Kinder aus Gomel erholen sich in Büttelborn

Die Gomel-Kinder werden von ihren Gasteltern am Volkshaus in Empfang genommen. Foto: Vollformat/Alexander Heimann  Foto: Vollformat/Alexander Heimann

Umarmungen, glückliches Lachen, großes Hallo: Die Gasteltern der Kinderhilfe Gomel begrüßten am Freitag im Volkshaus 25 Kinder aus der weißrussischen Stadt, die nur 120...

Anzeige

BÜTTELBORN. Umarmungen, glückliches Lachen, großes Hallo: Die Gasteltern der Kinderhilfe Gomel begrüßten am Freitag im Volkshaus 25 Kinder aus der weißrussischen Stadt, die nur 120 Kilometer von Tschernobyl entfernt ist.

„Wir freuen uns sehr, haben mit Valeria und Angelina zwei Mädchen zu Gast“, sagten Kathrin und Gerd Daeumichen aus Weiterstadt. „Wir gehören nicht zum Verein der Kinderhilfe, sind ihm aber verbunden. Bereits zum zweiten Mal haben wir Gastkinder“, sagte das Paar. Andere Gastfamilien sind in Büttelborn, Riedstadt, Stockstadt und Darmstadt zuhause. Seit mehr als 20 Jahren bietet die Kinderhilfe Gomel den Kindern der „Schule 38“ aus Gomel einen Aufenthalt an, fünf Gastfamilien sind zur Freude des Vereins diesmal neu dazugekommen.

Der Reaktorunfall vom 26. April 1986 ist im Verein der Kinderhilfe Gomel unvergessen, die Vereinsaktiven sowie Freunde und Bekannte ermöglichen Buben und Mädchen im Alter von neun bis elf Jahren jedes Jahr einige Wochen Erholung, ermöglichen ihnen ein Fortkommen aus der strahlenbelasteten, weißrussischen Stadt.

Anzeige

14 Tage Aufenthalt mit viel Programm

70 Prozent der radioaktiven Niederschläge gingen nach dem Super-Gau von 1986 über Weißrussland nieder, die meiste Strahlung zog mit Regenwolken ins Gebiet von Gomel. „Meine Frau war 1986 schwanger, als es zur Reaktorkatastrophe kam. Unser Sohn wurde gottlob gesund geboren“, berichtete Bürgermeister Andreas Rotzinger (CDU). Und: „Es war klar, dass wir uns bei der Kinderhilfe Gomel, die damals noch kein Verein war, engagieren würden. Oft nehmen auch wir Gastkinder auf“, so Andreas Rotzinger.

Margarete Krasusky, gebürtige Russin und Vereinsvorsitzende, begrüßte die Gastkinder, lud sie ein, am Kuchenbüfett zuzugreifen, bevor dann jeweils ein bis zwei Kinder mit den Gasteltern in sein Ferienzuhause aufbrechen sollten.

Bis 24. Juni ist ein Programm geplant – morgendliches Spiel der Kinder im Jugendzentrum sowie viele Ausflüge in die Region gehören dazu, eingebettet in die Obhut der Gastfamilien. Die ersten Tage des Aufenthalts hatten die Kinder, begleitet von drei Lehrerin, im Gernsheimer Jugendhaus Maria Einsiedel verbracht, waren nach strapaziöser, 27-stündiger Busreise zur Ruhe gekommen. „Einen Flug konnten wir finanziell nicht stemmen, also kamen die Kinder mit dem Bus“, erzählte Hanne Lüdeling, die die Gomel-Hilfe 1986 als Lehrerin der Pestalozzischule neben anderen Kolleginnen federführend aufbaute.

„Anfangs verpackten wir Lebensmittel und Jodtabletten, die mit Transportern nach Gomel gebracht wurden. Es war dort ja alles kontaminiert. Es war entsetzlich. Man musste einfach etwas tun“, blickt Lüdeling zurück. Mehrfach ist sie in Gomel zu Besuch gewesen, spricht von dem ungreifbaren Schatten der Radioaktivität, der noch immer über der Stadt liegt. „Die Menschen dort verdrängen das. Jeder weiß, dass Krebs eklatant zugenommen hat, dass das Immunsystem der Kinder leidet, dass es unter Neugeborenen viele Behinderte und Missgestaltete gibt“, sagt sie.

Anzeige

Rund 50 Kinder aus Gomel habe sie selbst seitdem zu Gast gehabt, sagt Hanne Lüdeling. Längst ist sie pensioniert, freut sich auch jetzt über ihre Gastkinder Lisa und Nastia, wie auch ihre ehemalige Lehrerkollegin Christa Hartmann sich über die Buben Yegor und Vova freut. Mit großen Augen schauen sich die beiden scheu um. „Man bekommt viel von den Kindern zurück, sie sind so lieb“, sagt Lüdeling. Und: „Der Abschied nach den Ferien ist immer sehr tränenreich.“