
In Folge der Corona-Einschränkungen werden mehr Integrationshelfer für Kinder gebraucht. Das kostet den Landkreis einiges.
Darmstadt-Dieburg. Die Corona-Zeit hat in praktisch allen Bevölkerungsschichten Spuren hinterlassen, auch abseits von Todes- und Long-Covid-Fällen: wirtschaftliche, soziale, psychische. Oft kamen sie in Folge jener eigentlich gut gemeinten Alltags-Einschränkungen zustande, die Politik und Behörden anordneten. Besonders problematisch sahen Kritiker von Anfang an die monatelange Isolation der Kinder, die teils auf Präsenzunterricht, Sport- und Musikverein und sogar analoge Treffen im größeren Freundeskreis verzichten mussten. Dies schlägt sich auch noch in diesem Jahr, in dem Maßnahmen gegen das Virus weitgehend von der Bildfläche verschwunden sind, ganz konkret und teuer im Landkreis Darmstadt-Dieburg nieder.
Leid der Kinder im Landkreis
Ohne Debatte und damit fast unbemerkt beschloss der Kreistag einen Tagesordnungspunkt, der sich vordergründig um Geld drehte, bei genauerem Hinsehen aber auch vom Leid der Kinder im Landkreis zeugt. Die Abgeordneten beschlossen, „überplanmäßige Aufwendungen der Eingliederungshilfe“ im Kreis im Jahr 2022 von einer Million Euro zu genehmigen.
Statt der erwarteten acht Millionen Euro wird der Kreis – genauer der Fachbereich Soziales und Teilhabe – bis Jahresende gemäß Sozialgesetzbuch VIII nämlich neun Millionen Euro für den Einsatz von Integrationshelfern genehmigen. Integrationshelfer unterstützen junge Menschen insbesondere im Schulalltag, begleiten sie bis in den Unterricht.
Hauptgrund für die Mehrkosten, der im Beschlussvorschlag nur kurz geschildert wurde: „Kinder und Jugendliche sind durch die Covid-19-Pandemie in einem hohen Maß psychisch belastet. Die Anzahl der Kinder mit einer seelischen Behinderung, die auch einen Anspruch auf einen Integrationshelfer haben, ist seit Beginn der Corona-Pandemie stark gestiegen.“
Bedarf an Unterstützung ist gestiegen
Auf Nachfrage führt der Fachbereich dies schriftlich näher aus: „Der Bedarf für Unterstützung von Kindern mit einer seelischen Behinderung ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.“ Wobei zunächst einmal trennscharf zu machen ist, dass hiermit keine Menschen mit geistiger Beeinträchtigung (etwa dem Down-Syndrom) gemeint sind, deren Begleitung das Sozialgesetzbuch IX regelt. Die „seelische Behinderung“ hebt vielmehr auf depressive Kinder ab, aber auch auf emotionale Störungen wie Trennungsängste und soziale Ängstlichkeit. „All diese Diagnosen fallen unter diese Kategorie“, erläutert der Fachbereich. Integrationshelfer könnten übrigens auch dann schon eingesetzt werden, wenn es noch nicht zu einer seelischen Behinderung gekommen sei, sie aber erkennbar drohe. Der Landkreis begründet die in diesem Jahr gestiegene Inanspruchnahme der Integrationshelfer mit den „vielfältigen Belastungen von Kindern und Jugendlichen durch die Pandemie“. Der Wegfall von Schule, Vereinsaktivitäten und die fehlende Möglichkeit, sich mit Gleichaltrigen zu treffen, habe „bei vielen Kindern und Jugendlichen zu psychischen Belastungen geführt“. So sei etwa die Zahl der Kinder mit einer Depression gestiegen. Die Inanspruchnahme einer Teilhabeassistenz, die die Kinder und Jugendlichen im Schulalltag unterstützt, könnten ihre Eltern beantragen. Die Kinder hätten auf diese Form staatlicher Hilfe dann Anspruch, „wenn eine Diagnose vorliegt und klar ist, dass ohne Unterstützung die Schule nicht bewältigt werden kann“.
Der Fachbereich Soziales und Teilhabe weist indes ebenfalls darauf hin, dass es „auch schon vor Corona eine Zunahme von psychischen Erkrankungen“ bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen gegeben habe. Dies bestätigten Zahlen der Krankenkassen. Mit Blick auf die Integrationshelfer für die seelisch behinderten Schüler im Kreis ist der millionenschwere Anstieg gegenüber 2021 dennoch signifikant.