Bijan Kaffenberger tritt für die SPD im Wahlkreis 50 an

Erste Gratulationen für Bijan Kaffenberger nach klarem Abstimmungs-Ergebnis. Foto: Klaus Holdefehr  Foto: Klaus Holdefehr

„Das wird eine ganz knappe Sache“, mutmaßte Bijan Kaffenberger während der Auszählung der Stimmen zur Wahl des SPD-Kandidaten für den Landtagswahlkreis 50. Die 63...

Anzeige

OBER-RAMSTADT. „Das wird eine ganz knappe Sache“, mutmaßte Bijan Kaffenberger während der Auszählung der Stimmen zur Wahl des SPD-Kandidaten für den Landtagswahlkreis 50. Die 63 Delegierten konnten sich zwischen dem 28-jährigen Roßdörfer und dem 42-jährigen Alexander Ludwig aus Weiterstadt entscheiden. Mit 42 zu 20 Stimmen für Kaffenberger haben sie dann aber doch eine klare Entscheidung getroffen.

Dritter Bewerber zieht zurück

Eine ganze Weile gab es noch einen dritten Bewerber: den 25-jährigen Sebastian Kramer aus Darmstadt-Bessungen. Er hatte seine Kandidatur kurz vor der Konferenz zurückgezogen, „weil mir durch die Gespräche in den Ortsvereinen des Wahlkreises deutlich geworden ist, dass ich keine Chance habe“, wie er dem ECHO sagte. „Aber auch als Ersatzkandidat kann ich meine Positionen vertreten.“ Diese Möglichkeit räumten ihm die Delegierten mit 46 zu neun Stimmen bei sechs Enthaltungen ein.

Anzeige

Die beiden verbliebenen Bewerber nutzten die Versammlung unter Leitung der Kreisvorsitzenden Heike Hofmann für ausführliche Vorstellungsreden, und beide gingen dabei auch auf aktuelle Entwicklungen in der Gesamtpartei ein. In den 150 Tagen des internen Vorwahlkampfs um die Kandidatur fürs Direktmandat habe auch immer wieder der Niedergang der SPD eine Rolle gespielt, sagte Ludwig, dem das Los Platz zwei in der Reihenfolge der Redner zugewiesen hatte. Und Kaffenberger sprach von „schlaflosen Nächten“, die er zwar auch im Hinblick „auf die bislang wichtigste Rede meines Lebens“ gehabt habe, aber vor allem „wegen der Partei“. Was sich da abspiele, sei eine Steilvorlage „für Wut auf die da oben. Auch ich bin sauer, wütend und enttäuscht.“

Die Frage, ob da eine Kandidatur noch Sinn mache, beantwortete Kaffenberger dennoch mit einem „jetzt erst recht“. Es gebe unter den Menschen „immer noch das Gefühl, dass die SPD was verändern kann“, und er selbst lebe einen sozialdemokratischen Traum, als Sohn einer Erzieherin Abgeordneter im hessischen Landtag zu werden.

Der Roßdörfer, der seit knapp zwei Jahren als Referent im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft arbeitet, nannte die Unterfinanzierung der Kommunen, den sozialen Wohnungsbau und den weiteren Ausbau des schnellen Datennetzes als programmatische Stichworte, auch den Öffentlichen Personennahverkehr, „auf den ich täglich angewiesen bin, weil ich wegen meines Tourette nicht Auto fahren kann.“ Damit thematisierte er seine neuropsychiatrische Erkrankung, die deutlich sichtbar in ruckartigen, unkontrollierten Bewegungen ihren Ausdruck findet, und schloss: „Wer, wenn nicht die SPD, kann einen Kandidaten aufstellen, der von der Norm abweicht?“

Ludwig, verheiratet und Vater von drei Kindern, verwies auf seine Juso-Biografie und die Tatsache, dass die SPD im heimischen Weiterstadt drei Kommunalwahlen und eine Bürgermeisterwahl gewonnen habe. Inzwischen sei er Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt, was ihm die Möglichkeit gebe, Werte zu leben. Seine programmatischen Stichworte: Inklusion, Ganztagsschule, bezahlbarer Wohnraum. Seine Diagnose zum Zustand der Gesamtpartei: „Wir sind zu weit weg von den Menschen“, und: „Wir müssen die Partei von unten nach oben erneuern.“

Zu einer Aussprache kam es nicht. Nach Auszählung der Stimmen und Verkündung des Ergebnisses durch Unterbezirks-Geschäftsführer Jensen Fleckenstein gehörte Ludwig zu den ersten, die Kaffenberger gratulierten.