Schrott, Schutt und Schotter

Was ist das, in Lengfeld? Ein Berg Bauschutt? Oder ein Wertstofflager? Das Projekt „WieBauIn“ will das eine in das andere verwandeln. Foto: Klaus Holdefehr

Die Kommunen Münster und Otzberg gehen zusammen mit der TU Darmstadt neue Wege zur Wiederverwertung von Baustoffen. Eine solche Kreislaufwirtschaft könnte unter anderem...

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MÜNSTER. Die Idee hat großen Charme: Was für die einen Abfall, ist für die anderen Wertstoff. Bringt man beide zusammen, kann man Ressourcen, finanzielle Mittel und Deponiefläche sparen. Aber funktioniert das auch mit Bauschutt, über das Zerkleinern von Beton zu Granulat hinaus? Dies zu klären, hat die TU Darmstadt mit einigen Partnern und Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Projekt „WieBauIn“ aufgelegt. Das steht für „Wiederverwertung von Baumaterialien innovativ“. In Münster war jetzt offizieller Start.

Die Grundidee verdeutlichte Matthias Weber als Bürgermeister der am Projekt beteiligten Gemeinde Otzberg sehr anschaulich. Er erinnerte an die Überreste eines zwangsweise wegen Baufälligkeit niedergelegten Gebäudes im Ortsteil Lengfeld und sagte: „Was uns anfangs als ein Berg Baustellenabfall erschien, bedeutet jetzt für uns Wertstoff. Da ist Kupfer drin, das sind wiederverwertbare Steine drin, auch altes Holzgebälk.“

Manches davon könnte auf einem Lagerplatz der Gemeinde landen, wo schon Pflastersteine, Sandstein-Gesimse und Eichenbalken von einer Scheune am Kinderhof zu finden sind. „Wertstoffe bedeuten für uns auch, dass wir nicht nur für die Entsorgung aufkommen müssen, sondern aus dem Verkauf solcher wiederverwertbaren Bauteile sogar was erlösen können. Wir müssen aber noch lernen, den jeweiligen Marktwert zu bestimmen.“

Das ist sicher ein Aspekt, der im Prozess von WieBauIn beleuchtet wird. Erläuterungen zum Ablauf gab Professor Hans-Joachim Linke von der TU, bei dem die regionalen Fäden des Projekts zusammenlaufen. Linke unterstützt mit dem Projekt „AktVis“ die Kommunen Otzberg – insbesondere den Ortsteil Ober-Klingen – und in Münster den alten Ortskern bei Überlegungen zur Innenverdichtung und Aufwertung.

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Projektpartner Uwe Ferber von der Uni Leipzig stellte für das Bundesprogramm Stadt Land Plus eingangs fest, dass in den vergangenen 40 Jahren in der Region so viele Gebäude errichtet worden sind wie in 4000 Jahren vorher nicht. Inzwischen werde schon der Bausand knapp, die Deponieflächen für Baustellen-Abfälle reichten vielleicht gerade noch für fünf bis sechs Jahre. Deshalb suche man in Zusammenarbeit mit anderen Forschern nach neuen Lösungen, in deren Zentrum die Wiederverwertung von Baustoffen steht.

In Otzberg geht es vor allem um die Zwischenlagerung sowie den Kontakt zwischen Bauherren und Kommune als Vermittler. Einen anderen Aspekt arbeitete Ursula Richter von der Dorfentwicklung beim Landkreis Darmstadt-Dieburg heraus. Eine solche Kreislauf-Wirtschaft könne Bauherren bei der Sanierung denkmalgeschützter Gebäude helfen und somit die Sicherung historischen Bestands erleichtern. Sie kündigte dazu auch die Präsentation einer neuen Broschüre des Landkreises zum „Bauen im ländlichen Raum“ am 12. März im Otzberger Ortsteil Habitzheim an.

Aus dem Projekt erwarte man sich eine Stärkung der Nachfrage nach gebrauchten Baustoffen, eine Reduzierung der Restabfallmenge und eine Senkung der Baukosten. Man habe aber auch Bedenken, dass die Kreislaufwirtschaft zu schnellen Abriss historischer Gebäude legitimieren helfe.

Mit von der Partie ist auch die Stadt Darmstadt, die mit ihrem Abfallwirtschaftsbetrieb EAD das Forschungsfeld Stadt-Land-Beziehung eröffnet. Bis Oktober 2021 solle nun experimentiert, probiert und geforscht werden, erläuterte Linke den zeitlichen Rahmen. Für die Zeit danach habe man bereits – im Sinne nachhaltigen Nutzens – eine zweijährige Phase der Verstetigung ins Auge gefasst.