Herta Wacker erklärt in Brandau die Reformation auf...

Die Kabarettistin Herta Wacker holt mit dem Scharfsinn der Hausfrau im Brandauer Gemeindehaus Luther vom Sockel der Verehrung. Foto: Karl-Heinz Bärtl  Foto: Karl-Heinz Bärtl

Ach, was hat der Martin Luther doch viel studiert und sich so viel Mühe gegeben, die Bibel zu verstehen. Um dann zu der Erkenntnis zu kommen, dass der größte Schatz für den...

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BRANDAU. Ach, was hat der Martin Luther doch viel studiert und sich so viel Mühe gegeben, die Bibel zu verstehen. Um dann zu der Erkenntnis zu kommen, dass der größte Schatz für den Mann doch eine liebe Hausfrau sei. Das hätte Herta Wacker dem gebildeten Luther in ihrer direkten, Odenwälder Mundart gleich sagen können, dass das so ist. Vor seiner Hochzeit „mit der Kättha“, also Katharina von Bora, habe Luther sicher oft in verschimmeltem Stroh geschlafen und zu selten die Wäsche gewechselt. Da muss schon ein Weibsbild daherkommen und für Ordnung sorgen.

Die Kabarettistin Herta Wacker holt mit dem Scharfsinn der Hausfrau im Brandauer Gemeindehaus Luther vom Sockel der Verehrung. Foto: Karl-Heinz Bärtl  Foto: Karl-Heinz Bärtl

Gleich zu Beginn des vergnüglichen Nachmittags mit dem Titel „Lachen-Luther-Lebens-Kunst“ im Brandauer Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Neunkirchen hat Herta Wacker – hübsch im blauen Kostüm herausgeputzt – die Lacher auf ihrer Seite. Schnell macht sie dem Publikum klar, dass man für so manche Lebensweisheit – gestern wie heute – nicht studiert haben muss, sondern auch als Hausfrau mit gesundem Menschenverstand einiges verstehen könne. Wenn sie sich doch mal unsicher ist, fragt sie unverhohlen Pfarrer Arndt, der zu diesem Kabarett bei Kaffee und Kuchen im Rahmen der Lutherjahr-Veranstaltungsreihe „so bunt wie das Leben…“ eingeladen hatte und „als Parrä“ schließlich Bescheid wissen müsse. Aber da sie mit ihrem Enkel Leon Cedric Lateinvokabeln lerne, könne auch sie so manches Gelehrte nun erklären. Ohne Hemmungen babbelt die beliebte Brensbacher Kabarettistin über Luther und die Reformation, zieht so manche interessante Parallele zur heutigen Gesellschaft („Wäre Margot Käßmann ein Mann, wäre sie jetzt noch ganz oben. Aber Frauen haben eben Anstand.“) und trifft mit scheinbar naiven Äußerungen den Nagel auf den Kopf – sehr zur Erheiterung des Publikums, das immer wieder zustimmenden Applaus spendet.

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Dabei wirft die Kolumnistin des Gersprenztaler Anzeigers sinnfällige Fragen in den Raum: wie kann man eine solch lange Liste von 95 Thesen an eine Tür schlagen? Hat Luther das wohl längs oder quer geschafft? Auch die Ablassbriefe beschäftigen Wacker und sorgen – neben dem Thema der Nächstenliebe und der Flüchtlingsfrage – für einen der nachdenklichen Töne an diesem Nachmittag, wenn sie meint „für mich hätte Jesus zur Sündenvergebung nicht sterben brauchen. Die Menschen hätten ihn noch weiter gut gebrauchen können.“ Dann wird es wieder derb: So manches Gelehrte in der umfangreichen Literatur zum 500-jährigen Reformationsjubiläum habe Wacker ja nicht verstanden, aber ihr sei klar, dass Luther „ein Schisser war, auch wenn er oft unter Verstopfung litt.“ Ständig dieses Gejammer, ob Gott ihn liebe. Doch dann habe es bei Luther „knack“ gemacht: „Gott sagt: ob krummbeinig oder blöd – scheissegal. Ich nehme dich so, wie du bist“.

Anschaulicher als Wacker kann man die Kernaussage des Christentums nicht erklären.