Giftschlangen in Weiterstadt: Es hätte tödlich enden können

Diese Klapperschlange wurde in einem Karton von seinem bislang unbekannten Besitzer ausgesetzt. Foto: Dirk Zengel

Steffen Hollricher hat vor seiner Haustür ungewöhnliche Besucher entdeckt. Für den Leiter der Auffangstation für Reptilien hätte das Öffnen des Kartons tödlich enden können.

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WEITERSTADT. Ein Karton mit zwei gefährlichen Giftschlangen ist am Freitagmorgen vor der Haustür von Steffen Hollricher (37) aus Weiterstadt abgestellt worden. Für den Familienvater hätte das Öffnen des Pakets tödlich enden können. Ebenso für seine Frau Sina (30) und die kleinen Kinder des Ehepaars. Eine Klapperschlange und eine Mokassinschlange saßen in offenen Boxen in dem mit Paketband verschlossenen Karton. Wer ihn abgestellt hat, ist bislang unklar. Polizei, Regierungspräsidium und Veterinäramt befassen sich mit dem Vorfall.

Hollricher, der seit Jahren eine Auffangstation für Reptilien betreibt, sei das braune Paket, das er gegen 8.15 Uhr entdeckt habe, sofort merkwürdig vorgekommen, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion schildert. „Auf der Kiste war der Aufkleber ‚Lebende Tiere‘ angebracht. Das hat mich sofort stutzig gemacht“, sagt er.

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Beim vorsichtigen Anheben habe er ein Rasseln gehört. „Da haben bei mir die Alarmglocken geläutet.“ Seine Vermutung, dass das Rasseln von einer Klapperschlange kommt, bestätigte sich wenig später. „Ich habe sofort meinen Haken geholt und den Karton vorsichtig geöffnet. Tatsächlich saß eine Klapperschlange drin und noch eine weitere Giftschlange.“

Keine Angst beim Herausnehmen

Angst habe er keine gehabt, als er die Reptilien mit dem Haken herausgenommen und in ein Terrarium gesetzt hat, sagt Hollricher. Dabei handele es sich um Babyschlangen, deren oft panische Bisse besonders giftig seien. Die Klapperschlange ist laut Hollricher etwa 60 Zentimeter, die Mokassinschlange etwa 35 Zentimeter lang.

„Ein Biss, und das wäre es gewesen“, sagt der Weiterstädter. Die am nächsten gelegene Giftnotzentrale mit einem Gegenmittel befinde sich in Mainz. „Da hätte ich keine Chance gehabt“, sagt er. Auch wenn er noch nie so giftige Tiere aufgenommen habe, sei er routiniert und beherzt gewesen. „In einem solchen Moment funktioniert man einfach, ohne den Respekt vor dem Tier zu verlieren.“

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Sven Hollricher von der Reptilien-Auffangstation zeigt auf den Karton, in dem die Schlangen saßen. Foto: Dirk Zengel
Sven Hollricher von der Reptilien-Auffangstation zeigt auf den Karton, in dem die Schlangen saßen. (© Dirk Zengel)

Die beiden Babyschlangen erholen sich nun unter Wärmelampen, weil sie stark unterkühlt gewesen seien. Weder Hollricher noch die Polizei haben nach derzeitigem Stand Hinweise darauf, wem die Schlangen gehören. Sie dürfen vorerst bei der Familie Hollricher bleiben. Gemeinsam mit 107 weiteren Fund- und Abgabetieren wie Würgeschlangen, Leguanen und Landschildkröten.

Fast täglich neue Tiere

Fast täglich kommen neue Tiere hinzu, sagt Hollricher. Ob Trennungen von Pärchen oder überforderte Tierhalter die Gründe sind, warum die Tiere ausgesetzt, beschlagnahmt oder vor seine Tür gestellt werden, wisse er nicht.

Wegen seiner Fachkenntnis sind Hollricher und seine Ehefrau Sina mittlerweile erste Ansprechpartner von Behörden, Polizei und auch des Weiterstädter Gnadenhofs Kellerranch, wenn Reptilien untergebracht werden müssen. Aus ganz Hessen kommen die zum Teil gefährlichen Tiere zu ihm. Hollricher vermutet, dass sein Infostand „Crazy Reptiles“ beim Jubiläumsfest der Kellerranch vor wenigen Tagen den ein oder anderen Tierhalter auf ihn aufmerksam gemacht habe. Er und seine Frau nehmen gerne Reptilien in Obhut. Aber sie bitten eindringlich darum, die Kartons gut zu verschließen und einen Hinweis über den Inhalt zu geben.

Die Haltung von Giftschlangen ist in Hessen verboten, sagt Polizeisprecherin Katrin Pipping mit Hinweis auf das Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung. Ein Verstoß wird mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro geahndet.