Bombe in Weiterstadt entschärft: Der Tag im Ticker

Die Riedbahn ist menschenleer. Ein ungewohntes Bild. Bald soll entschärft werden.

Die Weltkriegsbombe in Weiterstadt wurde erfolgreich entschärft. Wie der Tag im Detail verlaufen ist, können Sie hier nachlesen.

Anzeige

Weiterstadt/Darmstadt. Die 500-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Weiterstadt, die auf dem Werksgelände der Firma Röhm am Montag gefunden wurde, ist entschärft. Eine kontrollierte Sprengung war nicht nötig. Zwei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes konnten den Zünder schnell unschädlich machen. In einem Radius von etwa einem Kilometer rund um die Fundstelle war Sperrgebiet. 10.000 Menschen, die in Weiterstadt in der Riedbahn arbeiten, konnten nicht an ihre Arbeitsplätze, rund 2000 Menschen, die dort wohnen, mussten ihre Häuser verlassen – ebenso wie in Darmstadt, wo in der Waldkolonie 750 Menschen betroffen waren. Am Dienstag wurde die Entscheidung getroffen, die Bombe heute unschädlich zu machen. Die Menschen können inzwischen wieder in ihre Häuser zurück, auch die Geschäft in der Riedbahn können wieder öffnen.

15.55 Uhr: Inzwischen steht fest: Die Bombe war eine US-amerikanische Sprengbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. „Wie bei einem solchen Einsatz üblich, müssen mehrere Vorgehensweisen zur Entschärfung der Fliegerbombe vorbereitet werden”, bilanziert Matthias Schaider als Sprecher des Regierungspräsidiums, dem der Kampfmittelräumdienst angehört. Zunächst sei der Zünder von den vorhandenen Anhaftungen gereinigt worden, so Schaider. „Anschließend wurde der Versuch der Entschärfung – durch Ausbau des Zünders – gestartet. Die erwartete Stauchung und Verformung des Zünders durch den Aufprall ins Erdreich beim Abwurf war hier im Vergleich zu vorangegangenen Entschärfungen nicht festzustellen. Der Zünder konnte somit aus der Bombe entfernt werden. Wäre dieser Arbeitsschritt anders verlaufen – mit dem Ergebnis, dass der Zünder nicht entfernt hätte werden können – wäre eine kontrollierte Sprengung durchgeführt worden.” Die Entschärfungsversuche und die eventuelle Vorbereitung zur Sprengung hätten dann einen Zeitraum von mehreren Stunden in Anspruch genommen. Das war jedoch nicht nötig. Üblicherweise ist diese Bombe mit einem Heck- und einem Kopfzünder ausgestattet. Bei diesem Blindgänger fehlte ein Teil des Hecks sowie der Heckzünder selbst.

Anzeige

13.19 Uhr: Die Betretungsverbote wurden nach der erfolgreichen Entschärfung mit sofortiger Wirkung durch die Stadt Weiterstadt und die Stadt Darmstadt aufgehoben. Die Menschen können damit in ihre Wohnungen zurückkehren. Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung, teilt Kreissprecher Matti Merker mit.

12.55 Uhr: Die Bombe ist entschärft. Der Zünder wurde mit einer gezielten kleineren Sprengung unschädlich gemacht. Große Erleichterung bei allen Beteiligten. Alles verlief reibungslos. Entschärft haben die Bombe zwei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes des Regierungspräsidiums.

12.06 Uhr: Der Kampfmittelräumdienst hat die Freigabe erhalten, mit der Entschärfung zu beginnen. Das bedeutet, dass die letzte Überprüfung des Evakuierungsgebiets durch die Polizei ergeben hat, dass das Sperrgebiet geräumt ist.

11.45 Uhr: Die Pressekonferenz zu aktuellen Lage ist vorbei. Laut Kreisbrandinspektor Heiko Schecker seien die Beteiligten „positiv gestimmt”, alles verlaufe nach Zeitplan. Die Bevölkerung befolge die Anweisungen und räume das Gebiet zügig. Die Polizei ist laut Sprecherin Kathy Rosenberger mit mehr als 100 Beamten im Einsatz, inklusive Reiterstaffel, Einsatzfahrzeugen und Drohne. Deshalb wird heute auch keín Hubschrauber über dem Gebiet fliegen. Aus Darmstadt sind laut Ordnungsdezernent Paul Wandrey 90 Einsatzkräfte unter anderem vom THW, der Stadtpolizei und Feuerwehr im Einsatz, aus dem Kreis laut Schecker etwa 160 Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Feuerwehr.

Pressekonferenz zur aktuellen Lage in Weiterstadt und Darmstadt. Von links: Kathy Rosenberger (Polizei), Jürgen Dürr (Werksleiter Röhm Riedbahn), Matti Merker (Kreissprecher), Heiko Schecker (Kreisbrandinspektor), Paul Wandrey (Ordungsdezernent Darmstadt) und Ralf Möller (Bürgermeister Weiterstadt).
Pressekonferenz zur aktuellen Lage in Weiterstadt und Darmstadt. Von links: Kathy Rosenberger (Polizei), Jürgen Dürr (Werksleiter Röhm Riedbahn), Matti Merker (Kreissprecher), Heiko Schecker (Kreisbrandinspektor), Paul Wandrey (Ordungsdezernent Darmstadt) und Ralf Möller (Bürgermeister Weiterstadt). (© Thomas Bach)
Anzeige

11 Uhr: Kreisbrandinspektor Heiko Schecker kündigt den Beginn der Entschärfung für 12 Uhr an. Zunächst soll versucht werden, den Zünder unschädlich zu machen. Schlägt das fehl, wird kontrolliert gesprengt, heißt es. Neben der Bombe wurde bereits ein 5 Meter tiefes Loch gegraben. Die Polizei teilt um kurz vor 11 Uhr mit, dass die Räumung abgeschlossen sei. Zur Sicherheit werde eine Polizeidrohne das Gebiet nochmal überfliegen.

Der Bus-Shuttle zur Evakuierung wird ab 11 Uhr eingestellt. Der F-Bus verkehrt regulär, nur die Haltstelle Haasstraße kann nicht angefahren werden. Auf der Michaelisstraße muss viel auswärtiger Schwerlastverkehr umgeleitet werden. Ein slowenischer Autotransporter parkt vor der Einfahrt zur Starkenburgkaserne in Darmstadt. Der Fahrer spricht kein Deutsch, telefoniert mit seiner Spedition. An den Absperrungen hat die Polizei vor allem damit zu tun, Lieferverkehr zu betreuen. Allenthalben beugen sich Beamte und Fahrer über Stadtpläne, um zu schauen, ob das Ziel nicht doch irgendwie erreichbar ist. Das sind die kleinen Mühen der Verkehrslenkung in der Waldkolonie.

Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Riedbahn - Die Straßensperrungen begannen um 8 Uhr. Es läuft reibungslos, im Bürgerzentrum Weiterstadt können sich Bürger aufhalten. Foto: Guido Schiek / VRM Bild
Rund 27 Sperrposten von der Polizei gibt es rund um das Sperrgebiet. Es läuft reibungslos. (© gso)

10.30 Uhr: Entspannte Stimmung in der Waldkolonie in Darmstadt: Auch hier läuft seit 8 Uhr morgens die Evakuierung eines Teilgebiets, in dem rund 750 Menschen leben. Wer nicht anderswo hinkann für die nächsten Stunden, findet in der Turnhalle der Käthe-Kollwitz-Schule Platz. Sie liegt kurz hinter dem Sperrgebiet. Der Unterricht läuft ganz normal. In der Turnhalle ist es noch sehr ruhig. 100 Plätze sind vorgehalten. 15 Menschen sitzen dort und trinken Kaffee. Heute Mittag rechnen die Hilfskräfte mit Kindern aus der Schule, bis zu 75 Personen, es gibt dann Chili con und sin Carne. In Weiterstadt haben sich mittlerweile 12 Menschen im Bürgerzentrum zusammengefunden, die von den Mitarbeitenden der Zulassungsstelle der Stadt und vom DRK betreut werden. Auch DRK-Hund Rocky leistet dort mentalen Beistand. Die Polizei und die Stadtpolizei haben ihren Rundgang mittlerweile beendet. Es wurden kaum noch Leute angetroffen. Bürgermeister Ralf Möller (SPD) lobt die Disziplin der Bürger. Um 11 Uhr soll die Evakuierung abgeschlossen sein.

Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Riedbahn. Die Straßensperrungen begannen um 8 Uhr wie hier in der Mainzer Straße.
Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Riedbahn. Die Straßensperrungen begannen um 8 Uhr wie hier in der Mainzer Straße. (© Guido Schiek)
An der Schulturnhalle Waldkolonie.
An der Schulturnhalle Waldkolonie. (© Stefan Benz)

9.30 Uhr: Die Straßen in der Riedbahn in Weiterstadt sind wie leergefegt, nur vereinzelt sind noch Leute auf der Straße anzutreffen. Polizei und Stadtpolizei sind unterwegs, viele Einsatzfahrzeuge sind in den Straßen zu sehen. Um 9.45 Uhr wird es den zweiten Aufruf zum Verlassen des Gebietes geben. Dann aber nicht mehr mit Lautsprecherdurchsagen, sondern persönlich: Die Beamten werden an jeder Haustür klingeln, um festzustellen, ob noch jemand zuhause ist. Viele Rolläden sind unten, es herrscht Geisterstadtfeeling in der Riedbahn.

Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Riedbahn - Die Straßensperrungen begannen um 8 Uhr. Es läuft reibungslos, im Bürgerzentrum Weiterstadt können sich Bürger aufhalten. Hierein Blick auf das Werksgelände von der Wiesenstraße her und die menschenleeren Straßen. Foto: Guido Schiek / VRM Bild
Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Riedbahn - Die Straßensperrungen begannen um 8 Uhr. Es läuft reibungslos, im Bürgerzentrum Weiterstadt können sich Bürger aufhalten. Hierein Blick auf das Werksgelände von der Wiesenstraße her und die menschenleeren Straßen. Foto: Guido Schiek / VRM Bild (© Guido Schiek)

9 Uhr: Um 10.30 Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt, hier soll es aktuelle Informationen rund um den heutigen Tag geben. Die Polizei bittet darum, den gesperrten Bereich weiträumig zu umfahren, da es zu „erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen” kommen könne.

8 Uhr: Die Evakuierung hat begonnen, die Menschen werden mit Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Die Stadtpolizei in Darmstadt und Weiterstadt ist unterwegs, um sicherzustellen, dass alle ihre Häuser verlassen. Die Einfahrt in das Sperrgebiet ist nicht mehr möglich, lediglich die Bundesstraßen 3 und 42 sowie die Landesstraße 3113 und die Bahnlinien sind noch frei, sie sollen gegen 11 Uhr gesperrt werden.

Hilfsbedürftige, die ihre Wohnung nicht eigenständig verlassen können, sollen sich über das Infotelefon melden. Für Evakuierte steht die Bürgerzentrum Weiterstadt (Carl-Ulrich-Straße 9-13) und Schneppenhausen (Gräfenhäuser Straße 23) sowie in Darmstadt die Sporthalle der Käthe-Kollwitz-Schule (Koblenzer Straße 8) zur Verfügung. Der Unterricht findet allerdings abgesehen vom Sport ganz normal statt, sagt Paul Wandrey. Ab 18 Uhr heute Abend richten Feuerwehr und Katastrophenschutz die Halle her. Das Infotelefon der Stadt Weiterstadt ist unter 06150-4001005 zu erreichen. Das Infotelefon der Darmstadt unter 06151-132060.

Ansonsten bringen Busse Menschen, die kein Auto besitzen, aus der Riedbahn. Sie halten an verschiedenen Haltestellen: Sandstraße, Riedstraße, Wiesenstraße. Sie fahren zu den Bürgerhäusern Weiterstadt und Schneppenhausen. Nach Beendigung der Maßnahme werden die Busse zu den Haltestellen zurückfahren.

Im Bürgerzentrum Weiterstadt sind schon einige Menschen eingetroffen, der erste Bus wird bald erwartet. Derzeit ist alles ruhig.

Ab 11 Uhr werden auch die Züge RE60 und RB67/68 aus Richtung Mannheim in Darmstadt am Hauptbahnhof enden beziehungsweise beginnen. Die S3 verkehrt bis Arheilgen.