Von einer Schicksalswahl sprechen die Spitzenkandidaten der hessischen CDU in Allmendfeld. Erstmals könnten antieuropäische Parteien im EU-Parlament die Mehrheit bekommen.
Von Marion Menrath
Redakteurin Groß-Gerau
Die Kandidaten Michael Gahler (links) und Sven Simon diskutieren mit Moderatorin Julia Hartmann.
(Foto: Vollformat/Robert Heiler)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
ALLMENDFELD - Von einer „Schicksalswahl“ war am Donnerstag in Allmendfeld bei der zentralen Wahlkampfveranstaltung der Kreis-CDU zur Europawahl am 26. Mai mehrfach die Rede. Seit 1979 wird das Europaparlament direkt gewählt. Nun könnten erstmals antieuropäische Parteien eine Blockademehrheit erreichen, warnte der CDU-Spitzenkandidat, Professor Sven Simon: „Dann könnten wir für die nächsten fünf Jahre keine einzige Entscheidung treffen.“
„Es ist eine große Verunsicherung festzustellen. Viele suchen einfache Antworten“, betonte auch der Europaabgeordnete und zweite CDU-Spitzenkandidat Michael Gahler. Nationalistische und populistische Parteien gäben vor, diese Antworten zu haben. Beide distanzierten sich von solchen Parteien „mit menschenverachtender Sprache.“
Bei frischen Erdbeeren und Würstchen für die Gäste standen die Spitzenkandidaten im Bürgerhaus Moderatorin Julia Hartmann Rede und Antwort. Mit Allmendfeld habe man den schwärzesten Ort im Kreis Groß-Gerau ausgesucht, sagte der CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stefan Sauer scherzhaft: „Mehr können wir nicht bieten.“ Sauer warnte vor einer zu niedrigen Wahlbeteiligung. Was dann herauskomme, sehe man beim Brexit in Großbritannien.
Ursprünglich sollte Ministerpräsident Volker Bouffier in Allmendfeld sprechen. Doch der hatte sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen. Erst am Montag war Bouffier nach einer Krebstherapie und Reha in die Staatskanzlei zurückgekehrt. „Wir sind alle froh, dass der Landesvater voller Tatendrang im Büro erschienen ist“, betonte Staatssekretär Patrick Burghardt aus dem hessischen Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung, der ihn vertrat. Nun könne Bouffier nicht die Arbeit von 0 auf 100 in drei Tagen steigern. Burghardt warb für die Spitzenkandidaten, den erfahrenen Gahler, der seit 20 Jahren Mitglied des EU-Parlaments und sicherheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion ist und den Newcomer Simon, der als Lehrstuhlinhaber in Marburg ein anerkannter Europarechtler sei.
Burghardt warnte davor, die Errungenschaften in Europa als selbstverständlich anzusehen. Er selbst, Jahrgang 1980, habe weder die Mauer in Berlin, noch Schlagbäume an den Grenzen selbst kennengelernt. „Dass wir gemeinsam im Parlament sitzen, wenige Jahre, nachdem wir uns mit Waffen an den Grenzen gegenüberstanden, ist nicht selbstverständlich“, betonte Burghardt.
Für ein Europa der Stärke, der Werte und „ein Europa, das schützt“, plädierte Simon. Das größte Friedensprojekt der Nachkriegszeit sei bedroht. Europa brauche einen funktionierenden Binnenmarkt und eine stabile Währung. Die CDU sei als einzige Partei gegen „ein zügelloses Schuldenmachen, eine Vergemeinschaftung der Schulden und gegen ein sozialromantisches Projekt, bei dem Deutschland am Ende der Zahlmeister ist.“ Nötig seien ein Innovationsbudget, um wieder Anschluss zu bekommen bei Zukunftsthemen, weitere Freihandelsabkommen, eine gerechte Besteuerung von Großunternehmen und ein wirksamer Klimaschutz statt nationaler Nabelschau.
Gahler verdeutlichte die Rolle Europas für den Wohlstand in Hessen. Das Luftfahrtabkommen habe die Grundlage für die Rolle des Flughafens Frankfurt gelegt. Europa müsse aber mehr für seine Verteidigung tun, beispielsweise mit Projekten wie der Eurodrohne. „Es kommt auf jede einzelne Stimme an“, appellierte die Landtagsabgeordnete Ines Claus an die Wähler.