Ortsgeschichten: Vom Gewächshaus zum Hochbeet im...

Das denkmalgeschützte Gewächshaus von 1935 beim Turmbau des Ohlystifts ist seit 2016 ein Hochbeet. Foto: Marc Wickel

Das unscheinbare Gemäuer neben dem Turmbau des Gräfenhäuser Ohlystifts stammt aus den 30er Jahren. Es gilt inzwischen als seltener Bautyp und ist denkmalgeschützt.

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GRÄFENHAUSEN. Dass das historische Gewächshaus im Hof des Gräfenhäuser Ohlystifts das Heimatmuseum im benachbarten Turmbau ergänzt, war vor rund fünf Jahren der schnellen Reaktion einiger unbekannt gebliebener Bürger zu verdanken.

Am 20. November 2014 hatte das Stadtparlament einstimmig beschlossen die alten und ungenutzten Gewächshäuser am Turmbau abzubauen. Das ganze geschah im Rahmen der Planungen für die Heinrich-Bengel-Anlage, ein kleiner Park zwischen Gartenstraße und Ohlystift, der 2016 eröffnet wurde.

Aber das Landesamt für Denkmalpflege hatte schon am 24. November 2014 die „Denkmalschutztopografie des Landkreises“ nacherfasst. Dabei war das östliche, ältere Gewächshaus aus den 1930er Jahren als selten gewordener Bautyp aufgefallen. Das Gewächshaus liegt etwas tiefer gegenüber dem umgebenden Gelände, hat Backsteinaußenwände und hatte 2015 auch noch Glasdächer. Der nördliche Teil ist massiver, dort war die Heizung.

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Das Gewächshaus wurde 1934 und 1935 gebaut und zeigt auch die Geschichte des Ohlystifts, das aktuell ein Alten- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt ist. Das ehemalige Gräfenhäuser Schloss, im 13. Jahrhundert als Wasserburg angelegt, war ab 1757 kein Schloss mehr. Zunächst hatten dort hessische Invaliden gelebt, dann war es Lazarett und Manufaktur.

Zwischen 1887 und 1977 gehörte es der Stadt Darmstadt und war unter anderem Fürsorgeanstalt „für verwahrloste, leiblich oder sittlich gefährdete Kinder“. In der NS-Zeit mussten die Heimbewohner unentgeltlich gemeinnützige Arbeiten leisten.

Das Gewächshaus hatte 30 Quadratmeter und wurde in der Zeit der Fürsorgeanstalt gebaut zu der auch eine Gärtnerei gehörte, schildert Karin Klingler vom Heimatverein Gräfenhausen-Schneppenhausen. 1938 sollte das Gewächshaus auf 70 Quadratmeter vergrößert werden. „Es war beabsichtigt dort Jugendliche in die Gärtnerlehre zu nehmen“, berichtet Karin Klingler aus den Unterlagen im Archiv des Heimatvereins. „Lehrverhältnisse wurden nur dann genehmigt, wenn der Betrieb mindestens über 70 Quadratmeter Gewächshausfläche verfügte“, erklärte sie. „Der Ausbau kam dann aber wegen des Zweiten Weltkriegs nicht zustande.“ Vermutlich in den 70er Jahren sei dann ein zweites Gewächshaus aus Glas dazugekommen, das bis vor etwa 20 Jahren noch genutzt wurde, so Karin Klingler. Aber das war nicht schützenswert.

Aktuell ist das historische Gewächshaus nach Absprache zwischen Stadt und Kreisdenkmalpflege ein Hochbeet ohne Dächer. Ursprünglich war geplant, dass Schul- oder Kindergartenkinder das Hochbeet pflegen, das ist aber bislang nicht der Fall.