Der defizitäre Betrieb fällt Sanierungsmaßnahmen der Awo-Süd zum Opfer. Was das für die Nahversorgung im Süden Pfungstadts und die Mitarbeiter des Cap-Marktes bedeutet.
PFUNGSTADT. „Wir haben Personal reduziert, die Betriebsabläufe sind nicht weiter zu verbessern“, blickt der Geschäftsführer der Awo-Süd, Ulrich Bauch, auf die letzten Betriebsmonate des Pfungstädter Cap-Marktes zurück. Auch eine Umsatzsteigerung sei nicht möglich. Am 30. Juni 2023 soll der Betrieb des Supermarktes deshalb eingestellt werden, der Mietvertrag ist bereits gekündigt. Wie es mit der Immobilie und dem Nahversorgungsangebot in und um die Mühlstraße im Süden Pfungstadts weitergeht, ist derzeit noch unklar.
Klar ist: Der Cap-Markt fällt einer Reihe von Maßnahmen im Rahmen der Awo-Sanierung zum Opfer. „Die defizitären und nicht sanierungsfähigen Geschäftsbereiche der Awo Hessen-Süd haben Millionenbeträge verschlungen, die an anderer Stelle fehlen und die Awo nachhaltig geschwächt haben“, erklärt Bauch dazu und stellt fest: „Die beschlossenen Maßnahmen sind schmerzhaft, aber seit Jahren überfällig.“
Jedes Jahr zwischen 80.000 und 90.000 Euro Verlust
Seit Juni 2012 befindet sich der Cap-Markt in Trägerschaft der Awo auf einer Fläche von 780 Quadratmeter in der Mühlstraße in Pfungstadt. Und obwohl die Kundenfrequenz gut ist, sei das Umsatzvolumen zu gering, als dass sich die defizitäre Lage in naher Zukunft ändern könnte, erklärt Bauch. Unterm Strich stehen laut den Angaben des Awo-Süd-Geschäftsführers am Ende jeden Jahres zwischen 80.000 und 90.000 Euro Verlust. Auch im Hinblick auf die gesamtgesellschaftlich gesehen schwierige wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtige das Defizit die Zukunftsaussichten des Wohlfahrtsverbands. „Das kann sich kein Träger mehr leisten“, so Bauch. Außer dem Cap-Markt in Pfungstadt wird auch die in Erbach ansässige Awo Integra Catering GmbH geschlossen. Die Awo Dienstleistungs GmbH wird außerdem von Pfungstadt nach Erbach verlegt.
Die Mitarbeitenden beider Betriebe in Erbach und Pfungstadt sollen bei der Jobsuche bestmöglich unterstützt werden. In Pfungstadt sind das noch 13 an der Zahl, viele mit Beeinträchtigung. Die „Fachkraft für berufliche Integration“ der Awo stehe diesen Mitarbeitenden bei der Suche nach einem neuen Job zur Seite, versichert Bauch.
Doch was passiert nach dem 31. Juni 2023 mit der leer stehenden Fläche und der Nahversorgung im Süden Pfungstadts? Eigentümer der Immobilie ist der Investor Albert Berndt. Er hat die Immobilie 2017 gekauft und war bemüht, den Vertrag mit der Awo zu verlängern, war mit dem Mietpreis entgegengekommen. Ohne Erfolg. Ihn stellt der nahende Auszug nun vor Herausforderungen: „Ich muss anfangen einen neuen Mieter zu suchen.“ Ein türkischer Lebensmittelmarkt hätte bereits Interesse bekundet. Für den neuen Mieter hat Berndt bestimmte Vorstellungen: Weder eine Shisha-Bar, noch eine Spielhalle oder eine Kneipe sollen in die Räumlichkeiten ziehen. „Etwas Unproblematisches“, wünscht er sich und zählt Bäcker, Metzger oder ein Café auf.
„Das ist auch ein soziales Zentrum“
„Der Cap-Markt ist ein wichtiger Nahversorgungsbestandteil im Süden Pfungstadts“, weiß Bürgermeister Patrick Koch (SPD). Für ihn sei es vor allem wichtig, dass in diesem Bereich Einkaufsmöglichkeiten bestehen bleiben. Er ist sich aber auch über die Standortnachteile bewusst. „Es gibt keine Parkplätze“, nennt er ein Beispiel, und auch die Größe des Marktes sei schwierig. Aufgrund seiner geringen Größe könne der Cap-Markt beispielsweise kein vollständiges Lebensmittelangebot mit einer Frischetheke bieten. „Wir müssen schauen, dass wir den Standort entwickeln“, deutet Koch den Verantwortungsbereich der Stadt heraus. Eine reine Wohnbebauung, wie sie der Eigentümer bereits forciert hatte, schließt der Bürgermeister aus.
Der geplante Tegut, der seit Jahren im Gespräch ist, lässt noch auf sich warten. „Das ist ein schwieriges Planungsverfahren, bei dem wir vom Regionalplan abweichen und von der Regionalversammlung erst noch die Genehmigung brauchen“, erläutert er und prognostiziert einen Baubeginn für frühestens 2025. Dennoch stehe man auch zwecks einer Übergangslösung mit dem Unternehmen in Kontakt. Ein Teo-Markt ist eine der Überlegungen: Teo-Märkte sind Selbstbedienungs-Mini-Märkte, die rund um die Uhr öffnen können und quasi ohne Mitarbeiter auskommen. Für Koch keine perfekte Lösung: „Der Cap-Markt ist mehr als ein Nahversorger. Das ist auch ein soziales Zentrum.“ Das Selbstbedienungskonzept der Teo-Märkte könne diesen Charakter nicht bieten, fürchtet er. Koch weist gleichzeitig aber auch darauf hin, dass die Nahversorgung in Pfungstadt insgesamt gut sei und das Anruf-Sammeltaxi die Pfungstädter auch zum nächsten, nicht mehr fußläufig erreichbaren, Supermarkt bringe.