Recht und Gesetz im Regierungspräsidium Darmstadt fallen werde.
„Die vorhandenen Tanks sind einfach zu klein, um eine komplette Schiffsladung aufnehmen zu können“: So begründete Solvadis-Bereichsleiter Georg Lammers vor dem Ausschuss die Absicht, fünf deutlich größere Tanks zu errichten. Dadurch könnten auch voll beladene Tankschiffe leergepumpt werden, man spare Schiffsbewegungen. Aber auch Lastwagenfahrten „zur Nachversorgung“ würden reduziert.
Lammers verwies auch darauf, dass Solvadis einen siebenstelligen Betrag in einen neuen Bahnanschluss investiere; die Gleise würden derzeit gelegt, zum Jahresende könnten Züge vorfahren. „Im Endeffekt können wir bei Warenein- und -ausgang Lkw-Transporte reduzieren.“ Dies sei umweltpolitisch wünschenswert.
Mehrere Ausschussmitglieder äußerten Zweifel an der Aussicht, dass trotz deutlich erhöhter Lagerkapazität weniger Lastwagen Solvadis ansteuern. Dies sei aber letztlich nicht entscheidend, erklärte Astheimer: Tatsache sei, dass ein Betrieb wie Solvadis in 30 Meter Entfernung von Wohnhäusern gemäß Seveso-Richtlinie heute nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Daher könne man eine Erweiterung aus Sicherheitsgründen nicht unterstützen.
Sicherheitsbedenken standen auch mit Mittelpunkt der Ausführungen von Anwohner Andreas Schüler, der für „Bürger in Acht“ sprach. Er nannte „eine massive Kapazitätserweiterung dieses Störfallbetriebs unzumutbar“. Schüler erinnerte an den Brand eines Methanoltanks nach einem Blitzschlag am 27. Juni 1994, der vielen Anwohnern noch gut in Erinnerung ist. Zudem litten Anwohner schon jetzt durch wiederkehrende Belastung mit Lösungsmittel-Geruch. „Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, wirken über Generationen“, mahnte er.
Lammers bestritt, dass die Geruchsbelastung von Solvadis ausgehe. Er machte vielmehr vorbeifahrende Tankschiffe verantwortlich, die ihre Tanks entlüfteten – eine Aussage, der mehrere Anwohnerinnen widersprachen.
Zum Sicherheitsaspekt erklärte der Unternehmensvertreter, der Blitzschlag von 1994 habe gerade gezeigt, dass es nicht zu einer Explosion komme. Der Deckel des Tanks sei herabgefallen, der Inhalt danach unter Aufsicht der Feuerwehr kontrolliert abgebrannt.
Dieser Darstellung widersprach der anwesende Gernsheimer Bürgermeister Peter Burger. „Mit Verlaub, diese Art der Bagatellisierung gefällt mir nicht“, sagte der CDU-Politiker. Der Tankdeckel sei nicht heruntergefallen, sondern 30 Meter weit durch die Luft geflogen. „Der brennende Tank stand rotglühend da. Dass nichts passiert ist, war ein sehr glücklicher Umstand.“
Burger verwies auf ein umweltrechtliches Gutachten, das von der Stadt in Auftrag gegeben wurde und inzwischen vorliege. Demnach gebe es weiterhin Defizite beim Brandschutzkonzept von Solvadis. Das „Restrisiko“ eines schweren Störfalls sei zwar mathematisch gering, vergrößere sich aber mit jedem neuen Tank.
Zum Abschluss der knapp zweieinhalbstündigen Sitzung bedankte sich der Ausschussvorsitzende Horst Gölzenleuchter (SPD) für die Disziplin aller Anwesenden. „In der Haut der Leute beim RP“, fügte er hinzu, „möchte ich nicht stecken.“