Erinnerung an eine Traisa prägende Familie

Auf dem Privatfriedhof der Familie Bullrich in Traisa wurde eine weitere Denkmalzeichen-Plakette enthüllt. Zuvor wurde das Gelände mit den Grab- und Gedenksteinen von Gestrüpp gesäubert. Foto: Dirk Zengel

Der Arbeitskreis Heimatgeschichte enthüllt ein Denkmalzeichen an den Bullrich-Grabmälern in Traisa. Der dort begrabene Friedrich Wilhelm Bullrich unterstützte mit seinen...

Anzeige

TRAISA. „Ich bin begeistert und glücklich, dabei sein zu dürfen“, sagt Ulrich Wackerhagen sichtlich gerührt, als er vor die Besucher tritt. Der Nachfahre der Familie Bullrich bedankte sich dafür, dass die Grabstätte seiner Urgroßeltern wieder hergerichtet wurde. Der Arbeitskreis Heimatgeschichte Mühltal hat hier am Samstag mit rund 50 Gästen sein 34. Denkmalzeichen enthüllt.

Der wohl jüngste Pate für ein Denkmalzeichen ist Moritz Pellar. Der Mühltaler Student der Immobilienwirtschaft hat wesentlich mitgeholfen, das rund 1000 Quadratmeter große Gelände, das über Jahrzehnte verwuchert war, zum Teil mit schwerem Gerät freizuroden und zugänglich zu machen. Sein Vater Manfred Weber, Miteigentümer des Dippelshofs, hatte das Grundstück des Privatfriedhofs der Familie Bullrich, die sich um Traisa verdient gemacht hat, 2016 erworben.

Oberstleutnant a.D. Friedrich Wilhelm Bullrich hatte den Dippelshof 1898 übernommen. 1912 ließ er einen Erweiterungsflügel an das Herrenhaus anbauen, an dem Architekten und Kunstschaffende der Darmstädter Künstlerkolonie beteiligt waren. Mit einer florierenden Obstzuchtanlage wurde Bullrich zum größten Steuerzahler Traisas. Mit großzügigen Spenden unterstützte er etwa den Neubau des Schulhauses, den Bau des Feuerwehrhauses und den Ausbau der zentralen Wasserversorgung. 1905 wurde Friedrich Wilhelm Bullrich Ehrenbürger Traisas. 1926 starb er und fand seine letzte Ruhestätte auf eigenem Grund in damaliger Sichtachse zu seinem Familiensitz. 1934 wurde hier auch seine Ehefrau Marie Antoinette Bullrich, geborene Janssen, beigesetzt. Links und rechts des Grabmales der Eheleute befinden sich Gedenksteine für den im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn Wilhelm aus erster Ehe und den gemeinsamen Sohn Ernst Bullrich.

„Gut, dass es euch gibt“, dankte Wolfgang Valter, Vorsitzender des Arbeitskreises Heimatgeschichte, Manfred Weber und dessen Sohn Moritz Pellar, bei der Enthüllung des Denkmalzeichens, „ohne euch würden wir heute nicht hier stehen“. Karin Mühlenbock dankte den Initiatoren, die „mit Tatkraft und Geld zu einer Bereicherung für Mühltal“ beigetragen hätten, im Namen des Gemeindevorstands. Renate Valter, die sich seit einem Vierteljahrhundert mit dem Dippelshof beschäftigt und zum 700-jährigen Jubiläum Traisas vor drei Jahren ein Buch über das bau- und kunstgeschichtlich bedeutende Bauwerk herausgegeben hat, gab einen Einblick in die Geschichte des Privatfriedhofs, „in Deutschland eine Seltenheit.“ Neben Monarchen, Adeligen und reichen Industriellen hätten sich auch Gutsbesitzer inmitten ihrer Felder begraben lassen.

Anzeige

Die Heimatforscherin ging auf die ehemals vergoldete Inschrift auf dem Travertinstein-Kubus „Aufrecht, ritterlich, treu, edel, hilfreich, gut“ als persönliche Lebensregeln der Eheleute Bullrich ein und bezeichnete die Grabmale als „erzählende Steine“. Die Familie war wegen ihres protestantischen Glaubens aus Österreich nach Niederschlesien vertrieben worden. Friedrich Wilhelm Bullrich, der als Offizier nach Straßburg ging, heiratete Marie-Antoinette Janssen aus einer deutschen Familie, die in den Niederlanden durch Tabakhandel zu Wohlstand gekommen war. Marie-Antoinettes Leidenschaft für den deutschen Jugendstil sei es zu verdanken gewesen, dass die Familie Bullrich nach Traisa kam, ergänzte Ulrich Wackerhagen, Enkel des weiteren Bullrich-Sohnes Peter, der an den Bodensee gezogen war. Als Kind sei er oft auf dem Dippelshof gewesen und „mit der Kutsche durch den Wald gefahren“, erzählte der Jurist, der in Köln lebt.