Das Pfungstädter Schwimmbad nach acht Jahren Stillstand

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Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Pflanzen sprießen zwischen den Bodenplatten hervor, Entenkot auf dem Beckenboden zeugt davon, dass das Wasser hier noch vor nicht allzu langer Zeit noch stand.  Foto: Guido Schiek

Im Pfungstädter Bad herrscht Endzeitstimmung, der Zahn der Zeit hat an dem Ensemble genagt und Spuren hinterlassen. Ein virtueller Rundgang.

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PFUNGSTADT. Graffiti an den Scheiben, provisorisch eingerichtete Sitzgelegenheiten auf dem Grund des Außenbeckens. Wo früher Kinder planschten, Senioren Wassergymnastik betrieben und Sportler ihr Bahnen zogen, herrscht seit Langem Stille. Efeu rankt sich außen über die großen Lettern des Schriftzugs „Wellen- und Freibad“. Der ehemalige Eingangsbereich gleicht einer Baustelle. Hier und da sind Bohrlöcher im Boden zu sehen. „Dort wurden Proben entnommen, um Schadstoffe festzustellen“, erklärt Schwimmbaddezernent Jochen Kockegei (CDU). Die Vorbereitungen für den Abriss laufen.

Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Pflanzen sprießen zwischen den Bodenplatten hervor, Entenkot auf dem Beckenboden zeugt davon, dass das Wasser hier noch vor nicht allzu langer Zeit noch stand.
Wassergymnastik für Senioren und Kinderspaß. Das war einmal. Ein Teil des Interieurs wird ein Zuhause in Schwimmbädern der Region finden.
Hinter dem Drehkreuz, dem Eingang zum Badespaß, scheint die Zeit still gestanden zu sein.
Für das Wellenbad war das Schwimmbad bekannt. Kostengründe waren dafür das Aus.
Provisorisch eingerichtete Sitzgelegenheiten auf dem Grund des Außenbeckens zeugen von unerlaubtem Besuch. Immer wieder finden Ordnungsbehörden Übersteighilfen an den Zäunen, die das Schwimmbad umgeben.
Der Sprungturm ragt unverwüstlich in die Höhe und thront über dem verfallenden Becken. In den zukünftigen Plänen für den Außenbereich ist eine in ihrer Größe wesentlich reduzierte Wasserfläche vorgesehen. Das Becken soll außerdem nur 40 cm tief werden, damit eine Aussicht im Außenbereich nicht von Nöten ist.
Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Pflanzen sprießen zwischen den Bodenplatten hervor, Entenkot auf dem Beckenboden zeugt davon, dass das Wasser hier noch vor nicht allzu langer Zeit noch stand.
Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Pflanzen sprießen zwischen den Bodenplatten hervor, Entenkot auf dem Beckenboden zeugt davon, dass das Wasser hier noch vor nicht allzu langer Zeit noch stand.
Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Pflanzen sprießen zwischen den Bodenplatten hervor, Entenkot auf dem Beckenboden zeugt davon, dass das Wasser hier noch vor nicht allzu langer Zeit noch stand.

Ein paar Treppenstufen später eröffnet sich der Umkleidebereich. Orangene Spinde und Kabinentüren soweit das Auge reicht. Wären da nicht die eingeschlagene Scheibe zur linken, könnte der Eindruck entstehen, die Zeit sei stillgestanden. Sie ist provisorisch mit einer Pressspanplatte verschlossen. „Jugendliche versuchen sich hier immer wieder Zugang zu verschaffen“, berichtet Kockegei. Die Polizei sei zwar sehr aufmerksam, was das betrifft, dennoch finde er immer wieder Spuren ungebetener Besucher.

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Abriss nach fast über 30 Jahren

1978 ging das Pfungstädter Schwimmbad in Betrieb. Umgerechnet rund zehn Millionen Euro kostete die Anlage. Mit einer 593 Quadratmeter großen Wasserfläche im Hallen- und Wellenbad sowie 2045 Quadratmetern im Freibad gehörte die Anlage zu den größten Hallen- und Freibädern im Umkreis.

Das Alles wird in naher Zukunft dem Erdboden gleichgemacht werden. „Das schmerzt“, fasst Kockegei zusammen, während er sich in der ehemaligen Dusche umblickt. Die Armaturen sind bereits abmontiert, das Wasser abgeklemmt.

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Der Abriss ist für den 18. Juli angesetzt, die Genehmigung lässt allerdings auf sich warten. „Es fehlt noch der Bericht des Prüfingenieurs. Erst, wenn dieser der Bauaufsicht vorliegt, kann die Abbruchgenehmigung erteilt werden. Wir wissen, dass es eilt, und legen los, sobald der Bericht da ist“, teilt die Pressesprecherin des Kreises Annika Schmid mit. Für Kockegei und den Ersten Stadtrat Horst Knell (UBP) frustrierend. Der Antrag wurde schließlich bereits vor einem halben Jahr gestellt.

Auch im Kinderbereich finden sich Spuren von Eindringlingen: „Das ist ein Einschussloch“, sagt Kockegei und deutet auf das Loch inmitten der riesigen mit unzähligen Rissen übersäten Scheibe, an der südöstlichen Seite des Gebäudes.

Kockegei und Knell passieren das große Schwimmbecken. Kockegei steuert den Gastrobereich an, vorbei am ehemaligen Arbeitsplatz des Bademeisters. Graffiti zieren die großen Fensterscheiben. Über den Tischen, von denen aus der Bademeister das Geschehen im Bad beobachtete, hängt die große Schwimmbaduhr. Die Zeiger sind schon lange stehen geblieben. Im Gastrobereich herrscht Chaos, Tische stehen übereinandergestapelt, die pinken Wände zeugen von der Discozeit.

Im Januar 2014 schloss Bürgermeister Patrick Koch (SPD) das Bad, weil die notwendige Sanierung zu teuer erschien. Als das Bad noch geöffnet war, musste die Stadt nach eigenen Angaben im Durchschnitt pro Jahr rund zwei Millionen Euro aufbringen, um das Defizit auszugleichen.

Zurück auf die andere Seite des Gebäudes Richtung Kinderbecken und eine Treppe später, eröffnet sich der Saunabereich. Die Glühbirnen baumeln lose von der Decke. „Hier wurde eine Zwischenabklemmung vorgenommen“, erläutert Kockegei. Auf dem Boden befindet sich ein orangefarbener Klebestreifen. Dort endet das Abrissgebiet. Die Sauna soll erhalten bleiben und saniert werden, sie wurde erst 2011 gebaut.

„Die Gesamtlüftung der Sauna befindet sich im Teilbereich des Schwimmbads, der abgerissen wird“, gibt der Schwimmbaddezernent allerdings zu bedenken. Sie wird also auch Baggern zum Opfer fallen. Für die Instandsetzung der Sauna muss ebenso eine hohe Summe investiert werden. Mittlerweile stehen für den Komplex 3,5 Millionen Euro im Finanzplan des Neubaus. „Die Sauna leistet einen wichtigen Deckungsbeitrag für das Schwimmbad“, erklärt Kockegei dazu.

3,5 Millionen für die Sauna

Neben der Technik muss außerdem der Boden erneuert werden. Im Ruheraum wölben sich die Steinplatten nach oben. „Da wurde eine Dehnungsfuge vergessen“, stellt Kockegei fest. Auch an den Holzpaneelen, mit denen die Saunen von außen verkleidet sind, hat der Zahn der Zeit genagt. „Wir haben bereits versucht, das abzuschmirgeln, vielleicht wird es auch überstrichen“, gibt er die Überlegungen wieder. Was auf jeden Fall neu gemacht werden muss: Der Treppenlift. „Der wurde nie vom Tüv abgenommen“, wundern sich Kockegei und Knell.

Vom Saunabereich aus geht es dann nach draußen ins ehemalige Freibad. Dort drücken sich Pflanzen zwischen den Schwimmbadplatten hervor, die von Entenkot bedeckt sind. Bis vor Kurzem stand dort noch das Wasser. Provisorisch eingerichtete Sitzgelegenheiten auf dem Grund eines der drei Becken zeugen von heimlichem Besuch. Die Spinde des Freibads wurden erst kurz vor der Schließung für 60.000 Euro angeschafft, Kockegei hofft, dafür noch Abnehmer zu finden. „Es gibt bereits Interessenten.“

Im Durchschnitt hat das Schwimmbad die Stadt Pfungstadt immer noch 135.000 Euro pro Jahr Stillstandwartung gekostet, berichten Kockegei und Knell. Zu Buche schlugen hier vor allem die Beheizung im Winter, um einen noch schnelleren Verfall zu verhindern und außerdem die Pflege der Außenanlage. „Wenn wir da nichts gemacht hätten, wäre da jetzt ein Dschungel“, erläutert der Schwimmbaddezernent.

Zum Abschluss des Rundgangs kramt er am Ein- und Ausgang noch ein paar alte Eintrittskarten heraus. „Ich hoffe, Sie hatten Spaß“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Der Kreditrahmen für den Neubau des Bads wurde kürzlich in einer Sitzung des Finanzausschusses erhöht, obwohl SPD, FDP und Grüne darin auch ein Risiko für Pfungstadts Haushalt sehen. Die Planungsarbeiten können damit beginnen.