Marcus Lietsch ist seit 35 Jahren bei der Feuerwehr aktiv
Der Jugenheimer Feuerwehrmann Marcus Lietsch spricht auch von Einschnitten, die sein Ehrenamt mit sich bringt.
SEEHEIM-JUGENHEIM. Seit 35 Jahren ist der Jugenheimer Marcus Lietsch Feuerwehrmann. Er ist verheiratet, das Paar hat zwei Kinder. Welche Auswirkungen hat der Dienst in der Feuerwehr auf das Familienleben des 46-jährigen Betriebswirts, der als Vertriebsleiter arbeitet? Lietsch muss eine Weile überlegen, bis er sich an einen Einsatz etwa an Heiligabend erinnern kann. "Gab's tatsächlich mal, das war aber kein brennender Weihnachtsbaum, da brannte tagsüber ein Campingbus und wir rückten zum Löschen aus." Auch die Silvesternächte seien "eher ruhig, so über die Jahre gesehen", sagt Lietsch.
Zwischen 70 und 100 Einsätzen hat die Jugenheimer Wehr, in der Lietsch seit rund 15 Jahren aktiv ist, jedes Jahr. Bei rund 20 bis 30 davon sei er jedes Jahr dabei, sagt er. Lietsch ist im Dienstgrad eines Hauptlöschmeisters und im Dienstrang eines Zugführers - trägt also Verantwortung für seine Kameraden. "Wie das jeder bei uns macht. Der Zusammenhalt wird schon sehr groß geschrieben", sagt Lietsch und grenzt das Ehrenamt in der Feuerwehr von anderen Ehrenämtern ab. "Feuerwehr ist anders. Verpflichtender, belastender auch." Einsätze mit Personenschäden belasten die Feuerwehrleute, weiß Lietsch. Dem steht das Bedürfnis gegenüber, anderen Menschen helfen zu wollen - "und das vor allem direkt und schnell. Man sieht, was man hilft, man spürt die Auswirkungen. Es ist ein sehr direktes Helfen."
Gibt es dafür genug Anerkennung für die Feuerwehrleute? Es ist die Frage, die Lietsch am spontansten beantwortet - und sehr klar: "Nein." Er wünscht sich mehr Vergünstigungen für Einsatzkräfte. "Freie Eintritte in öffentliche Einrichtungen im lokalen Umfeld gibt es ja vielfach schon. Besser wären allerdings steuerliche Vergünstigungen."
Denn neben der Gefahr, der sich Feuerwehrleute bei Einsätzen aussetzen, geht es um den großen Zeitaufwand, den die Feuerwehrkräfte leisten. "Es sind ja nicht nur die Einsätze, es gibt Weiterbildungen, Übungen auch." Lietsch hat noch mehr Forderungen an die Politik. "Die Investitionen in die Geräte und das Material müssen erhöht werden. Und auch die Jugendarbeit braucht mehr Unterstützung. Die Jugend, der Nachwuchs - davon lebt die Struktur der Wehr."
Und dann erzählt er doch noch von den Einschnitten ins Private, die der Feuerwehrdienst nun einmal mit sich bringt. Lietsch erinnert sich an ein Grillfest bei sich daheim. Alles liegt bereit. Vorfreude bei der ganzen Familie. "Und dann geht der Alarmmelder an und ich muss los."
Der Weg in die Feuerwehr war für den geborenen Bad Sodener nicht familiär geprägt. "Eltern, Geschwister - da war niemand bei der Wehr. Aber eben die Jugend im Ort." Das war in Steinbach im Taunus, wo Lietsch aufwuchs. Mit elf Jahren kam er dort zur Jugendfeuerwehr und erinnert sich noch genau an seine Beweggründe damals: "Action, Kumpels dabei, Spaß und viel Technik, die man beherrschen lernt."
Ehefrau Stefanie - selbst nicht in der Einsatzabteilung aktiv - nimmt das Engagement ihres Ehemanns sachlich. "Er tut etwas Sinnvolles, er hilft Menschen." Verletzte Menschen, auch Tote bei einem Verkehrsunfall oder einem Brand - Stefanie Lietsch kennt die Belastung, die solche Katastrophen mit sich bringen. "Wir sprechen daheim dann über seine Erlebnisse, das ist wichtig. Belastendes muss ausgesprochen werden. Das ist dann eben auch eine Aufgabe für die Partnerschaft."
Und woran merkt sie sonst noch, dass ihr Ehemann aktiver Feuerwehrmann ist? Stefanie Lietsch lacht: "Überall hat er Schutzhandschuhe, auch in unseren Autos, in Jacken, Taschen - einfach überall." Die Löschdecke daheim, die Rauchmelder und Feuerlöscher erwähnt sie erst gar nicht. Marcus Lietsch: "Das alles sollte sowieso jeder Bürger daheim haben - nicht nur Feuerwehrleute."
Von Jürgen Buxmann